„Guided By Voices sind wie eine Zeitschrift: Du weißt schon vorher immer ziemlich genau, was du erwarten kannst“, sagt GBV-Mastermind Bob Pollard im Gespräch mit der Westzeit und meint damit in erster Linie großartige Songs am laufenden Meter. Rund 700 Stücke umfasst die Song-Database auf der Band-Website [www.gbv.com], und kein Jahr nach der großartigen LP „Universal Truths And Cycles“, die das Ende der fetten Majorjahre und die Rückkehr zum langjährigen Labelpartner Matador und zu selbstproduzierten Werken signalisierte, fügt der Mann aus Dayton, Ohio, seiner beeindruckenden Discographie mit „Earthquake Glue“ ein weiteres Glanzlicht hinzu.
Noch dazu eines, das ohne große Hintergedanken entstand. „Ich mag es, Songs im ersten Versuch aufzunehmen“, erzählt Pollard. „Ich versuche, alles so schnell wie möglich zu machen, damit gar nicht die Zeit bleibt, mein Tun in Frage zu stellen. Als wir unseren Majorvertrag bei TVT und teure Producer und den ganzen Scheiß hatten, wurden wir in ein Studio geschleift, um Demos aufzunehmen. Dabei hatte ich immer das Gefühl, dass wir die hätten veröffentlichen sollen, weil wir die ursprünglichen Emotionen des Songs dann später nicht noch einmal einfangen konnten.“ Kein Wunder also, dass das neue Album direkt und spontan klingt. Vorhersehbar ist es dennoch nicht. Eine Vorliebe für psychedelische Klänge hatte Pollard zwar schon immer, trotzdem weiß „Earthquake Glue“ soundtechnisch zu überraschen. „Gelegentlich haben sich da auf jeden Fall einige Mod- und Motown-Blues-Einflüsse breit gemacht“, räumt Pollard ein. „Das neue Album ist ein wenig fokussierter, mit konventionelleren Stücken, die zwei bis drei Minuten lang sind. Die letzte Platte hatte lange Songs, kurze Songs, kleine Fragmente und Akustiknummern – sie war ein bisschen unberechenbarer.“Dass die Songs dieses Mal mehr als auf den letzten Alben britisch inspiriert sind, scheinen auch einige Promofotos nahezulegen, die der amerikanische Star-Knipser und frühere Sub-Pop-Hausfotograf Michael Lavine von Guided By Voices geschossen hat. Auf den Bildern sieht man die Band in Anzügen und Mänteln auf Motorrollern sitzen und grimmig in die Kamera starren. „Quadrophenia“, wir kommen? „Die Idee stammt von Michael Lavine. Er mag Guided By Voices und er mag The Who, und ich denke, er hört bei uns stärkere Who-Einflüsse heraus, als wirklich vorhanden sind. Es gibt schon einige Songs, die nach The Who klingen, wie „She Goes Off At Night“ oder „Secret Star“, aber wir stammen ja aus dem Süden von Ohio, fast aus Kentucky, und wenn du von dort kommst, hast du einfach keinen Draht zu dem ganzen Mod-Ding. Michael wollte uns trotzdem unbedingt als Mods verkleiden. Letztendlich haben wir uns für einen kantigeren Look entschieden, wir sehen ja fast wie Gangster aus. Was auch ziemlich witzig war: Nate Farley, unser Gitarrist, wollte mit einem der Roller, die wir für die Fotosession gemietet hatten, noch eine Spritztour machen, und was ist passiert? Er hat ihn zu Schrott gefahren!“ Vielleicht hätte Mister Farley es bei der Reparatur ja mit etwas vom guten „Earthquake Glue“ versuchen sollen? So musste er für den Schaden bezahlen, aber auch das hat sein Gutes: Um das Defizit zu decken, kommen Guided By Voices noch im September für vier Shows nach Deutschland!
Weitere Infos: www.gbv.com Foto: Matador/Beggars