Mit ihren Bands Come, Karate und Neptune setzten sie schon vor 20 oder mehr Jahren Ausrufezeichen und loteten die Grenzen des Genres Indierock aus. Jetzt machen Thalia Zedek, Gavin McCarthy und Jason Sanford unter dem Namen E gemeinsame Sache, und ihr mitreißendes zweites Album, ´Negative Work´, unterstreicht ebenso eindrucksvoll wie die Auftritte ihrer jüngst zu Ende gegangenen Europa-Tournee, dass die drei Amerikaner nichts von ihrer oft visionären Strahlkraft verloren haben.
Doch auch wenn man sich eine Band am Reißbrett nicht schöner hätte ausmalen können: Ein großer Masterplan steckt nicht hinter dieser kleinen, großen Underground-Supergroup aus Boston.“Zu Beginn waren es nur Jason und ich, die Lärm gemacht haben. Dann kam das Schlagzeug dazu, und jetzt haben wir uns in ein Monster mit sechs Händen und drei Stimmen verwandelt", sagt Thalia Zedek im Westzeit-Interview mit einem Schulterzucken. In der Tat ist besonders beeindruckend, wie banddienlich die drei gestandenen Solisten trotz ihrer illustren Vergangenheit hier zu Werke gehen, wie sehr sie auf das gemeinsame Ziel fokussiert sind. Das kollaborative Element, so scheint es, ist ihr Ein und Alles.
“Als wir mit E anfingen, gab es die Thalia Zedek Band bereits 13 Jahre“, erinnert sich Thalia. „Dort trägt jeder seine eigenen Parts bei, aber ich bin die alleinige Songwriterin, aber ich vermisste einfach die Spontaneität und die Inspiration, die in einem wirklich kollaborativen Projekt allgegenwärtig sind.“
Bei E hat sie genau das nun gefunden.
Geschrieben werden die Songs von E von allen drei Musikern zusammen, und auch sorgfältig ausgearbeitet werden sie gemeinsam.
„Wir arbeiten stets sehr hart an den Arrangements”, verrät Thalia. „Oft verändern wir sie monatelang immer wieder, bis wir alle zufrieden sind. Der Großteil des Prozesses besteht darin, alles so lange zu reduzieren, bis nur noch die essenziellen Teile des Songs übrig sind. Manchmal wollen wir aber auch so richtig abdrehen, und letztlich geht es darum, die beiden Extreme auszubalancieren.“
Dabei kommt dem im Titel anklingenden negativen Raum eine besondere Rolle zu. Auch wenn sie vielleicht kein direkter Einfluss waren, fallen Thalia eine Reihe Künstler ein, die sich ihrer Musik mit einem ähnlichen Konzept genähert haben.
„Es gibt in der Tat eine ganze Reihe Bands, die den negativen Raum auf eine Art und Weise einsetzen, die ich liebe”, bestätigt sie. „Mission Of Burma zum Beispiel oder die frühen Gang Of Four oder Young Marble Giants. Der Unterschied ist, dass in all diesen Bands dem Bass eine besondere Rolle zukam, während wir gar keinen benutzen. Aber ich denke, Jasons Deep Sonic Boom Stomp Box fügt unserem Sound eine bestimmte 3D-Qualität und einen gewissen Tiefgang hinzu.“
Im Spannungsfeld von unbändiger Power und auch nach all den Jahren ungebrochenem Experimentierwillen glänzten die drei Musiker bereits vor zwei Jahren auf ihrem selbstbetitelten Debüt, für die neue Platte sind E nun allerdings noch mehr zu einer Einheit verschmolzen. Doch auch Donald Trumps Amerika hinterließ Spuren auf ´Negative Work´.
„Ich spreche nur für mich, aber ich muss sagen, dass das politische Klima in den USA einen ziemlich großen Einfluss auf meine Texte hatte“, gesteht Thalia. „Trump wurde weniger als eine Woche, bevor unser erstes Album veröffentlicht wurde, gewählt und er begann seine Amtszeit als Präsident mit allem, was daran hing, während wir erstmals auf Europa-Tournee waren. Wir sind anschließend buchstäblich in ein anderes Land zurückgekehrt als das, was wir verlassen hatten.“
Mehr noch als ein politisches Statement sind E allerdings schlichtweg eine Herzensangelegenheit für Thalia. Für eine Antwort auf die Frage, was sie derzeit am glücklichsten macht, muss sie jedenfalls nicht lange überlegen.
„Musik mit meiner Band zu machen und auf Tour zu gehen“, sagt sie bestimmt. „Nach all den Jahren ist es immer noch genau das!“
Aktuelles Album: Negative Work (Thrill Jockey / Rough Trade)
Weitere Infos: abandcallede.com Foto: Kelly Davidson