Ja, da sind sie wieder, diese wahnsinnigen Texaner, die jedes Klischee des gemeinen oder eher verruchten Rockmusikers erfüllen, obwohl sie es doch eigentlich garnicht bräuchten. Gerade das neue Album hat auch ohne den Fenstersturz des Hotel-Fernsehers oder eine halb-rituelle Equipment-Zerstörung ihre Reize. „World Apart“ hat einige Überraschungen zu bieten, und wenn es nur ein heimliches Augenzwinkern ist. So verrückt ist halt nicht jeder, mein Interviewpartner aber allemal.
Willkommen auf unserem Planeten, Jason Reece. Der junge Mann lässt sich von der Promoterin seines Vertrauens eine Björk-Scheibe auflegen, was während des ganzen Telefonats im Hintergrund eher an Walgesänge erinnert - und unweigerlich stelle ich mir vor, Jason wäre der Dude, der eben so etwas hört, mit Haarklammern Joint-Stummel wegraucht und zum Frühstück lieber Hochprozentiges statt Tee einnimmt. Und genau so spricht der gute Mann auch. Ein wenig weggeratzt, halbvoll oder vielleicht eher halbleer. Wie auch immer, philosophische Ergüsse wie „We are the Texas rain in this desert!“ beiseite gelassen, entspringen ihm aber auch ehrliche und verständliche Antworten auf meine Fragen. Und zuweilen lacht er herzhaft. Und dann überrascht er mit genau dem nötigen Ernst, der das Ganze erfahrbar macht, etwa die Dramatik, die das neue Werk durchzieht. „Wir haben immer nach epischer Breite gestrebt, und eigentlich war das anfangs nur ein technisches Problem. Als wir begannen, wussten wir nicht, wie man Akkorde zusammensetzt, es war purer Krach. Als wir dann besser wurden und lernten, unsere Instrumente zu spielen, wollten wir ein großes Stück Kunst fabrizieren. Ich weiss nicht, ob wir dies schon erreicht haben, aber wir versuchen es zumindest immer noch.“ Auf dem Weg dahin kehrte man sich etwas von dem Noise-Faktor ab und setzte stattdessen mehr auf Melodie. „Und das wird sicher ein paar Leuten mächtig auf den Sack gehen, aber wir heben uns den Krach für die Live-Shows auf. Unsere Inspirationsquelle für diese Platte war eindeutig Schönheit. Wir wollten Schönheit und Menschlichkeit in diese Platte einfliessen lassen, wobei die Menschlichkeit eher ein hässliches Biest darstellt.“ Lassen wir uns auf diese abstrakte Betrachtungsweise ruhig ein, bevor Jason noch eine Schippe auflegt. „Trotzdem ist da immer noch eine wilde Seite. Wir hatten diesmal schöne, sexy, halbnackte Frauen im Studio, die uns helfen sollten, schöne Musik zu machen. Alleine deshalb hatten wir schon Angst, unsere böse, monströse Seite zu zeigen, denn insgeheim hofften wir alle auf eine schnelle Nummer mit einer der Damen. Du kannst einer Frau nicht ins Ohr schreien, dann ist sie schneller weg als du denkst.“ Richtig erkannt Jason, aber kriegt man sie denn mit 80‘s-Stadionrock auf jeden Fall ins Bett? Denn zeitweise klingen Trail Of Dead auf diesem Album wie etwa Queen oder Pink Floyd zu ihren besten Zeiten... Treffer, mitten ins Herz! Jason dreht ab, schwärmt von allen Größen vergangener Zeiten und bleibt dann tatsächlich bei Mötley Crüe hängen und kreischt eine verzweifelte Version von „Home, Sweet Home“ in den Hörer. Insgeheim hoffe ich, das Trail Of Dead niemals so klingen werden, als Jason schüchtern fragt: „Meinst du, wir sind schon zu sehr Mainstream? Ja, vielleicht haben wir den Noise-Pfad etwas verlassen und sind in Richtung einer Rockoper gegangen, aber es sind halt immer noch wir.“ Und es scheint, als seien Trail Of Dead noch nicht am Ende ihrer Suche angekommen. Einer Suche nach sich selbst, nach dem Sound, der alles vereint und alles entzweit und mächtiger ist, als eine Summe aller Gefühle. ZU philosophisch? Sicher nicht, Jason weiss Bescheid. „Wir sind eigentlich nur auf der Suche nach dem Akkord, der die Frauen zum Weinen bringt.“ Zuzutrauen ist ihnen jedenfalls noch viel mehr.Aktuelles Album: World Apart (Universal)