So langsam entwickelt sich die Isle Of Wight zu einer echten musikalischen Alternative. Nach den Bees überrascht uns jetzt ein junger Mann namens Drew Kennett mit sympathischem Liedgut, daß ganz auf die Qualitäten des Bewährten setzt (also klassisches Songwriting mit guten Melodien, Harmoniegesang und einem zeitlos anachronistischem Flair). Das kommt aber alles nicht von ungefähr, denn Drew ist ein Kumpel der Bees und produzierte mit Bee Paul Butler zusammen sein Debüt-Werk "Songs From The Devil’s Chimney".
Und dann ist es wohl auch tatsächlich so, daß auf der Isle Of Wight musikalische Unzucht (natürlich in der bestmöglichen Bedeutung) getrieben wird. "Also ich denke es hat viel damit zu tun, wir einfach Freunde sind", sagt Drew – und man glaubt ihm das, da er demonstrativ ein Bees T-Shirt trägt, "es gibt auf der Isle Of Wight eine sehr kreative Atmosphäre. Wenn Du was gemacht hast, gehst Du zu Deinen Kumpels und diskutierst es mit ihnen. Das befruchtet sich dann alles gegenseitig." Das hört sich ja gerade an, als sei die Isle Of Wight ein integraler Bestandteil des ganzen kreativen Prozesses? "Ich denke schon", pflichtet Drew bei, "ich bin auf der Isle of Wight geboren und habe dort mein ganzes Leben gelebt. Es gibt dort natürlich auch Leute – aber nicht viele. Ich wohne 10 Minuten vom Strand entfernt und kann in einer halben Stunde die ganze Strecke ablaufen. Die Insel ist wunderschön und hat sicherlich eine inspirierende Landschaft. Man hat mich mal gefragt, ob ich diese Scheibe auch in London hätte schreiben können und ich denke nicht. Dann hätte ich vermutlich zornige Songs geschrieben. Ich könnte nicht in der Stadt leben – das heißt ich wollte es nicht." Der Titel der Scheibe bezieht sich auch auf einen Teil der Insel, nicht wahr? "Ja, der Kamin des Teufels ist ein Art Pfad in den Klippen, den ich als Kind oft gegangen bin. Es ist quasi ein gespaltener Fels mit einer Treppe." Drews Songs zeichnen sich durch eine Art heiterer Gelassenheit, einen sanftmütigen Vortrag und besonders durch wunderschöne Vokal-Harmonien aus, wie man sie heute nicht mehr häufig zu hören bekommen. "Es ist so, daß ich immer Harmonien gemocht habe", verrät Drew, "ich habe zu Hause mit meinem 4-Track Recorder angefangen und wir haben dann weiter dran gearbeitet. Einiges ist ganz spontan entstanden und Paul und ich haben´s gleich aufgenommen, nachdem wir es uns ausgedacht hatten. Wenn die Leute sagen, daß die Songs diesen ´alten´ Sound haben, dann liegt das an der Musik, die wir beide mögen. Und auch daran, daß wir altes Equipment verwendet haben: Alte Röhrenverstärker, alte Gitarren, eine Hammond Orgel und so was." Und die Sachen, die Drew inspirieren, sind die Klassiker: Die Byrds, Neil Young, die Beatles – die Großen eben. Woran aber liegt es, daß die Scheibe so romantisch und nett geraten ist. Was das der Plan? "Ja, das war definitiv der Plan", stimmt Drew sehr vehement zu, "das sind nun mal die Songs, die ich schreibe. Ich schreibe keine zynischen Stücke. Ich bin vielleicht manchmal ein wenig melancholisch oder ein wenig sauer, aber ich habe keinen Haß in mir. Ich werde keine zornigen Songs schreiben. Bei mir geht es immer um die Liebe oder darum, keine zu haben. Die Songs spiegeln wieder, wie ich mich fühle. Einige sind ziemlich persönlich, aber normalerweise versuche ich das auszudrücken, was die Leute generell empfinden, wenn Du weißt, was ich meine." Einen Vorteil hat es natürlich, wenn man auf einer Insel lebt und Musik macht: Man muß sich nicht groß überlegen, welche Musik man mit auf dieselbe nehmen würde ...