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QUICKSILVER

V.A.

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Wie ein guter dunkelgrauer November besteht auch "The Crying Out Of Things" (Thrill Jockey) aus reiner Tristesse und Verzweiflung. Malmen. Stampfen. Mahlen. Infernalische FolterSchreie. Röcheln. Dämonisches Trommeln. Und Texte wie dieser: "I am not here / I am without and cursed / a residue of those dreams that failed" oder "all forms have ceased / the idleness of words / definitions collapse / all aims abandoned" Wirklich ganz und gar wundervoll und jahreszeitengerecht, was der Gitarre spielende Schreihals Chip King und sein electronics/percussion-Kollege Lee Buford uns da als THE BODY vor die Füße werfen! 5
Dazu passt das lang erwartete (auch weil (marketing-)strategisch klug eingefädelte und mit insgesamt drei EPs geschickt vorbereitete) "s/t" (Pelagic)-Debutalbum von I HÄXA. GruftieSounds – allerdings anders als gewohnt höchst einfallsreiche. Jedes der 16 Stücke atmet eine latente Bedrohlichkeit. Der handwerklich hochbegabte Producer Peter Miles hat für die zarte und doch enorm kraftvolle Stimme von Rebecca Need-Menear sehr sorgsam schwere Klangtapeten gewoben. Das ist beileibe keine Stangenware, obschon das in solchen Zusammenhängen ja beinahe unvermeidliche Cello natürlich auch hier auftaucht. Allerdings durchaus zurückhaltend und wohl bedient in "The Well", das sich in seinen über 5 Minuten Spielzeit ohnehin zu einem opulenten, streichergetragenen Schmachtfetzen entwickelt. Sehr gelungen auch "Blue Angel" mit dem feenhaften Sopran zu nervösen drumBeats...Licht aus! 5
Nicht unbedingt "dark", aber auch nicht wirklich Tageslicht-affin ist die grandiose Musik von HACKEDEPICCIOTTO. "The Best of hackedepiciotto (Live in Napoli)" (Mute) ist vielleicht weniger eine "Hits-Kopplung" als die Zwischenbilanz eines tatsächlich schon über 20 Jahre zusammen musizierenden KünstlerPaars. Das allen Schaffensphasen entstammende Material hat sich dabei stellenweise deutlich vom Original entfernt, was nicht primär der Live-Situation (das Ganze wurde an zwei Abenden im Auditorium Novecento aufgenommen – also genau dort, wo auch die letzte Studioplatte entstand) zuzuschreiben ist, sondern der Arbeitsweise von Danielle de Piciotto und Alexander Hacke, dem prozesshaften Aspekt ihres künstlerischen Tuns. Bei "Awake" löst sich Hackes throat-singing in an Danielles Geigenspiel anknüpfenden Vogelgesang auf – ein Paradebeispiel für den HdP-Zauber. Das folgende, von peitschenden Loops charakterisierte "Aichach" ist laut Ansage "one Chrislo Haas" gewidmet. Der MS-20-Gott stammte aus jenem beschaulichen schwäbischen Städtchen, das meiner Meinung nach allerdings nicht wirklich "close to the czech border" liegt (wie Hacke in seiner Ansage formuliert) – aber egal. Mit "Lovestuff" verneigen sich die Zwei vor einer weiteren, ebenfalls leider schon verstorbenen MusikIkone: "a female poet, a very dear friend of ours … Anita Lane" (der auch Nick Cave bei seinem grandiosen Berliner Konzert vor einigen Wochen gedachte). "Symphonic Drone" nennen HdP ihre Musik, die mit Elektronik und Drehleier, mit Geige und Schlagwerk, mit abstrakten E-Gitarren und herrlichem Gesang wohl jeden zu verzaubern mag. 5
GÜNTER SCHICKERT war noch Roadie bei Klaus Schulze, als er 1974 im Eigenverlag seinen in Heimarbeit entstandenen "Samtvogel" (Tapete) auf Reisen schickte. 2 Jahre später erschien das Album bei Brain, was damals in KrautRockKreisen der Ritterschlag schlechthin war. Und doch blieb diese Musik unter dem Radar, ein breiterer Erfolg wurde ihr seinerzeit nicht zuteil. Dabei sind die drei allein mit Gitarren und EchoMaschinen erzeugten Stücke bestens gelungen: nach einem leicht abstrusen "Apricot Brandy" als Aperitif folgt ein nicht minder avanciertes, mit "Kriegsmaschinen, fahrt zur Hölle" sehr schön betiteltes Stück, das aus FrequenzModulationen und RiffSchleifen einiges an Spannung generiert - es wäre wirklich interessant zu erfahren, wie es Schickert seinerzeit gelang, der bescheidenen Technik derart komplexe Resultate abzuringen. Zu wirren, aus dem Titelnamen gerissenen Sprachfetzen schramm(el)t die Gitarre dramatisch in repetitiver Verdichtung der Muster – geschleift, verhallt und verknotet. "Im Wald" ist (es) zwar friedlicher, wenn auch nicht gänzlich ungefährlich. Hier plätschert ein fröhliches HallBächlein, dort singt eine GitarrenFigur in der Baumkrone – eine echte Entdeckung, diese re-issue. 5
Nach viermal 5 Sternen (bzw. für alte WESTZEIT-Leser "Hunden") muss uns ja schon aus statistischen Gründen irgendwann auch mal etwas weniger Phänomenales unterkommen, was mit dem "a t l a s" (New Amsterdam) – Vorsicht, die Leerzeichen sind sicher sehr wichtig! - der New Yorkerin CHARLOTTE JACOBS denn auch passiert. Jene vermag sich dort nämlich nicht so recht zwischen Songähnlichem (z.B. "CYTMH") und Sprachexperiment ("Owl") zu entscheiden. 3
Auch beim "Return of the Hellsingers" (Tapete) konnte ich nicht mehr nachvollziehen, womit die Schweden mit dem seltsamen Bandnamen HELLSONGS zunächst meine Aufmerksamkeit gewonnen hatten. Oder doch, denn der opener "Just Because You Got The Power" (that don't mean you got the right) ist ganz manierlich, irgendwie uptempo-FolkPop mit Handclapping und ganz brauchbarem DamenGesang. Und – klar! das Original stammt von Motörhead! Was letztlich auch der Grund war, warum ich mich mit dieser Platte beschäftigen wollte. Doch schon mit der anschließenden Eigenkomposition(?) "Use What U Got" (die jedenfalls m.E. nix mit dem Staple Singers-Klassiker zu tun hat) kippt das alles in ekelhaften Coldplay-StadionRock um. Auf diesem Niveau verweilen wir dann gezwungenermaßen auch bei den Coverversionen von Green Day ("Basket Case") und Rage Against The Machine ("Killing In The Name"). Doch dann kommt "TNT" und wie Hellsongs das mit KlimperKlavier und Mandoline (oder Banjo?), minimalem DrumSet und SatzGesang in eine feine IndiePopNummer verwandeln, hat schon große Klasse und entschädigt für den Rest. Womit sich letztlich auch der Bandname erschließt, denn das Konzept der Schweden besteht genau darin: Metal-Songs zu AkustikPop ver-folk-en. Machen sie schon seit 2006, ohne dass ich Ignorant bisher was davon bemerkt hätte. 3
"Covern als Konzept" gilt auch für THE ROUTES. Die Japaner sind offenbar gleichmaßen Fans von Joy Division wie von Dick Dale & His Del-Tones, spielen sie auf "Surfin' Pleasures" (Topsy Turvy) doch diverse JD-Klassiker als instrumentalen SurfRock. Für die Covergestaltung konnten sie gleich zwei UK-PostPunkNewWaveIndiePlattenDesignGötter verpflichten, nämlich Assorted Images-Chef Malcolm Garrett und den Factory-HausDesigner Peter Saville. Letzterer hatte ja bekanntlich die ikonische PulsarDiagrammHülle von "Unknown Pleasures" entworfen, an die sich die hier vielleicht als SurfWelle neu zu deutende Grafik anlehnt. Musikalisch ist das Ganze zwar lustig, auf Dauer aber nicht sehr ergiebig. 3
Selbst bei "Clouds In The Sky They Will Always Be There For Me" (Secretly Canadian), dem im Grunde doch ganz gelungenen Album von PORRIDGE RADIO (noch so ein sonderbarer Bandname!), befällt mich irgendwann ein Gefühl von Langeweile. Dabei waren "A Hole In The Ground" und "Sick Of The Blues" doch prima Singles, deren latente Hysterie sich auch in "Anybody" etc. erhalten hat. Aber irgendwie bin ich momentan nicht so recht bereit für dieses Übermaß an selbstermächtigter Abnabelung, "inspiriert von Burnout, der Musikindustrie, Herzschmerz" (Infotext). 4
Und dass auch noch die verrauschteste Monoaufnahme des einzigen Liveauftritts einer völlig unbekannten Musikervereinigung als verlorener Schatz – nein, nicht wieder-, sondern überhaupt erst mal - veröffentlicht wird, hatte ich immer für eine der Verirrungen bei der Aufarbeitung des DDR-Untergrunds gehalten. Aber wie die "Lost Tapes" (Salon Mondial) einer Kapelle namens THE CLEANIN' WOMEN beweisen, befällt dieses Virus auch Schwaben. Die Putzfrauen (von denen die Hälfte dann doch Männer waren) stammten nämlich aus Stuttgart und spielten dort zwischen '84 und '96 trashigen (semi)BeatWaveRock(abilly). In seinen lichtesten Momenten erinnert es vielleicht ein ganz klein wenig an den himmlischen JAZZ BUTCHER, aber nicht nur die KlangQualität ist hier schon recht abenteuerlich...2
Viel cooler sind da CAVA, denn die beiden PunkMädels eröffnen ihren "Powertrip" (Buback) mit einem flotten BierFlaschenPlopp und Zapfgeräuschen, um gleich darauf eine volle Breitseite GaragenPowerPunkRock in die Menge zu knallen. "We don't wanna play your game" schreien sie in "Free Fucking World". Hole on speed. GirlPower mal anders. Besonders deshalb, weil CAVA alles andere als Girls sind, sondern MusikFrauen mit einem klaren Blick auf Sexismus und kapitalistische Machtstrukturen. 4
JAUNE TOUJOURS stehen seit 25 Jahren für weltmusikalisch aufgeladenen ReggaePunk, da macht auch das neue Album "Vertigo" (Choux de Bruxelles) keine Ausnahme. Der gewohnt Akkordeon- und Posaunen-getriebene OffBeat des BrüsselSkas geht auch hier wieder zu gleichen Teilen in Beine und Hirn, wovon schon Stückbezeichnungen wie (let's go)"Und Der Ground", "Changement De Plan" oder "Please Don't Slam The Door" (OK! Cliché!) beredtes Zeugnis ablegen. Die Kameraden dürfen uns übrigens auch gern mal wieder mit Konzertterminen hierzulande beglücken! 4
Die Musik für "Lost In A Crowd" (Kulturmanufaktur) nahm YUSUF SAHILLI in den Berliner Hansa Studios auf, mit Richard Wilkinson saß einer der großen Produzenten am Mischpult und doch ist das Resultat für mich nicht sehr viel mehr als solider, aber auch etwas gesichtsloser AdultPop. 3
Aber stellt euch mal vor, Prince hätte mit den Tindersticks eine Amerikana-Platte aufgenommen - so klingen nämlich die LOWLAND BROTHERS auf "Over the Fence" (Underdog). Freut euch auf bzw. an samtige(n) Ohrwürmer(n), fette(n) FalsettFunkSchätzchen und einige(n) kleine(n) Extravaganzen. 4
Gibt man nun eine ordentliche Prise R'n'B hinzu, gießt die spröden RockReste ab und würzt mit etwas FutureSoul nach, nähert man sich dem Geschmack von "Gen Y Lens" (o-tone), das die beiden Kanadier Malika Tirolien und Caulder Nash als GEMINICRAB veröffentlichen. In der edlen Produktion verstecken sich jede Menge spannende SoundEffekte – man kann diese suchen oder einfach zu diesem GrooveMonster tanzen. 4
Das Stichwort "Kanada" lässt mich an dieser Stelle übrigens an GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR denken, die zwar musikalisch ein völlig anderes Feld beackern, aber was will man machen, wenn die Synapsen sich kurzschließen. Deshalb: "No Title As Of 13 February 2024 28,340 Dead" (Constellation) ist nicht nur ein bizarrer Name für die mit sehr restriktiven Vorgaben promotete Platte, nein, auch der Inhalt ist ein wenig befremdlich. Denn ein bisschen mehr als SelbstZitate hätte ich von den Titanen des avancierten PostRocks schon erwartet. So aber muss ich konstatieren, dass keines der 6 natürlich zumeist ellenlangen Stücke in irgendeiner Weise schlecht ist, dass ich aber auch keines davon so prima finde, wie es vor einem Vierteljahrhundert bei "Lift Yr. Skinny Fists Like Antennas to Heaven!" der Fall war. Repetitive GitarrenSchleifen und bedrohliche SynthDrones zu sonorer SchlagzeugArbeit in einem schleppenden GrundGroove – das ist wirklich gut. Und doch weniger, als ich – warum auch immer – erhofft hatte. 4
Zurück zum Pop, in diesem Fall zu queerem Pop mit Anspruch. LAZY DAY ist der Nom de guerre der Londonerin Tilly Scantlebury, die für "Open the Door" (Brace Yourself) elf in gewissem Sinne auch fluffige, zugleich aber sperrige GitarrenSongs geschrieben hat. Mit ShoeGazeAttitüde und ebenso angespannter Inhaltsbezogenheit wie melodiös relaxter Grundhaltung. Man kann die die Freuden und Nöte eines liebenden Menschen verhandelnden Texte (endlich als "non binary" anerkannt und frisch verheiratet, mit PhD in der Tasche und zugleich zweifelnd, suchend) aufgliedern, man kann sich aber auch in die zwischen superber Schlichtheit und ausgeklügelter Schönheit arrangierten süßen Melodien fallen lassen. Oder beides. 4
Hinter dem WORLD BRAIN steckt Lucas Chantre (den einige vielleicht noch von der Morr-Band Fenster kennen) und seine "Open Source" (Mansions and Millions) hätte auch gut in den Les disques du crépuscule-VÖ-Plan des Jahres 1986 gepasst. Mikado, Kid Montana und Isabelle Antena wären Labelmates, The King Of Luxembourg und (die dann zugegeben etwas frühreife) Laetitia Sadier mindestens gute Freunde und die von Chantres Schwester Noémie hingehauchte Single "Ville Fleurie" ein zumindest kleiner Hit. Mit frankophonem Charme, Cocktail-bunter Instrumentierung, smoothen Melodien und doch einer gewissen Schärfe wird hier Pop im Sinne von Camp und hedonistischer Weltentrücktheit nahe an seine Perfektion gebracht. Inkl. jeder Menge SchmachtFlötenTöne (Martha Rose) und einem lustigen "R2D2 singt ein Liedchen"-Fingerspiel kurz vor'm Schluss: call it "Advanced Easy Listening"! 5
PROPAGANDA müssen sich nicht in die 80er zurück träumen, sie haben sie schließlich musikalisch durchaus mit geprägt - ihr Debut sollte übrigens ursprünglich beim englischen Crépuscule-Ableger Operation Twilight erscheinen, nicht zuletzt, weil sich Ralf Dörper dort mit seiner "Eraserhead"-Platte ganz gut aufgehoben fühlte. Nach fast 20 Jahren Pause hielt es ihn und Michael Mertens nicht mehr auf der Couch und weil Claudia Brücken und Susanne Freytag wahrscheinlich keine Lust hatten, riefen sie die junge Sängerin Thunder Bae an. Die wollte - und macht ihre Sache auf "Propaganda" (Tapete) wirklich gut. Nun hätte man vermuten können, dass die zwischenzeitliche Wiederbelebung der Krupps Dörpers Klangvorstellungen mehr zur elektrischen Härte hin verschoben hat. Aber das war schon 1985 ein Trugschluss, bei Propaganda geht es um perfekten ElektroPop. Dem nähert sich das neue Werk, das keine Spur von AltersStarrsinn oder falscher HyperNostalgie, dafür aber KlavierGastbeiträge von Hauschka enthält, tatsächlich an. Auch wenn es für mich – Querbezüge zu "A Secret Wish" hin oder her – die Neuinterpretation des Hollaender-Klassikers "Wenn ich mir was wünschen dürfte" nicht unbedingt gebraucht hätte, denn zwischen Thunder Bae und Marlene Dietrich liegen denn doch Welten. 4
Neben Crépuscule (und Sub Rosa) war und ist – ich habe es schon oft erwähnt – Crammed Discs ein Fixpunkt meiner MusikErziehung. Und dort erschienen in den 80ern einige Platten von SUSSAN DEYHIM & RICHARD HOROWITZ. Die Geschichte der beiden ist so komplex, dass sie hier nicht annähernd wiedergegeben werden kann: die Namen Brian Eno und Brion Gysin, Maurice Béjart und Steve Lacy kämen darin mehr als einmal vor, Paul Bowles auch und wir würden nach Downtown New York und Brüssel reisen, nach Tanger und Teheran genauso. Leider verstarb Richard Horowitz im April diesen Jahres, aber er hinterließ offenbar ein gut sortiertes Archiv, so dass wir nun nochmal in den Genuß der phantastischen und phantasievollen Musik kommen, die er für und mit der/die iranischstämmige(n) Sängerin Sussan Deyhim hervorbrachte. "The Invisible Road: Original Recordings, 1985 –1990" (RVNG Intl./Freedom to Spend) bringt Ungehörtes, weil bisher Unveröffentlichtes ans Licht, das zwar in der Tradition von "Desert Equations: Azax Attra" steht, aber doch auch neue Facetten, tiefere Zuwendungen bietet. Persische Sufi-Transzendenz und AmbientWolken, exotische Rhythmen aus westlicher Elektronik und eine Stimme wie nicht von dieser Welt: Musik als faszinierende Mischung aus Meditation und Freiheit, aus Unterhaltung und Anspruch. 6
Auch die Kollaboration eines polnischen ElektroProducers mit indischen Traditionalisten zeitigt auf "3" (Glitterbeat) ganz wundervolle aurale Ergebnisse, die tatsächlich dem Anspruch des Infos, hier Jon Hassels "4th World"-Weg weiterzugehen, gerecht werden. SAAGARA verbinden PsychTranceGroove und AmbientStrukturen mit FreeFormFreakPowerGebläse und TablaIrrsinn. Und das sehr gekonnt. 4
Mit einem freundlichen "Bienvenue!" begrüsst uns SECKOU KEITA zu "Homeland (Chapter 1)" (Hudson) und nimmt uns dann für eine gute halbe Stunde mit in das Land, wo Kora und Pop, HipHop und AfroTraditionen, wo das Bunte dieser Welt zusammentrifft. Was nicht heißt, dass hier die dunklen Seiten unsere Zeit ausgeblendet werden – der von Hannah Lowe zu knappen KoraKlängen gesprochene "Deportation Blues" ist da nur ein Beispiel. "Yerebe" hingegen hätte – nicht nur wegen seines feinen Grooves - das Zeug zu einem kleinen (Sommer?)Hit. 4
THE BONGO HOP spielen mal AfroPop, mal Karibisches oder Kolumbianisches und vermeiden dabei jedwede oberflächliche Beliebigkeit. "La Pata Coja" (Underdog) ist eine kunterbunte Mixtur aus vielerlei Einflüssen, die Bandchef Etienne Sevet souverän verknüpft. Weiche BläserSätze, zarte Chöre, verspielte GitarrenLinien und alles andere als monotone Rhythmen – mit jedem der Gäste, die Sevet hier featured, kommt eine neue Facette hinzu. Kleines namedropping? Gut: Lucas Santtana, Nidia Gongora, Moonlight Benjamin, Laurène Pierre-Magnani...Toll! 4
Ein wenig zu asketisch bzw. zu akademisch blicken TOVTE auf die "Bukovina" (Nußbaum). KlezmerJazz und SintiSwing, auch ein etwas nervöser Ausflug "Von der Eifel an die Mosel", in durchaus feinsinnigen, im entscheidenden Moment aber doch zu braven Arrangements. 3
Zack! Experiment! PHILIPPE PETITs "A Reassuring Elsewhere Chapter III" (Oscillations) ist ein neuerliches elektroakustisches GroßKonstrukt, dessen insgesamt 16 Teile irgendwie und sicher keinesfalls zufällig, nur eben nicht nach ihrer Nummerierung aufsteigend sortiert zu einer tracklist destilliert wurden - zwischendurch zwei energische interludes. Blubbern – Pfeifen – Schrammen – Dröhnen – Knarzen – Zwitschern – Summen – Trommeln – Gongen – Quietschen – Zischen – Sirren: die Schaltkreise jubilieren. 4
In den 90ern hatte ich mal – vielleicht auch ein wenig "notgedrungen", weil sich seinerzeit sonst niemand im WESTZEIT-Team so recht des Themas annehmen wollte – reichlich Berührungen mit dem, was man damals wie heute so unter "DarkWaveElektroUnderground" subsummiert. Also mehr oder weniger spannende SchwarzKittelDiscoMusic – nicht wenig davon stammte aus italienischen Kellern. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass es der Beitrag der wundervollen Martina Bertoni war, der mich neugierig auf die Kompilation "Invisible Comma" (Triest Science+Fiction Festival) machte – und ich wurde nicht enttäuscht. Denn Martina legt als letzte von insgesamt 8 Beitragenden mit "Closer (Portal)" ein aufregendes Stück CelloKunst vor, das sich vom reinen Klang in kunstvollen Lärm treiben lässt. Begonnen hatte das Ganze mit der ebenfalls eher ruhigen, durch die enthaltenen SirenenTöne aber latent bedrohlichen "Permacrisis" von Malasomma. Den Künstler kenne ich ebenso wenig wie die übrigen hier vertreten – natürlich mit der Ausnahme von Paul Beauchamp, der hier als Chaos Shrine eine dystopisch verzerrte AmbientStudie beisteuert. Ansonsten regiert zumeist beatorientierter MinimalSynth – und daran habe ich mich (s.o.) schon vor 30 Jahren satt gehört. Trotzdem: nicht schlecht, das. 4
Hinter FRISE LUMIÈRE steckt der Franzose Ludovic Gerst, der auf "Ambo" (Tapenade) mal spröde Akkorde aus seiner BassGitarre reibt und diese zu wirkungsmächtigen Bergen türmt, dann wieder ganz warme Töne anschlägt und doch in aller Reduktion verharrt. Jedem Ton wird nachgespürt (im Wortsinn!), jeder Klang auf versteckte Geheimnisse untersucht. Und das in einer seltsam zerrissenen, abgehackten und doch organischen Form. 4
Das Rezept für "The Well" (TAL) von SO SNER ist ungewöhnlich: ein seltsam klimprig klirrendes Schlagwerk (bzw. dessen elektronisches Äquivalent) und eine getragene BassKlarinette begeben sich gemeinsam auf Grand Tour. Sicher ist auch ein wenig Modulares dabei, wenn Susanna Gartmayer und Stefan Schneider die Tiefen ihrer Instrumente erkunden und dort drones und Geräuschhaftes finden, aber auch zarte Melodien und verspielte KlangFiguren. Aus berufenem Munde wurde mir übrigens zugeraunt, das alles wäre "live noch beeindruckender als auf Platte". Mal sehen – ich bleibe gespannt und vergnüge mich bis dahin auch gern weiter mit "The Well". 5
Zufall oder nicht, als zehnte Veröffentlichung in der "Contemporary Series" von Moving Furniture Records kommt mit ROLAND DAHINDENs "Theatre Of The Mind" eine kontemplative SoundStudie zu psychischer Gesundheit bzw. Störungen derselben wie Parkinson in der gleichen instrumentalen Besetzung wie So Sner. Die Bassklarinette in diesem 70minütigen Werk spielt GARETH DAVIS in höchster Konzentration und Verdichtung. Die elektronischen Beigaben sind spärlich, ein wenig KurzwellenRauschen hier, ein bisschen HintergrundBrummen oder field recording dort – im Zentrum steht die tief schwingende Luftsäule der Klarinette. Das u.a. die Widersprüchlichkeit zwischen körperlichem Verfall und (womöglich sogar in der Eingeschlossenheit gesteigerter) GeistesAktivität thematisierende Tasten der Töne im Raum ist dabei mehr als beeindruckend. 5

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