„Das Coolste daran, nicht an eine Band gebunden zu sein, ist, dass man ganz für sich ist. Man kann nicht kündigen oder gefeuert werden”, hatte Ken Stringfellow vor einigen Jahren lachend gesagt und dann vorsichtig hinzugefügt: „Oder vielleicht doch?” So ganz geheuer schien ihm seine Rolle als Solist nach vielen Jahren als einer der kreativen Köpfe hinter The Posies und als Sideman von R.E.M. und Big Star trotz seines großartigen Albums „Touched“ aus dem Jahre 2001 noch nicht zu sein.
„Ich hatte damals keine große Erfahrung darin, ohne eine Band zu spielen“, sagt er rückblickend. Unzählige Soloauftritte folgten seitdem und vereinfachten die Arbeit an seinem wunderschönen neuen Album „Soft Commands“ enorm. „Jetzt ist es kein Kampf mehr, nur das Nötigste fertig zu bekommen. Das gibt mir die Freiheit, viel mehr Dinge auszuprobieren und instinktiver vorzugehen. So traf ich zum Beispiel die Entscheidung, große Teile der Platte in Schweden aufzunehmen, obwohl ich die Leute, mit denen ich dort zusammenarbeiten wollte, kaum kannte“, erklärt Stringfellow. Der Sprung ins kalte Wasser beflügelt auch auf „Soft Commands“ seine Kreativität. Wie schon auf dem Vorgänger gibt es eine Vielzahl von raffinierten musikalischen Querverweisen, wobei Stringfellow sehr genau darauf achtet, dass sie nicht zu offensichtlich ausfallen und „nicht authentisch, sondern genetisch verändert“ sind, wie er selbst es ausdrückt. Von seiner Power-Pop-Vergangenheit ist nur noch wenig zu spüren: Singer/Songwriter-Grandeur allerorten, Vintage-Tasteninstrumente statt Stromgitarre als klanglicher Mittelpunkt und sogar – wenngleich kurze – Ausflüge in Reggae- und Elektronik-Gefilde.Doch nicht nur musikalisch beweist Stringfellow Facettenreichtum. Auch textlich geht er neue Wege und stellt private Ängste und Sorgen deutlicher als zuvor in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext, ohne ins Pseudointellektuelle abzudriften. **** „Death Of A City“ beispielsweise beklagt die Gesichtslosigkeit moderner US-Großstädte, nicht zuletzt inspiriert durch seinen Umzug nach Paris der Liebe wegen, und „Don’t Die“ thematisiert die immer noch aktuelle Angst vor dem Krieg – auch das auf einem sehr realen Hintergrund, hat Stringfellow doch, obwohl selbst erst 36 Jahre alt, einen Sohn im wehrpflichtigen Alter. **** „Nicht jeder muss sich an den Zaun des Weißen Hauses ketten, um sich am Protest zu beteiligen, aber man kommt einfach nicht umhin, die Geschehnisse zu kommentieren“, glaubt er. „Ein Song wie ‚Don’t Die’ ist in erster Linie eine Beobachtung. Es gibt darin eine Zeile, die für mich die moderne Existenz nach dem 11.September zusammenfasst: ‚When did we smile? I can’t remember but it must have been quite a while“. Statt auf plakative Anklagen setzt Stringfellow auch hier lieber auf Subtilität. Seine sanfte Rebellion geht weiter.
Weitere Infos: www.kenstringfellow.com Foto: Bootsy Holler