Es war nicht leicht, einen geeigneten Termin für das Interwiev mit "Parole Trixi" - Sängerin und Gitarristin Sandra Grether zu finden. Erst sabotiert mich WSFA-Boss Alfred mit einer falschen Telefonnummer und dann haben sowohl Musikerin (nicht zu spät zur Probe kommen!) als auch Schreiber (morgen ist Kindergeburtstag, meine Nerven!) eigentlich gar keine Zeit für Gespräche über Rockmusik und Frauen und den Rest.
WZ: Parole Trixi ist ein schicker Name, was bedeutet er aber?SG: Da spielen mehrere Ebenen rein: Trixi ist für mich ein freches, aufgewecktes Mädchen und dann Parole, dieses geheime Losungswort, das wir dann aber gleich mit verraten.
WZ: Die Lassie Singers hatten mir bei ihrer Abschiedstour erzählt, dass da eine tolle neue Band entsteht...Wie und warum wurde PT gegründet?
SG: Irgendwann habe ich beschlossen: Ich muss eine Band gründen und dies auch sehr schnell umgesetzt. Es gibt hierzulande viel zu wenig Bands von Frauen, die auch diskursiv sind.
WZ: Bevor du selbst Musik gemacht hast, hast du lange über Musik geschrieben. Dieser Weg ist ja eher ungewöhnlich - die meisten spielen erst in einer Band und fangen dann an zu schreiben.
SG: Es war ein privater und persönlicher Prozess. Es gab diverse Katastrophen, die es mir unmöglich gemacht haben, weiter über Musik zu schreiben. Ich habe gemerkt, dass es mehr meiner Person entspricht, Musik zu machen, expressiver zu sein. Wenn ich jetzt Interviews gebe, dann ist das aber schon komisch, denn ich identifiziere mich auch noch irgendwie mit den Schreibern.
WZ: Eure Musik ist voller Druck und Kraft, deine Art zu singen ist sehr eigenwillig und einiges entfernt von "schön".
SG: Jaja, die Definition von "schön", aber es soll die Leute schon emotional ansprechen. Ich singe so, wie es mir gefallen würde. Engelsgleicher Gesang, sowas liegt mir nicht.
WZ: Da geht's dann ja auch zumeist um Gebrauchsmusik. Und ihr wollt ja was ausdrücken, vielleicht sogar etwas bewegen?
SG: Das wär schön. Ich bin da auch Optimist: Ich glaube, dass der Einzelne sogar sehr viel bewegen kann. Es ist wichtig, etwas zu machen, das gegen diese allgemeine und allgegenwärtige Einheitskultur von Frauen ist. Das nehmen dann auch Männer ganz gut auf.
WZ: Du bist nach einem Konzert wahrscheinlich ziemlich fertig. Denn es scheint, dass du viel Kraft zum singen brauchst. Körperlich und emotional.
SG: Gerade dieser "Igelsong", das ist der Wahnsinn. Es ist immer wieder ein Drama, weil es mich dann jedesmal wieder in diese Stimmung versetzt, in der dieses Lied entstanden ist. Aber du bist eben voller Adrenalin. Es ist sehr anstrengend, aber die Musik gibt mir auch Kraft zurück.
WZ: Und was rätst du den Mädchen, die nach dem Konzert kommen und sagen: Toll, würde ich auch gern machen... Sagst du "Mach doch!"?
SG: Genau. Mädchen haben eine kreative und künstlerische Kraft. Viele verlieren das während der Pubertät, das ist traurig. Sie müssen zu diesem Begehren, ihre Kreativität auszudrücken stehen. Das muss dann gar nicht immer "Gründe doch auch 'ne Band!" heissen, nur weil das für mich richtig war. Aber Musik ist eben immer noch so 'n Jungsding, leider. Man muss den Mädchen sagen "Dann mach doch Fehler!". Das hat viel mit Selbstermächtigung zu tun. Es ist auch interessant, dass Frauen meistens älter sind, wenn sie eine Band gründen.
WZ: Die PT-Texte sind zunächst sehr persönlich, auf einer anderen Ebene aber auch ganz direkt und politisch. Ich finde es dabei sehr angenehm, dass ihr eure Botschaft nicht wie ein Transparent vor euch her tragt.
SG: Was Lebensstil und -inhalt betrifft sind wir recht radikal, auch wenn wir keine "Kampflesben" sind. Feminismus heisst ja nicht, Männer auszuschliessen, sondern für Kommunikation zwischen den Geschlechtern zu sorgen. Ich mag ja Männer... Es geht auch um Humor. Anders könnte man sich diese ganzen traurigen Wahrheiten gar nicht zumuten.