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LUKE TEMPLE

"Dieses Experiment gönn´ich mir."

LUKE TEMPLE

Nur nicht ausruhen, dachte sich Luke Temple zwischen den Alben seiner Formation Here We Go Magic bislang immer und springt 2013 erneut in weitereichende Soloaktivtäten. ´Good Mood Fool´ nennt sich der neueste Alleingang, ist bereits sein viertes Album abseits der Band und fühlt sich für ihn wie ein Debüt an: „Das Medieninteresse war nie zuvor so hoch und ich habe während der Aufnahmen gedacht – unterm Radar hindurch das Ganze zu veröffentlichen, geht dieses Mal nicht“, lächelt er verlegen und hat gar keinen Grund dazu: Selten zuvor gelang ihm ein Ausflug vom Tagesgeschäft mit derart viel Fortüne.

Gäbe es da nur das eigene Qualitätsdenken nicht, dass Luke Temple seit jeher begleitet und mit dem er zurechtkommen muss: Wie eine lockere Fingerübung mag das Ergebnis vielleicht klingen – hinten rum regiert jedoch der Zweifel.

Er wirkt ein wenig müde, die Augenlieder hängen nach unten. „Gestern kam ich erst spät an und dann hat mich der Jet Lag voll erwischt – der bestellte Kaffee kommt hoffentlich gleich, sonst geht hier nichts.“

Luke Temple mag Berlin ohne Frage, Deutschland im Allgemeinen, aber die Distanz zur Homebase New York mindere das eben nicht.

Dabei gelang ihm hierzulande vor einem Jahr der flächendeckende Durchbruch mit seinen Kollegen von Here We Go Magic: ´A Different Ship´ wurde durch die Bank weg wohlwollend empfangen und bescherte der Band nicht nur mediale Aufmerksamkeit, sondern auch eine Tour, die die kleinsten Clubs abseits des Weges gegen größere Hallen eintauschte.

Alles vergessen, meint Temple kopfschüttelnd, darum ginge es nicht. Obwohl er zugibt, dass seine Gedanken um diesen Erfolg kreisten, als er sich an die Arbeiten zum vierten Soloalbum ´Good Mood Fool´ machte: „Was kann ich den Leuten zumuten – mögen die mich oder nur meine Band Here We Go Magic? Diese Fragen ließen einen nicht locker.“

Gibt er im Gegensatz zu anderen Künstler zu, die immer fleißig betonen, wie einfach und unverkrampft ihre Aktivtäten neben dem Hauptgeschäft ablaufen. Überraschenderweise klingt ´Good Mood Fool´ trotzdem so gelassen, als habe Temple keine Minute gezweifelt und einfach aufgenommen, was ihm einfiel.

„Das war bei meinen Alben bislang immer so: Ich ging mit ein paar Tracks ins Studio, experimentierte herum und spielte ein, was mir gefiel – wie gesagt: Das letztjährige ‚A Different Ship‘ nahm mir diese Gelassenheit ein stückweit und sieh‘ selbst, zum ersten Mal reise ich um die Welt, um ein Soloalbum zu promoten. Undenkbar vor ein paar Jahren.“

Undenkbar war einst generell die Vorstellung, dass Luke Temple es doch noch schaffen würde als hauptberuflicher Musiker – sogar für ihn selbst. Mit dem Geld seiner Mutter klapperte er eine Spelunke nach der anderen ab, spielte Akustiksets und wusste nicht, wie lange er dieses Spiel noch treiben kann, ehe es gar keine Chance mehr auf einen Ausweg oder Plan B gebe.

Eine schwierige und doch wichtige Phase in seinem Schaffen, wie er heute betont:

„Teils habe ich im Auto gepennt, um Hotelkosten zu sparen und wäre die Kohle meiner Mom nicht gewesen, würden wir hier heute nicht sitzen. Sie ließ mir die größte Unterstützung zukommen.“

„Ich erinnere mich zumindest noch genau daran, wie ich eines Tages an einer Tankstelle zum Hörer griff und zuhause anrief – heute wäre meine letzte Show, ich käme heim, es reicht und ein richtiger Job muss her. Was sagte meine Mutter? ‚Du bist den Weg so weit gegangen, zieh ihn durch und gib nicht kurz vor dem Ziel auf‘.“

Insofern passt der Titel seines neuen Album ´Good Mood Fool´ auch zu dieser Situation und freilich ist die Nervosität von Luke Temple seinem eigenen Qualitätsdenken geschuldet, denn die Dinge dem Zufall überlassen, das kann er trotz aller Zugeständnisse an seine Spontanität nicht.

Herausgekommen ist auf diese Weise ein Ausflug, dessen Charakter stark im Eighties-Pop verwurzelt ist, der nicht schwermütig klingt, sondern eine gute Zeit haben will. Mit Here We Go Magic wäre das nicht möglich gewesen, wie Temple zufrieden festhält:

„Ich wollte nie der dominante Frontmann sein, der Lust auf was vollkommen anderes bekommt und seine Freunde zwingt, da mitzuziehen – insofern hebe ich mir Ideen auf und verwerte sie mit meinen Soloalben. Klappte bislang ganz gut und wird wohl nicht mein letztes Mal gewesen sein.“

Wer ´Good Mood Fool´ in diesem Zusammenhang hört, kann problemlos mögen, was Temple an Spielereien aufbietet und welch fabelhafte Ideen er abseits von Here We Go Magic umgesetzt. Die demnächst übrigens reaktiviert werden, wie er kurz vor der Verabschiedung verrät.

Mama wird dann noch stolzer sein.

Aktuelles Album: Good Mood Fool (Secretly Canadian / Cargo)



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