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CELLULOID RECORDS

CELLULOID RECORDS

Zwei Konstanten prägen die Geschichte des Labels Celluloid-Records: Jean Georgakarakos, meist gekürzt auf Karakos und Bill Laswell. Die Zeit dieser Kooperation macht das Label zu einem Kritikerliebling. Letztere goutieren das, was die kleine Plattenfirma freigeistig so alles zusammendenkt und -bringt: New Wave, Jazz, Post Punk, Afrobeat, Elektro, Hip Hop, Avantgarde und Metal. Häufig wird das Label als das einflussreichste der 1980er Jahre beschrieben. Das Doppelalbum ´Change The Beat´ vereinigt musikalische Zeugnisse dieser Ära. Sie reichen von Massacre, Timezone über Richard Hell & The Voidoids hin zu Fb 5 Freddy und Manu Dibango.

Die Anfänge in Paris

Das erste Celluloid Büro liegt Ende der 1970er Jahre im gerade hip werdenden, hügeligen Pariser 20. Arrondissement. Nicht weit weg von der Métrostation Porte de Lilas. Das schäbige Büro teilen sich zu dieser Zeit noch der frühere Maoistenführer Gilbert Castro, der extrovertierte Jean Georgakarakos und der enge Freund beider, der charismatische, visionäre Jean-Francois Bizot. Ganz im Gegensatz zu London, das fest in der Hand des Thatcherismus ist und New York, wo sich die Folgen der Reaganismus breit machen, blüht Paris unter dem Sozialisten Francois Mitterand kulturell auf. Auch multikulturell. Diese Erfahrung macht auch Bill Laswell bei einem Besuch in der französischen Hauptstadt. „In der Stadt geht es freigeistig zu, wie in den 1960ern in Tanger. Auf eine gewisse surreale Art sind afrikanische, arabische, europäische und amerikanische Künstler miteinander verbunden. Doch im Augenblick der Zeit wurde gar nicht bemerkt, was da an Grundlage für Späteres geschaffen wurde.“

Anfangs war Celluloid damit beschäftigt, europäische Importplatten, vorwiegend die des englischen Rough Trade-Labels, für den französischen Markt verfügbar zu machen.

Gilbert Castro ist später verantwortlich dafür, dass sich Celluloid zur führenden Plattform für afrikanische Musik entwickelt. Auf der Veröffentlichungsliste stehen unter anderem Salif Keita, Mory Kante, Youssou N’Dour oder die kapverdische Diva Cesaria Evora. Jean-Francois Bizot kümmert sich seit 1981 vorwiegend um die Weltmusik-Jazz-New Wave-Station Radio Nova. Jean Karakos reist dauernd nach New York und trifft sich dort Jean Georgakarakos immer wieder mit Bill Laswell.



Der New Yorker Ableger

Es kommt zum Bruch zwischen Gilbert Castro und Jean Karakos. Ersterer führt das Label in Paris mit dem afrikanischen Schwerpunkt fort, während Jean Karakos beginnt Bill Laswells frühe Arbeiten ab 1981 in New York ebenfalls unter dem Namen Celluloid zu veröffentlichen. Darunter die Debütplatte von Massacre ´Killing Time´, auf der neben Bill Laswell am Bass Fred Frith an der Gitarre und Fred Maher am Schlagzeug zu hören sind. Doch hält der kreative Untergrund New Yorks eine Vielzahl anderer wichtiger und innovativer Künstler bereit. Erste Hip Hop-Produktionen, zum Beispiel von Fab Five Freddy, Grandmixer D. St., Phase II oder Tribe 2 sind ebenfalls im musikalisch sehr breit gefächerten Veröffentlichungsmarathon von Celluloid zu finden. Viele dieser Hip Hop Projekte werden von Material, einer Band, in der wiederum Bill Laswell das Sagen hatte. Als nächstes überredete Jean Karakos Bill Laswell afrikanische Künstler für Celluloid zu produzieren, darunter Toure Kunda, Mandingo und Manu Dibango. Auch Fela Kutis ´Army Arrangement´ wird für das Label remixt.

Nachdem Bill Laswell erfolgreich Herbie Hancocks „Rockit“ nicht für Celluloid produziert und mehr und mehr mit Großaufträgen etwa von Yoko Ono, Mick Jagger, Motörhead oder PIL eingedeckt wird, findet er kaum noch Zeit für Celluloid, was gleich bedeutend mit dem Abstieg des Labels ist. 1988 verlässt Jean Karakos New York und das dortige Celluloid-Label - das 1989 in Konkurs geht - und kehrt nach Paris zurück. Dort beschäftigt er sich mit dem einzigen reinen Pop-Act seiner Karriere und veröffentlicht 1989 ´The Lambada´. 2010 kehrt Jean Karakos zum französischen Celluloid-Label zurück. Die erste Veröffentlichung, die er dort betreut ist das Live-Album von Gong ´Gong Est Mort, Vive Gong´. Man darf gespannt sein, ob und was da kreativ passieren wird.

Doch aktuell bietet ´Change The Beat´ einen sehr guten Überblick über das Gesamtwerk der New Yorker Zeit dieses Labels und zeigt durch die Auswahl der Titel, was für ein einzigartiges multikulturelles Mischmasch-Label Celluloid eigentlich war.

Aktuelles Album: Change The Beat - The Celluloid Records Story 1980 - 1987 (Strut/!K7/Alive)



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