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MARK LANEGAN BAND

Lektionen in Finsternis

MARK LANEGAN BAND

40 Jahre alt wird Mark Lanegan dieses Jahr, und fast scheint es so, als hätte er endlich seinen Platz gefunden: Sein neues Werk "Bubblegum" ist in gewisser Weise die Essenz seiner zwanzigjährigen Achterbahnfahrt als Musiker, die sich in bluesdurchtränkten, verqueren Rocksongs ebenso widerspiegelt wie in schwermütigen Country-Folk-Nummern und souligen Afterhours-Balladen. Auf dem neuen Album gibt sich der Amerikaner mit der markanten Bariton-Stimme zwar etwas weniger düster als auf den Vorgängern, dennoch liegt die Vermutung nahe, dass der Albumtitel ironisch zu verstehen ist. Ganz sicher kann man sich bei ihm allerdings nie sein, denn für die Konventionen des Rock N Roll-Business hatte er noch nie besonders viel übrig, und den geradlinigen Weg zum Erfolg hat er auch nie eingeschlagen, weder mit seiner legendären ersten Band, den Screaming Trees, die mit ihrem grandiosen Psychedelic-Rock im Grunge-Hype um ihre Heimatstadt Seattle eher zufällig zu einem (wenngleich wohlverdienten) Majorvertrag kam, noch mit seinen oft trostlosen, aber stets emotionalen Soloalben. Selbst in den zwei Jahren als Mitglied der Queens Of The Stone Age hielt er sich zumeist bedeckt und überließ gerne Bandgründer Josh Homme das Reden. Für "Bubblegum" nahm er, verteilt über einen Zeitraum von anderthalb Jahren, unzählige Stücke auf - unterstützt von seinen alten QOTSA-Kollegen Josh Homme und Nick Oliveri, PJ Harvey, Izzy Stradlin' und Duff McKagan von Guns N' Roses, Greg Dulli von den Twilight Singers, Dean Ween, Chris Goss von Masters Of Reality oder Alain Johannes von Eleven.

Zwei Dutzend dieser Songs sind auf dem 9-Track-EP "Here Comes That Weird Chill" zur Jahreswende und nun auf "Bubblegum" bereits veröffentlicht worden, doch damit noch nicht genug. In Bälde soll bereits eine weitere EP mit acht bis zehn weiteren Songs erscheinen.

"Ich veröffentliche nur die Songs, die ich mag", erklärt Lanegan, der auch beim Gespräch mit der WESTZEIT seinem Ruf als eigensinniger, wortkarger Interviewpartner alle Ehre machte, seine simple Logik. "Ich nehme immer mehr Stücke auf, als später erscheinen. Der Unterschied dieses Mal ist lediglich, dass ich noch nie so viele der Songs mochte und veröffentlichen wollte."

Seine letzte Solo-LP, "Field Songs", mag bereits vor drei Jahren erschienen sein, doch für Lanegan war die Zwischenzeit nicht nur wegen der rund 24-monatigen Non-Stop-Tournee der Queens Of The Stone Age sehr, sehr arbeitsintensiv. "Ich habe sehr viel Zeit auf das Schreiben und für die Aufnahmen verwendet. Die Pause zwischen meinen Solo-Veröffentlichungen war ziemlich lang, trotzdem ist es nicht so, dass ich mir Zeit genommen hätte, um mich hinzusetzen und über diese Platte nachzudenken. Sie ist einfach so passiert."



Nachdem Lanegan Anfang des Jahres bereits einen kurzen Abstecher nach Südeuropa gemacht hat, beehrt er uns noch im August endlich auch wieder livehaftig in Deutschland. Dass er die Einladung, als Gastsänger der reformierten MC5 durch die USA zu touren, deswegen ausschlagen musste, schmerzt ihn sehr, im Allgemeinen hält er von Konzertreisen in seiner Heimat allerdings nicht besonders viel. "Mit meinen Tourneen habe ich mich stets auf Europa konzentriert, weil es mir hier einfach besser gefällt. Mir gefällt das Umherreisen. Die zwei Stunden jeden Abend auf der Bühne sind nur das Mittel zum Zweck", sagt er bestimmt und unterstreicht, dass er auch sonst ein Mensch mit festen Prinzipien ist. "Ich kannte immer nur ein Ziel: Schlicht und ergreifend die Musik zu machen, die ich mag. Das wird auch weiterhin so sein. Das ist für mich Motivation genug. Ich liebe mein Leben mit der Musik, ich liebe es, um die Welt zu reisen und meine Songs zu spielen - und genau das mache ich jetzt schon seit 19 Jahren!"
Trotzdem bedeuten die diesjährigen Veröffentlichungen eine klare Zäsur in Lanegans Karriere. Trugen seine bisherigen Alleingänge stets nur seinen Namen auf dem Cover, heißt es dieses Mal ausdrücklich "Mark Lanegan Band". Ein Hinweis darauf, dass sich der Meister bei den letzten Sessions ob der zahlreichen Gastmusiker mehr als bisher im Hintergrund gehalten hat?
"Nein, die neuen Songs sind nicht mehr oder weniger Kollaborationen als all meine früheren Sachen. Ich wollte eine klare Trennung, in erster Linie, weil Mike Johnson, der auf fast allen bisherigen Platten mitspielte, dieses Mal nicht dabei ist. Das ist das Ende einer Ära und der Beginn einer neuen, und das wollte ich sichtbar machen. Nach der letzten Platte traf ich die bewusste Entscheidung, etwas anderes auszuprobieren. Josh zum Beispiel hat mich seit vielen Jahren immer wieder gefragt, ob er auf einer meiner Platten mitspielen könne. Er hätte schon bei 'Field Songs' dabei sein sollen, aber logistisch ließ sich das nicht machen."
Für sein Songwriting lässt er sich am liebsten vom Leben im Allgemeinen inspirieren. Die Musik anderer, da ist er sich sicher, hat dabei so gut wie keinen Einfluss. Eine Ausnahme von dieser Regel sind natürlich Queens Of The Stone Age. Schließlich dürfte Lanegan nicht nur deshalb zwei Jahre seines Lebens in die Band investiert haben, weil es sich nach einem Spaß anhörte und er mit der Band befreundet war, sondern auch, weil er die Musik mochte, oder?
"Um ehrlich zu sein, es war eine Mischung aus alledem", erwidert er knapp. "Abgesehen davon hatte mich Josh eingeladen, bereits auf der ersten Platte als Sänger einzusteigen, aber damals hatte das nicht geklappt."
Seitdem er QOTSA den Rücken gekehrt hat, um sich wieder auf eine Solokarriere zu konzentrieren, ist Lanegan auch vermehrt als Gast auf den Platten anderer Musiker zu finden. Er gastierte bei Melissa Auf Der Maur und Mondo Generator, ließ sich von der früheren Belle & Sebastian-Cellistin Isobel Campbell zu einem Duett auf ihrer aktuellen EP "Time Is Just The Same" einladen und war auch auf "Blackberry Belle", dem letzten Album der Twilight Singers, mit von der Partie. Twilight-Singers-Mastermind Greg Dulli berichtete uns bereits letztes Jahr begeistert von den Aufnahmen und fügte hinzu, dass er die Vermutung habe, Lanegan verwandle sich langsam aber sicher in Captain Beefheart. Ein Vergleich, den er bei unserem Gespräch mit einem Lachen quittiert.
"Es stimmt, meine Stimme ist ziemlich rau geworden und meine Musik seltsamer, aber das ist nur eine Reflektion von etwas, das ich immer schon in mir hatte. Ich hatte bloß früher nicht immer die Möglichkeit, das herauszulassen. Aber nun bin ich so alt - jetzt ist mir alles egal!"
Weitere Infos: www.marklanegan.com

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