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QUICKSILVER

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Denovali versteht sich nicht zu unrecht als Label mit Anspruch. Auch wenn nicht alle Veröffentlichungen ganz große Kunst sind, versucht man von Bochum aus mit einigem Erfolg, die Ideen von z.B. Extreme aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Aktuell mit der dritten PIANO INTERRUPTED-CD "Landscapes Of The Unfinished"(Denovali/Cargo), die wohl überwiegend im Senegal aufgenommen wurde. Mit Westafrika haben die zwischen Schärfe und Verträumtheit agierenden Kompositionen zwar nur am Rande zu tun, dennoch finden sich Schönheit (zärtliche Linien von p, cl oder synth) und Gefahr (düstere drones, elektronische Störungen und dunkle KlangWände) hier in feiner Balance. 4
"Meshes"(Alien Transistor/Indigo) vom Notwist-Ableger JOASIHNO ist eine exotische Zwitschermaschine mit z.T. Glass-ischen Elementen. Will meinen, hier schlingt sich lieblich repitiertes Geklöppel um feingliedrige Synthfiguren, ohne dabei die Grundidee "Pop" zu erdrosseln. 4
Erstaunlicherweise ist BRIAN ENOs neues Album "The Ship"(Warp/RTD) "nur" nicht schlecht. Wenn im ersten der beiden langen Stücke Enos warme Stimme aus dem Vocoder dringt, erinnert das zwar angenehm an sein großes, inzwischen über 40 Jahre altes "I'll come Running To Tie Your Shoe", aber irgendwie fehlt hier die zwingende Kraft der früh(er)en Alben. Meditative soundscapes, eine kurze Klavieretude mit WK1-induziertem Text und das durchaus schöne, aber eben nicht epochale Cover von Lou Reeds "I'm Set Free" - auch die Suite "Fickle Sun" ist feine Musik, jedoch weniger als das, was man bei einer der raren Wortmeldungen des Meisters erwartet hätte. 3
JOHN CARPENTER ist nicht ohne Grund mehr Filmregisseur denn Musiker. Die LP "Lost Themes II"(Sacred Bones/Cargo) stellt dies mit 12 sequenzerbasierten Synth-Spielereien unter Beweis: als Untermalung für Gruselfilme OK, als eigenständige Kunst zu substanzarm. 2
Dass man - auch mit ganz traditionellem Ansatz - mit Synthesizern Großartiges anstellen kann, hat PETER BAUMANN schon vor 40 Jahren in seinen Tangerine-Dream-Zeiten gezeigt. Es hätte in eine Auferstehung der Legende münden können, als Baumann Anfang 2015 wenige Tage vor dessen Tod seinen Ex-Kollegen Edgar Froese traf. So jedoch musste er sich allein an seine "Machines Of Desire"(Bureau B/Indigo) setzen und ihnen 8 herrliche neue Stücke im alten Geist entlocken. 4
Nicht nur bei The Necks, auch solo überzeugt CHRIS ABRAHAMS stets. Ob sentimental am Klavier, fordernd die Verschränkungen etlicher Klangquellen durch den Rechner jagend (ganz groß "Receiver"!) oder sich konzentriert dem Zirpen der Membranen widmend, auf "Fluid To The Influence"(Room40) bietet der Australier jede Menge Entdeckenswertes. 4
Mit ARNAUD REBOTINI & CHRISTIAN ZANÉSI treffen zwei Generationen elektronischer Musik aufeinander. Der eine ist in der akademischen Welt von Pierre Schaeffers GRM zuhause, der andere durch Techno geprägt. Die Wechselwirkung von Elektroakustik und Club kann durchaus spannend sein, auf "Frontières"(Blackstrobe Rec.) bleibt es leider bei scheinavantgardistischer Jahrmarkt-Knöpfchendreherei. 3
Wie inspirierend ein entsprechender Maschinenpark auch sein kann, zeigen uns die Turiner NIAGARA auf "Hyperocean"(Monotreme Rec.). "Escher Surfers" ist eine Art scharf gewaschener Funk4.0, anderes wühlt tief in den Schaltkreisen und fördert mikrotonale Schätze ans Licht. Wobei man immer "Pop" mitdenken darf, "Experiment" sogar muss. 3
Eine ähnliche KlangWelt besiedelt AMUTE mit "Bending Time in Waves"(Humpty Dumpty), allerding wendet sich hier die avancierte Elektronik zuweilen deutlich in Richtung ShoegazeGitarrenPop. Der fast 9minütige Titelsong ist da eine Art Zusammenfassung: schwebende Kontemplation wechselt mit harschen Riffs und übermütige drums mit fragilen Effekten. 4
VAGUE kommen aus Wien und spielen kompromißfreien Indiewave, wie wir ihn in den frühen 80ern liebten. Innovationsarm, aber gut gemacht, lässt "In The Meantime"(Siluh/Cargo) alte Menschen nostalgisch werden, während es die Jugend wohl zur Tanzfläche treibt. 3
Das "s/t"(PH37 SoundLab/Code 7 Music) Debut der Italiener KAOUENN hingegen bleibt mit seinem mal böse-düsteren, mal halbgar-aggressiven Elektrogeschmurgel entbehrlich. 2
TATUM RUSH präsentiert auf "Guru Child"(Pulver Und Asche) einen seltsamen Hybriden aus Prince's FutureFunk, SiSo(Neo)Folk, Disko und sogar etwas Blues. 3
SEGOs "Once Was Lost Now Just Hanging Around"(Dine Alone/Republic Of Music) ist beschwingter PlastikElektroPop, inkl. Animal-Collectivistischem Heulen und Lachanfall. 3
Der hypernervöse FalsettPop von FOG ist auf "For Good"(Totally Gross National Product) besonders in seinen düsteren Momenten gar nicht übel. Andrew Broder sollte die Ideen von z.B. "Cory" tiefer ausformulieren, den zum dröhnenden drumcomputer atemlos vorgetragenen Sprechgesang von "Trying" eher nicht. 3
Auch bei THE LINES zischt die drummachine: zwischen synthetische Klappereien und Klangfetzen wird etwas Gesang gequetscht, was "Hull Down"(Acute Rec.) manchmal zu einer Art Gary-Numan-clone werden lässt. 3
SLOW STEVE lieben Pop, das verrät jede Note ihrer "Adventures"(Morr/Indigo). Zwischen dezentem crooning, sonnigem uptempoPop ("Bali"!) und verwaschenen Synth-Gitarren-Drums-Fegern geht hier weit mehr als einiges. 4
HERMETIC DELIGHT mögens (noch) verzerrter und bauen auf die hallende Kraft der My-Bloody-Valentine-Schule. Dazu ein nicht uninteressantes Schlagzeug und rätselhafter Damengesang: fertig ist "Vow"(October Tone/Musicast). 4
Auch die kanadischen GREYS haben es gern heftig. "Outer Heaven"(Carpark) ist tatsächlich (post)"punk in the 21st century", voller Energie, ohne Parolen, aber mit Kraft. Geschrei und Raffinesse. 4
"I Need You Now"(Long Tale Rec.) meint TERESA MASCIANA. Ich möchte da nicht zustimmen, denn ihr druckvoller (Power)Pop ist nicht unangenehm, aber doch farblos. 3
Das kann DANI SICILIANO besser. Gleich mit dem ersten Stück auf der neuen "s/t"(Circus Company/RTD) CD bezaubert ihre hier zwischen Soul und einem kneeplay aus "Einstein On The Beach" pendelnde Stimme. Es geht packend weiter, akzentuierte Klavierakkorde treten neben sauber ausarrangierte beats, dazu Bläsereinschübe und Elektronik - alles sehr stimmig und organisiert. 4
JENNIFER WARNES ist nicht nur die Frau mit dem berühmtesten Regenmantel der Welt (in blau), sondern auch heute noch eine faszinierende (Mainstream)Sängerin. "The Well"(BMG Rights) erschien 2001 nur in den USA und wird nun, sehr zu recht, auf den deutschen Markt gebracht. Inkl. Tom-Waits-Cover und sehr schönen, im besten Sinne zeitlosen eigenen Liedern festigt hier eine großartige Künstlerin ihren Ruf. 4
JULIANNA BARWICK hat diesen Bekanntheitsgrad noch nicht erlangt, dazu ist sie vielleicht auch etwas zu sperrig. Gleichwohl haben die ambient-verhallten Schichtungen ihrer Stimme auf "Will"(Dead Oceans/Cargo) unbedingt Charme. 3
TROY VON BALTHAZAR gibt sich auf "Knights of Something"(Siluh) zwar weniger krachig, aber keinesfalls weniger spannend als zu Chokebore-Zeiten. Um (s)eine (E)Gitarre strickt er fragile SongMonster, deren Tiefe sich allerdings erst im zweiten Durchlauf erschließt. Dafür hat diese Platte das Potential, nicht schon nach einigen Wochen wieder aus dem Regal zu verschwinden. 4
Diese angespannte Relaxtheit müssen sich INUTILI erst noch erschwitzen. "Elves, Red Sprites, Blue Jets"(Aagoo) lebt von scheppernden drums und orgiastischen Gitarrenfeedbacks, von pulsierendem Krach und (kurzen) Psychedelic-Ausflügen. So geht Prog für Punks! 4
Wer lieber zu Blasmusik hüpft, ist bei "Happy Machine"(Koolarrow Rec.), der neuen CD vom DUBIOZA KOLEKTIV, richtig. Ob Rai oder Reggae, Balkan oder Celantanos "24.000 baci" - hier wird zum stampfenden Offbeat alles durch die Stromgitarren/Trompeten-Mühle gedreht. 4
Runterkommen kann man sehr schön mit "The Ladies of Too Slow to Disco"(How Do You Are?/RTD) aus der von DJ Supermarkt kuratierten Reihe mit - dieses Mal ausschließlich weiblichen - Wiederentdeckungen aus den manchmal etwas speckigen Ecken des 70er-Jahre-Plattenschranks. Rickie Lee Jones "Chuck E's In Love" kennen wohl die meisten - solchen Sound gibt’s hier 45 Minuten lang. 3
Gefährlicher und die Partystimmung dämpfend könnte "Hungarian Noir"(Piranha/Indigo) wirken, werden hier doch insgesamt 12 Fassungen von "Szomorú Vasárnap" dargeboten. Das bei uns als "Gloomy Sunday" oder "Lied vom traurigen Sonntag" bekannte Stück von Rezső Seress trieb seit den 1930ern wohl schon so einige unglücklich Verliebte in den Freitod. Ob als schmalzige Sax-Rumba für den Klimax beim Seniorentanz (Trubaco) oder mit raps auf breakbeats (GOG), als Latin (Glenda López) oder in der fulminanten Fassung Billie Holidays - nicht nur Freunde von Rolf Schübels schönem Film zum Buch zum Song finden hier einen kleinen großen Schatz. 4

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