Vor ziemlich genau 11 Jahren war Emiliana Torrini mit ihrem Album „Tookah“ (von dem damals noch niemand ahnen konnte, dass dieses Emiliana's vorerst letztes Werk mit neuem, eigenen Material sein sollte) zu Gast im Kölner Gloria gewesen. Tatsächlich schien es so, dass sich die Fans die nun zur Tour des neuen Longplayers „Miss Flower“ gekommen waren, allesamt damals auch schon vor Ort gewesen waren, denn der Altersdurchschnitt der Fans war denn doch ziemlich hoch und zumindest einige der Fans räumten auch ein, damals schon dabei gewesen zu sein.
Während bei der Show vor 11 Jahren noch Wallis Bird als Support-Act für Furore gesorgt hatte, so stand dieses Mal der Finnische Synthi-Popper Jaako Eino Kalevi auf der Bühne. Im Sommer hatte der ausgebildete Straßenbahnfahrer auf den Festivals seine sympathisch altmodischen E-Pop-Songs noch zusammen mit einer Bassistin vorgetragen – stand in Köln aber mutterseelenallein zwischen seinen beiden Instrumenten. Auf der einen Seite war das ein elektronisches Drumpad, das Kalevi mit selbstleuchtenden Drumsticks bearbeitete und auf der anderen stand ein analoger Korg-Synthesizer mit dem Kalevi Geräusche erzeugte, aber auch psychedelische Soli spielte. Kalevi schreibt angenehm melodische, warmherzige Popsongs mit gelegentlich seltsamen harmonischen Ideen und einer deutlich spürbaren skandinavischen Spleenigkeit. Das ist angenehm anzuhören und tut niemandem weh – allerdings nahm die Qualität des Materials der eigentlich zu langen Supportshow in gleichem Maße ab in dem sich Kalevi auf der anderen Seite in immer wieder die gleichen performerischen Verhaltensmuster und kompositorischen Wiederholungen hineinsteigerte. Und das wortlos – ohne sich vorzustellen oder sein Material zu kommentieren.Das neue Album „Miss Flower“ von Emiliana Torrini entstand ja bekanntlich, nachdem sie und ihre beste Freundin Zoe in der Hinterlassenschaft von deren kürzlich verstorbenen Mutter – Geraldine Flower - eine Kiste mit Liebesbriefen gefunden hatte, die Emiliana dann als Basis für die neue Songsammlung hergenommen hatte und mit der LP dann schließlich die Geschichte von Miss Flower und ihren Liebhabern nacherzählte. Emiliana machte das Album konsequent zum Thema der ersten Hälfte der Show und präsentierte die Songs mit ihrer Band dann vor einem Backdrop mit charmant zum Thema emulierten Retro-Filmchen. Zu dieser Band gehörte dann auch Emiliana's musikalischer Partner Simon Byrt – der Ehemann von Emiliana's Freundin Zoe - in dessen Gartenstudio die Songs auch entstanden waren. Emiliana gab sich im Folgenden alle Mühe, die komplexen Zusammenhänge zwischen den Songs, den zugrunde liegenden vertonten Briefen und natürlich den Liebhabern und Charakteren, die eben diese Briefe an „Miss Flower“ bevölkern, zu erläutern. Dennoch musste man sich schon verdammt gut mit dem Konzept des Albums auskennen, um alle erwähnten Details richtig zuordnen zu können. Allgemein verständlicher waren da schon die amüsanten Anekdoten, die Emiliana zur Produktion des Albums bereit hielt – etwa die über die insgesamt enttäuschende Qualität des Klanges von Nordlichtern, die ein Wissenschaftler in hörbare Impulse umgesetzt hatte, auf die Emiliana und Simon auf der Suche nach originellen Sounds gestoßen waren – weswegen der Song „Love Poem“ deswegen ohne diese auskommen musste.
Nachdem die LP „Miss Flower“ dann – inklusive der Backstory – vollständig abgehandelt worden war, überraschte Emiliana dann beim anschließenden Rückgriff auf ihren Backkatalog mit älteren (aber enthusiastisch gefeierten) Tracks wie „Nothing Brings Me Down“ oder „Sunny Road“ von ihrem Folk-Album „Fisherman's Woman“ bevor es dann mit Songs wie „Big Jumps“, „Tookah“ und am Ende auch „Jungle Drums“ und „Me And Armini“ auf gewohnteres Terrain ging. Kleine Anekdote noch: Am Song „Big Jumps“, den sie heute als Kinderlied für ihre Kids verwende, machte Emiliana deutlich, wie sich zuweilen die Bedeutung von Songs im Laufe der Zeit verändern könne – lange nachdem sie geschrieben wurden.
Musikalisch war die Show weniger auf imposante musikalische Highlights oder – wie früher – ausufernde Jam-Passagen ausgelegt, sondern auf die Umsetzung der sehr unterschiedlichen musikalischen Anforderungen des eher eklektisch ausgerichteten „Miss Flower“-Albums durch den unauffälligen Instrumentenwechsel der kompetenten Bandmusiker. Nachdem Emiliana Torrini mit ihren Experimenten mit dem Colorist-Orchestra die Geduld von Fans ihres „alten“ Sounds auf die Probe gestellt hatte, lief sie mit dieser Tour wieder zu jener performerischen Höchstform auf, mit der sie vor circa 20 Jahren auch bei uns viele Freunde gefunden hatte.
Weitere Infos: https://emilianatorrini.com/