JAZZJANZKURZ

JAZZJANZKURZ

VONNEUMANN kommen aus Rom und widmen sich mit Inbrunst dem enthemmten Herumdudeln auf Gitarre (sehr oft), drums (meistens) und Trompete (manchmal). "Sitcom Koan"(Ammiratore Omonimo Rec.) wurde live improvisiert (zarter Beifall inkl.) und dürfte gern etwas weniger gedankenverloren sein. 3
ADAM BEN EZRA hingegen liefert auf "Can't Stop Running"(über Snowhite) mit Kontrabaß, Klarinette und freundlichen drums jene Art gefühlvolle Jazzberieselung, die niemals stört, von der aber am Ende doch zu wenig hängenbleibt. 2
LARS DUPPLER spielt seine(n) Flügel tatsächlich ziemlich "Naked"(GLM/Soulfood). Die sentiment-getränkten, dennoch meist spannenden Improvisationen pendeln zwischen konzentrierter Spontanität und melancholischem Schwelgen. 3
Durchaus virtuos, aber seltsam unpackend und auch nicht wirklich "Rhythm-A-Tized"(Challange Rec./New Arts Int.) ist der Jazz-Club-Jazz, den das CHRISTOPH STIEFEL SEPTET spielt. Insbesondere Sängerin Sarah Buechi hat das Jazzstudium sicher mit Inbrunst absolviert, aber das Freie, die Seele verläuft sich hier leider in der Akademie. 2
Da swingt GREGOR HUEBNERs "El Violin Latino Vol.2 - For Octavio"(GLM/Soulfood) wesentlich lockerer. Eine bunte, trotzdem folklorefreie Fahrt durch Brasilien, Argentinien und Kuba, die v.a. dann richtig Spaß macht, wenn Yumaria oder Ernesto Camino singen dürfen! 3
Dass man in Südamerika, konkret in Bogota, nicht nur Rumba und Samba kennt, sondern auch den Blues, beweisen FATSO "On Tape"(Jazzhaus Rec./inakustik). Der Baß brummt tief zum scheppernden ModernBlues, den Bandchef Daniel Restrepo mit rauer Stimme über jaulende Gitarren, straighte drums und fette Bläsersätze intoniert. 3
TELMO PIRES lebt weiter seinen Traum und möchte am liebsten selbst Fado werden, übersetzt also "Ser Fado"(Traumton/Indigo). Der Deutsch-Portugiese versteht es dabei erneut, die strengen Traditionen des Lissaboner Klagelieds dialektisch aufzuheben, also zugleich zu bewahren und zu erneuern. 4
Ein strukturell ähnliches, im Klangergebnis aber natürlich komplett anderes Herangehen an musikalische Überlieferungen pflegt SAINKHO NAMTCHYLAK. Die Tuwa-Sängerin mischt gern Experiment in die Tradition, so daß aus ihrem Singen, Schreien und Knurren immer etwas sehr Besonderes wird. Dass aber auch "Like A Bird Or Spirit, Not A Face"(Ponderosa/edel Kultur), eine Kollaboration mit den Tuareg von Tinariwen, nicht ins WeltBeliebige abgleitet, sondern wundervoll abseitigen EthnoPop(?) zeitigt, überrascht höchst angenehm. 4
Auch AZIZA BRAHIM widmet sich den Überlieferungen der Sahara, mischt auf "Abbar El Hamada"(Glitterbeat/Indigo) allerdings westafrikanische Spuren in den Wüstensound. Weil sie seit 20 Jahren im spanischsprachigen Exil lebt (Kuba, später Barcelona), tragen einige Stücke spanische Titel, ein tieferes Verständnis für den dezidiert politischen Inhalt der Lieder brachte mir allerdings erst das Studium des "Waschzettels". Bleibt zu hoffen, dass auch das CD-booklet der Ladenversion entsprechende Infos bereithält. 4

Fear No Jazz
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