Bislang waren die Scheiben von Low, der "besten Band der Welt" (wie sie Tom Liwa nennt) ja eigentlich immer ein Garant für ohrenschonendes Hörvergnügen: Bedächtig, teilweise feierlich und vor allen Dingen leise zogen Mimi und Alan Sparhawk sowie Zak Zally ihre Bahnen – und den Zuhörer in ihren Bann. Doch nach 12 Jahren musikalischen Schleichens hatten sich offensichtlich Energien angestaut, die sich eben nicht mehr ausschließlich durch Reduktion ausdrücken ließen. Zunächst bei Live Konzerten, dann aber auch auf Tonträgern- wie z.B. dem Soundtrack zu dem Film "Mothman Prophecies" oder gar auf regulären Veröffentlichungen wie "Trust" fanden sich zunehmend Passagen, die nicht nur mit harmonischem Schönklang, sondern auch durch Kraft, Dynamik und Lautstärke zu überzeugen wußten.
Doch eine komplette CD mit knackigen Riffs, schrammelnden Gitarren, polternden Rhythmen und dröhnenden Bässen – wie z.B. im Falle des neuen Werks, "The Great Destroyer", kommt dann doch ein wenig überraschend, nicht wahr? "Also ich würde ja gerne sagen, daß wir das alles so geplant haben und es genau so machen wollten", erklärt Zak Sally, der neben der Bass-Arbeit auch diverse Keyboards für das neue Album einspielte, "das trifft aber nur zu einem kleinen Teil zu. Wir wußten nur, daß es ein sehr direktes Album werden müßte, und daß wir keine Angst davor haben dürften, zu tun, was immer notwendig wäre, dieses Ziel auch zu erreichen. Das war die Ausgangsprämisse, die wir bei jedem Song angewendet haben, so gut, wie es uns möglich war. Als wir dann fertig waren, war das Ergebnis dann doch überraschender, als wir es uns vorgestellt hatten." Was könnte denn in diesem Fall der Grund für die Kraftausbrüche gewesen sein, die "Destroyer" in großen Teilen zieren, und die – nebenbei bemerkt – in einige der besten Songs eingebettet sind, die das Trio aus Duluth bislang veröffentlichte? "Das ist eine ziemlich schwierige Frage", zögert Zak, "Ich glaube, das kommt aus den Songs selber, daher, wovon sie handeln und wie sie sich für uns anfühlten – emotional rauh und unmittelbar zum Beispiel. Die Stücke mußten einfach so klingen." Und dabei bleiben sich Low erstaunlicherweise dennoch selber treu: Der typische Low-Sound an sich klingt nämlich trotz musikalischen Bleifußes ständig durch. Hat das mit den zum Trademark gewordenen Harmoniegesängen zu tun? "Zum Teil ist das gewiß so", überlegt Zak, "im Übrigen machst Du uns damit das größtmögliche Kompliment, denn das ist genau die Weise, in der wir die neue Scheibe wahrgenommen haben möchten. Viele Bands suchen sich ja einen Produzenten, der ihnen einen bestimmten Sound verpassen kann. Wir wissen aber ziemlich genau, was wir machen möchten und brauchen statt dessen jemanden, der uns versteht und uns dann ermöglicht, dieses auch zu erreichen – wie David Fridman eben." Nun gut – das alles klingt aber doch gar nicht zerstörerisch: Was hat es denn mit dem großen Zerstörer auf sich? "Wenn es darum geht, einer Scheibe einen Namen zu geben, dann intellektualisieren wir das nicht bis ins letzte", erklärt Alan, "am Ende waren wir uns alle einig, daß ‘The Great Destroyer’ genau der richtige Name wäre. Dabei handelt es sich um eine Figur, die einige Male auftaucht und wie oft bei Alan’s Texten als Metapher zu verstehen ist." Ohrenstöpsel braucht man auf der anstehenden Tour dennoch keine. Auch wenn es ein Mal lauter würde: Eine normale Rockband sind Low immer noch nicht, so Zak. Und wie gesagt: Beim nächsten Mal kann schon wieder alles ganz anders sein.