Als der Exil-Düsseldorfer Stefan Betke in den 90ern in Berlin anfing, sich vom Hip Hop kommend in Richtung abstrakte Elektronik zu orientieren, verhalfen ihm ein kleines Gerät und der Zufall zu einer neuen musikalischen Vision. Er zählte einen Filter namens Pole zu seinem Gerätepark, doch der war leider kaputt. Betke benutzte ihn trotzdem und dessen Funktionsstörung sorgte dann in seinen Tracks für zufällige Knackser und unvorhersehbares Rauschen. Dieses Zufallsprinzip wurde dann zu seinem ureigensten Sound und der Meister verewigte diese denkwürdige Geschichte in seinem Namen: von Pole zu Pole.
Dieses Gerät liegt nun allerdings schon seit ca. drei Jahren in der Ecke und staubt unaufhörlich zu. Denn die altbekannte Formel ‚never change a winning team’ gilt nicht für Pole. Er ist immer auf dem Weg, sucht die Veränderung und Herausforderung. So musste sich Betke auch vom Ausgangspunkt – dem kaputten Pole – lösen und machte das Mittel zum Zweck. Pole ist kein Element mehr, Pole ist das Konzept.Das Konzept hinter Pole ist nun in eine weitere Stufe getreten. Denn diesen Monat erscheint mit seinem selbstbetitelten Album sein vierter Longplayer. Doch obwohl Stefan Betke mit seinem Label Scape eigentlich alle Möglichkeiten hätte, seine Platte auch selbst zu veröffentlichen, erscheint diese bei Mute und somit bei EMI.
„Natürlich habe ich auch darüber nachgedacht, die Platte selber bei Scape rauszubringen. Trotzdem habe ich mich dagegen entschieden, denn Musik machen und Musik verkaufen sind zwei völlig verschiedene Dinge. Ich kann mich als Chef und A&R bei Scape wunderbar um das Werk unserer Künstler kümmern, für meine eigenen Sachen möchte ich das aber nicht. Wenn man sich auch noch um die Produktion, den Vertrieb, das Design usw. kümmern muss, hat man gar keinen Abstand mehr zu seiner eigenen Arbeit. Bei Mute fühle ich mich deshalb sehr gut aufgehoben, denn dieses Label begleitet mich auch als Musikfan schon sehr lange. Als Daniel Miller (Gründer von Mute) seine Firma dann an EMI verkaufte, habe ich mich schon gefragt, ob auch für mich alles so bleiben kann. Ich weiß aber, dass Mute in dem EMI-Konstrukt völlig eigenständig ist, nur die Kohle kommt von denen. Ich muss zum Glück nie eine EMI-Nummer wählen.“
„Pole“ ist aber auch auf anderen Ebenen eine Überraschung. Die endlos verschleiften langsam sich ins Nichts entwickelnden Dub-Skizzen, für die eigens die Schublade ‚urban dub’ gezimmert wurde, sucht man vergebens. Die Sprache, die Pole heute spricht, ist klar, auf den Punkt konzentriert und hat sogar eine Stimme.
„Wenn man sich verändern will, muss man als erstens die Form ändern. Also habe ich versucht, alles wegzulassen, was meine Musik entbehren kann. Das, was übrig blieb, war letztendlich Hip Hop. Mich am Hip Hop zu orientieren war aus meiner eigenen Geschichte auch logisch. Der nächste Schritt war dann, sich auch an Vocals zu wagen. Fat Jon von den Five Deez aus Ohio ist vor kurzem nach Berlin gezogen und so fanden wir recht einfach zueinander.“
Pole ist mit seinem neuen Album auf jeden Fall sehr nah bei sich. Die Cover seiner beiden vorhergehenden Maxis und des Albums verdeutlichen dies sehr schön: langsam schält sich eine Person aus dem undurchdringlichen Licht. Tasten werden erkennbar und eine Hand, die auf ihnen spielt. Willkommen Pole.
Aktuelles Album: Pole (Mute/EMI)
Weitere Infos: www.mute.de