Einer der alternativsten und auch besten Liedermacher des Landes ist unbestritten Götz Widmann. Seine Vergangenheit und das Kapitel Joint Venture liegt nun schon einige Jahre und drei Alben zurück und auch, wenn er damals noch nicht ganz glauben wollte, ob das alles auch alleine funktionieren würde - er hat es versucht und meistert es immer besser. Vielleicht ist sein aktuelles Album das beste seiner Karriere, auch wenn es manchmal etwas nachdenklicher als amüsant klingt. Und am Ende braucht er gar Zeit.
So heißt es jedenfalls im Titelsong, der am Ende des Albums steht. Nun, da er aber gänzlich auf die Dienste eines Labels verzichtet und die Fäden selbst in der Hand hält, scheint das nicht unbedingt immer gegeben.„Ich hatte schon vorher Tendenzen, es selber zu machen, aber ich wollte meine Plattenfirma nicht ausbooten.“, berichtet Götz. „Nach der EFA-Pleite verließ mein Label aber die Lust, das noch weiterzuführen, und ich habe dann auch schnell einen neuen Vertrieb gefunden, der meine CD‘s unter die Leute bringt. Man kann die Arbeit als Indepent-Künstler und in der Größenordnung, in der ich operiere, auch ganz gut machen, man ist noch freier. Bis jetzt war es aber auch viel mehr Arbeit.“
In diesem spannenden neues Betätigungsfeld kommt aber auch der Spaß nicht zu kurz. Dennoch ist der Faktor Zeit nicht zu unterschätzen.
„Ich brauche für mich selber Zeit, zum Alleinsein. Um künstlerisch zu arbeiten, musste ich mir zuletzt diese Zeit gewaltsam nehmen, da wurde die Sehnsucht nach mehr schon größer. Die Büroarbeit ist mittlerweile recht viel geworden und ich bin immer froh, wenn ich auf Tour komme, weil ich dann am meisten Ruhe habe. Aber zum Glück schaffe ich es doch immer wieder, mir meine Freiräume zu schaffen.“
So häuften sich dann genügend Texte an, die nur noch entsprechend vertont werden wollten.
„Ich muss mich meist an meinen Schreibtisch setzen und in Ruhe betrachten, was mir für Gedanken durch den Kopf schiessen, da kommen dann die besten Sachen bei rum. Wenn ich mich über irgdnetwas aufrege oder mich über etwas besonders freue sind das meistens ganz gute Startmomente für einen Text.“
Gibt da eher der Reim den Spaß vor oder ist es umgekehrt?
„Das ist unterschiedlich. Ich habe an der Sprache auf jeden Fall großen Spaß, manchmal sind es aber auch die Inhalte, die ich umsetzen will. Das ist wie bei einem Bildhauer, der hockt vor seinem Marmorblock und dieser hat noch Ecken und Kanten, an denen er noch arbeiten muss. Mir fließt nicht immer alles direkt aus der Feder, aber am Ende soll es sich so anhören als ob.“, lacht der Bonner.
Nach der letzten Scheibe namens „Drogen“ war dann auch das thematische Feld schnell gefunden: es sollte einfach etwas anderes sein. Und auch das Publikum hat sich mit der Zeit ein wenig verändert.
„Es ist noch vielschichtiger geworden, die Mischung aus jungen und alten Leuten ist noch größer geworden. Das kommt aber auch auf den Laden an und die Besucher, die sowieso dort sind.“
Und auch die Mischung auf „Zeit“ zwischen zünftig lustigen und nachdenklichen Songs ist besonders ausgewogen.
„Die Platte ist etwas ernster als meine vorigen, aber ich bin damit sehr glücklich. Ich hatte noch viel mehr Texte auf Lager, aber die Melodie ist dann doch immer mein Engpass, der musikalische Teil fliegt mir nicht so leicht zu.“
Fühlt sich Götz Widmann ab und zu auch limitiert im festgefahrenen Lagerfeuer-Singer/Songwriter-Modell mit Akustikgitarre und Gesang?
„Ich kann halt nichts anderes! Und ich versuche, in diesem Muster immer besser zu werden. Es sind auch Sachen entstanden, die ich mir früher nie im Leben zugetraut hätte. Diese Dinge waren auch viel Arbeit, aber ich habe mich dann auch getraut, eine reine Gitarre/Gesang-Platte zu machen, was eine echte Herausforderung war. Die Fans, die meine Lieder gerne am Lagerfeuer spielen, werden sich jetzt beschweren, weil es sich jetzt nicht mehr so leicht spielen lässt.“
Reicht ja auch, wenn einer es kann...
Aktuelles Album: Zeit (Ahuga!/Alive)
Weitere Infos: www.goetzwidmann.de