Was passiert, wenn man mit einem frisch eingetüteten Majorlabelvertrag sein viertes, selbstbetiteltes Album ins Regal der Händler stellt, dann wie aus heiterem Himmel Gold fürs Album, Platin für die Über-Single ´Still´ an die Wand hängen darf, die auch zum meistgespielte deutschsprachigen Stück des Jahres 2011 wird und sich einen Radio-ECHO verdient? Wenn man gefühlte 300 Tage im Tourbus auf Achse ist und von einer Fernsehshow zur nächsten weiter gereicht wird? Man hat sich irgendwann leer gespielt. Genau so ist es Jupiter Jones ergangen.
Fangen wir von vorne anFür Jupiter Jones ist die Zeit gekommen, die nächste Platte nachzulegen. Und der Beginn dieser Arbeit ist von Zweifeln geprägt.
„Was sonst, natürlich sind da Zweifel“, steigt Gitarrist Sascha Eigner ins Gespräch ein, „und die Frage, ob wir daran anknüpfen können, an das, was wir mit dem vierten Album geschaffen haben? Es war auch deshalb so unglaublich schwierig überhaupt anzufangen. Wir haben halt überhaupt keine Lieder geschrieben, die letzten paar Jahre. Und da starrte ich erstmal auf eine leeres weißes Blatt Papier, was immer größer wurde?“
So tut Sascha Eigner das, was er immer tut wenn es um Musik für eine neue Platte geht, er sagt sich „Fangen wir von vorne an“ (Textzeile aus ´Rennen und Stolpern´). Bei Jupiter Jones ist es schon kreative Tradition, dass er die Musik zuhause vorbereitet, sie dann dem Sänger Nicholas Müller schickt, der sich dazu einen Text überlegt.
„Anschließend geht das Ganze in einer ganz schlechten Qualität mit programmiertem Schlagzeug und so, so lange hin und her, bis es steht. Dann wird es in den Proberaum geschickt und mit Bass und Schlagzeug am Arrangement gefeilt.“
Die Zweifel sind immer noch nicht endgültig zerstreut und die Zeit im Proberaum zieht sich und zieht sich. Druck kommt auf. Massiver Druck.
„Ich habe mir ständig versucht einzureden, dass kein Druck da ist und dass ich mir keinen Druck machen will“ spinnt Sascha Eigner den Gesprächsfaden weiter, „doch der ist ständig da, immer im Nacken und gibt es auch kein Mittel ihn loszuwerden. Aber selbst der Versuch „Still No.2“ zu machen, was ja totaler Blödsinn wäre, der wird auf jeden Fall scheitern. All’ das weiß man und man muss einfach probieren, so in den Modus reinzufinden, wie wir das bisher immer gemacht haben.“
Schließlich taucht der Produzent Wolfgang Stach, der auch schon die Erfolgs-CD produzierte im Probenraum auf und verordnet Tapetenwechsel. „Wir haben dann zugestimmt“, fährt der Gitarrist fort, „wir wurschtelten schon so lange im Probenraum rum, uns rauchten die Köpfe und wir kamen nicht wirklich weiter. So sind wir einfach ins Studio gegangen und haben losgelegt.“
Hier kommt die Erleuchtung
Im Studio war die Inspiration wieder voll da. Urplötzlich. Ob die Textzeile „Hier kommt die Erleuchtung“ (aus dem Stück „Treppenwitz“) wirklich im Studio entstand, ist nicht überliefert. Gepasst hätte es.
„Wir haben dann im Studio dann wirklich noch gute Sachen gemacht“, erinnert sich Sascha Eigner, „und das sage ich, ein Typ, der am liebsten alles vorher total klar hat. Ich bin der absolute Perfektionist. Aber diesmal hat es einfach anders funktioniert.“
Diesen plötzlichen explosiven Aufbruch, den strahlt auch jedes Lied der Platte, jeder Buchstabe atmet dieses neue Vertrauen in die alten Fähigkeiten von Jupiter Jones.
„Wir haben vier tolle Alben gemacht und ich wusste im Studio auf einmal keinen Grund mehr, warum wir jetzt nicht auch ein fünftes tolles Album machen könnten. Ich finde, das super funktioniert. Und sogar die große Plattenfirma war zufrieden.“
Das kann sie mit Fug und Recht auch sein. Schließlich sind auf der Platte solche Rockknaller, wie ´Denn sie wissen was sie tun´ zu finden, der auch gleichzeitig die Jupiter Jones-Tradition der kreativen Kooperationen fortsetzt. Aber das Stück ist auch für Jupiter Jones ein ganz besonderes Statement.
„‚Denn sie wissen was sie tun’ ist ganz bewusst eine Rocknummer“, stellt Sascha Eigner klar, „Jupiter Jones ist und bleibt auch eine Rockband. Das wollten wir deutlich machen. So sehr wir „Still“ mögen, mögen wir auch unsere poppige Seite. So gern wir Night Of The Proms und solche Geschichten gemacht haben, ist Jupiter Jones immer noch eine beinharte Rockband.“
Doch einfach nur zurück alten Wurzeln ist für Jupiter Jones keine Option. das Album ist bunt gemischt, wie immer. Aber konsequent fortgeführt, ohne sich einer bestimmten Richtung anzubiedern. Aber zurück zu den Kooperationen, da hat bei ´Denn sie wissen was sie tun´ jede ihre eigene kleine Geschichte.
„Wir hatten gleich die Idee, man könnte sich doch zu einem Wortgefecht herausfordern“, legt Sascha Eigner weiter los, „am besten sogar mit jemandem, der nicht aus dem Rockgenre kommt.“
All die schönen Sätze
Tja, wer soll sie denn nun singen, all die schönen Sätze (Textzeile aus ´Alles was ich weiß´)? Zumindest niemand, der sich nahe liegend oder vorhersehbar in den Klangkosmos von Jupiter Jones schleicht.
„Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatsteaks beispielsweise, der hätte sogar gepasst, aber genau das wäre ein bisschen langweilig gewesen. Ich mag die Beatsteaks total gerne, das Offensichtliche aber nicht so“, gibt Sascha Eigner zu bedenken, „die Wahl fiel auf Ferris MC. Er ist halt ein Megatyp, so sympathisch. Gleich als er ins Studio kam, waren wir sofort auf einer Wellenlänge. Und was er auch im Video geliefert hat, zeichnet ihn einfach nur als tollen Schauspieler aus.“
Dann ist da noch der unglaublich hohe Refrain im Stück ´Denn sie wissen was sie tun´ - was also tun?
„Nicholas Müller hatte seine liebe Müh’ und Not damit. Er hatte anschließend eine hochrote Birne und einen Puls von 280“, lacht Sascha Eigner, „da musste eine andere Lösung her. Da wir die Kooperation mit Jennifer Rostock letztes Jahr schon mal hatten, haben wir gewusst, das ist genau ihre Lage und würde super passen. So haben wir sie angefragt und sie hat einfach Bock gehabt. Wir fanden das sehr charmant, mit so einem ungewöhnlichen Special loszulegen. Genau eben nicht das, was die Leute vielleicht erwartet haben.“
Aber hätten die Leute ´Still´ von Jupiter Jones erwartet? Eben! Und wenn man sich jetzt die gesamt Platte ganz in Ruhe von Anfang bis Ende durchhört, dann ist es eine Jupiter Jones-Platte. Nicht mehr und nicht weniger. Aber das genau ist die hohe Kunst dieser Band, dass sie sich vom Erfolg nicht korrumpieren lässt und einfach sie selbst bleibt. Das zählt. Sind nicht viel zu viele Bands in diese Erfolgsfalle getappt und nicht mehr aus ihr entkommen. Doch da ist etwas, dem widmen sich Jupiter Jones so, wie sie es in der Vergangenheit nie getan haben, ihrer Bühnenshow.
„Über eine Bühnenshow haben wir uns nie Gedanken gemacht. Wir haben die neuen Stücke, die es auf die Setlist geschafft hatten eingeprobt und sind dann losgefahren. Mehr nicht“, erklärt Sascha Eigner, „die Dimensionen sind jetzt aber ganz andere, so haben wir in Bremen vor 2.500 Leuten gespielt. Dafür ist unser Konzertauftritt bisher nicht ausgelegt. Zum ersten Male werden wir für die kommende Tournee auch ältere Stücke umarrangieren. Auf jeden Fall werden diese Stücke auf der nächsten Tour anders klingen. Es geht dann live um gute Unterhaltung, um ein Bühnenbild, um Licht und um adäquaten Klang.“
Und mit all dem untermauern Jupiter Jones , dass ´Denn sie wissen was sie tun´ nicht nur ein x-beliebiger Liedtitel ist, sie wissen es wirklich!
Aktuelles Album: Das Gegenteil von Allem (Columbia/Sony Music) Vö:
Foto: Sven Sindt