Das bereits fünfte Rockopus der Ingolstädter Slut macht sich dieser Tage auf den Weg an das Licht der Öffentlichkeit. Ähnlich wie bereits der Vorgänger ist es voller Referenzen an die klassischen Tage englischer Gitarrenmusik. Das Songwriting hat sich weiter verfeinert, wenn nicht gar perfektioniert, schwermütig-abstrahierte Texte gehen Hand in Hand mit ungewohnt harten Klängen. Wie schon oft zuvor wünschen Slut sich nichts weniger, als ein Album vor der Erscheinung zu bereden, zu sehr fürchten sie in Erklärungsnotstände zu geraten. Nichtsdestotrotz, die neue Platte bietet wahrlich einfach mehr Gesprächsstoff, als den fünf jungen Herren lieb sein mag!
„Das ist definitiv die Platte, die wir schon immer machen wollten!“, so Sänger Christian Neuburger im Westzeit-Interview. „Lookbook“ war ein Konzeptalbum, das neue Werk klingt mehr wie die Fortsetzung von „Nothing Will Go Wrong“. Worin besteht die größte Veränderung? „Die Lieder hängen im Gegensatz zum Vorgänger thematisch viel mehr zusammen. Ein in sich geschlossenes Konzept wie bei „Lookbook“ hat es zwar nicht gegeben, aber dafür hat der Plattentitel eine größere Bedeutung als je zuvor. Er ist allgemeingültig für jedes einzelne Lied.“ Auf die Frage, ob der Albumtitel den persönlichen Wunsch der Band nach Ruhe zum Ausdruck bringt, ist die Erleichterung deutlich zu spüren: „Genau so ist es! Das haben bisher leider die wenigsten festgestellt, weil viele Menschen einfach glauben, sie haben es mit einer appelativen Kampfansage zu tun. Das ist jedoch definitiv nicht der Fall, dafür war uns selber die Platte viel zu wichtig. Es geht tatsächlich in erster Linie um eine Positionierung unserer selbst, aber wenn wir mit der Aussage „Alles, was wir brauchen, ist Schweigen“ anderen Leuten Denkanstöße bieten, dann empfinden wir das als einen gelungenen Nebeneffekt.“ Um die Intention des Titels stärker zum Ausdruck zu bringen, sind Instrumentierung und Arrangements wesentlich reduzierter. Im Gegenzug dazu scheinen Slut diesmal ganz und gar auf die Kraft des Songwritings gesetzt zu haben. „Sprachlich errinnern die Texte an die Gedankenentwürfe der Expressionisten, sie sind vollends entgrätet, abstrakt und bieten eine große Interpretationsfläche.“ Ein versteckter Versuch, auf ein Neues Musik mit Literatur zu verbinden? „Wenn ich mir diesen Vergleich durch den Kopf gehen lasse, würde ich „Lookbook“ als prosaisch bezeichnen, eben eine ganze Geschichte. „Nothing Will Go Wrong“ wäre dann eine Sammlung an short stories und mit „All We Need Is Silence“ sind wir im Bereich der Lyrik angelangt.“ Zeilen wie „Make War Not Love“ versprühen puren Zynismus, überhaupt beschleicht einen das Gefühl, Slut wollen einem ihre hoffnungslose Abhandlung der Dinge nahe bringen. „Es stimmt zwar, dass sich textlich oftmals Abgründe auftun, aber diese würde ich als absolut konstruktiv bezeichnen. Keinesfalls sollte man bei aller Wut und Hoffnunglosigkeit kapitulieren, man sollte lediglich seinen Fokus auf die Gegenwart richten und versuchen, sich immer wieder zu neuen Taten antreiben zu lassen. Unser Antrieb für dieses Album war - da sind wir uns alle einig - die Wut, wobei man in der Wut etwas Positives sehen sollte. Immer wenn zwei gegensätzliche Sachen aufeinander treffen, ist die Möglichkeit da, neue Energien in Bewegung zu setzen.“ Bei allem Enthusiasmus, im Moment macht das Gerücht die Runde, dieses Album könnte womöglich das Letzte sein. Was hat es damit auf sich? „Wahrscheinlich sind wir da missverstanden worden, denn wir haben immer gesagt, dass diese Platte die letzte ihrer Art sein wird. In den acht Jahren hat sich unseres Erachtens nach der Kreis geschlossen und wir haben mit „All We Need Is Silence“ das Werk, das uns derzeit am glücklichsten macht und sehen es deshalb als einen kleinen Schlussstrich an.“Aktuelles Album: All We Need Is Silence (Virgin/EMI) - VÖ: 6.9.
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