Berlin, 1995. In einem muffigen Proberaum tun sich ein paar junge Leute zusammen und nehmen bereits knapp zwei Jahre später mit „48/49“ einen unter Kennern zurecht als Meilenstein der nationalen PunkRockbewegung bezeichneten Longplayer auf. Und auch im neuen Jahrtausend sprüht das Quintett nur so vor Energie und Ideen, was auf der aktuellen Langrille „Living Targets“ gebührend festgehalten wurde. Gitarrist Peter gab dazu in feinstem Hauptstadt-Slang die letzten Geheimnisse des Erfolges preis.
Neuester Schritt in Richtung Punk-Himmel ist wohl der frisch unterschriebene Deal mit Epitaph. „Wir haben in der letzten Zeit iel getourt und spielten u.a. auch in Amsterdam, wo der Sitz von Epitaph Europe ist. Dort haben uns ein paar Leutchen gesehen und es entstand reger Faxkontakt, der dann letztendlich zum Deal führte. Wir waren darüber natürlich total happy, zumal wir nun Labelkollegen von Kapellen sind, die uns von der ersten Stunde an inspiriert haben.“ Überhaupt ist der Status der Band, deren Scheiben ja nun fast weltweit vertrieben werden, auch im Ausland recht hoch. „Naja, richtig einschätzen kann ich das nicht. Wir sind ja bisher noch nicht als Headliner im Ausland getourt. Wahrscheinlich war bei so Geschichten wie der Warped Tour in den USA oder der Deconstruction Tour in Europa einfach das gesamte Billing gut und die Leute waren ziemlich aufgeschlossen. Verkaufszahlen kenne ich auch nicht. Es ist sicher nicht weltbewegend, aber es ist schon verdammt cool, dass unsere Platte in den Staaten in den Läden steht.“ Besucher des letzten Bizarre-Festivals haben vielleicht als prominenten Gast dort Ex-Faith No More-Bassmann Billy Gould gesichtet. Und der Grund für seine Präsenz waren die sympathischen Hauptstädter. „Nachdem zweieinhalb Monaten Studio in Köln und wir die Platte im Prinzip fertig hatten, waren wir einfach nicht zufrieden damit. Wir fühlten uns mit dem Ergebnis nicht wohl, es erschien zu kopfmäßig, irgendwie fehlte etwas. Uns kam die Idee, dass wir dem Album die richtige Würze zuteil würden lassen, wenn wir noch ein paar Songs aufnehmen würden. Das Label gab das ok und unser Manager sprach seinen Kumpel Billy Gould an, ob er nicht Lust hätte, uns in Berlin zu produzieren. Er hatte Bock, und es war riesig, eine sehr angenehme Atmosphäre.“Nachdem ich den Song „Mirrored“, der bei mir nach einer ersten Hörprobe direkt hängen blieb, als erste Single vermutete, berichtet Peter von einer ähnlichen „Living Tagets“-Problematik. „Fast alle Lieder ausser dem, was Du gerade genannt hast, war schon die Single gewesen... und alle dachten, man dürfe auf keinen Fall einen Fehler machen und schon gar nicht auf dem dritten Album und es muss der Knaller sein und, und, und... Letztendlich haben wir uns für „Summer“ entschieden, weil es der Kompromiss schlechthin für alle war.“ Kann man bei den Beatsteaks 2002 von „trendy music“ sprechen. „Für mich ist unsere Musik unwahrscheinlich trendy, aber im Gesamtkontext von dem, was man so im Radio hört oder im Fernsehen so sieht, ist sie wohl das Outeste, das man haben kann! Aber so out ist es dann eigentlich auch wieder nicht...“ In Zeiten von zusammengecasteten Hitparadenstürmern blickt der ehrliche Berliner Musiker erwartungsgemäss etwas traurig drein. „So etwas bereitet mir natürlich Schmerzen. Ich sag immer: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Wer Fussball spielt, soll das machen und nicht singen! Es ärgert mich einfach, dass solche Sachen so viel Zuspruch finden.“ Könnte man Peter denn beim PunkStars-Casting im Berliner Kaufhof antreffen? „Wenn ich keine Band hätte? Ich denke, auch dann nicht. Eine Band entsteht anders. So etwas macht man einfach nicht!“ Klingt moralisch, bestätigt aber auch nur die Existenz von wahrem Underground-Spirit und lässt Hoffnung, dass es noch wahrhaft ehrliche Musiker gibt. Und die Beatsteaks gehören dazu. Und das ist auch gut so.Aktuelles Album: Living Targets (Epitaph)
Weitere Infos: www.beatsteaks.com