Im Hause The Vines bevorzugt man Arbeitsteilung. Während Sänger Craig Nicholls die Songs schreibt und auf der Bühne den Frontman mimt, überlässt er die Gespräche mit der Presse gerne einmal Schlagzeuger Hamish Rosser und Bassist Patrick Matthews. Letzterer hat inzwischen eine Methode entwickelt, ganztägige Interviewmarathons für sich angenehm zu gestalten, wie die ansehnliche Aufreihung leerer Kölsch-Flaschen vor ihm beweist. Vor allem, weil das vor ihm versammelte Flaschenpfand ihn keineswegs davon abhält, während des Treffens mit der WESTZEIT in Köln noch kurz ein Fläschchen Multivitaminsaft mit Wodka zu mixen.
"Wir machen diese Interviews, nur weil wir müssen", gibt Patrick folgerichtig und unumwunden zu. "Bei der ersten Platte fanden wir es noch spannend, über uns selbst zu reden. Es war richtig aufregend. Da hatte ich auch noch viel mehr Theorien auf Lager. Jetzt gibt es nicht mehr viel, was ich gerne verbreiten möchte." Aber auch wenn die Umstände für das Gespräch mit Australiens derzeit wohl erfolgreichstem Musikexport angenehmer hätten sein können, ein Gespräch war uns "Winning Days", das zweite Album des durch Gitarrist Ryan Griffiths komplettierten Quartetts, allemal wert. Zitatkräftig wie schon beim Erstling "Highly Evolved", liefern The Vines mit dem Nachfolger nun eine muskulösere Platte ab, die mit einigen psychedelischen Anwandlungen und einer ganzen Menge hymnischer Rockbretter aber durchaus zu gefallen weiß. Das Album klingt im Gegensatz mit vielen Zweitwerken ähnlicher Bands ganz und gar nicht hingeworfen und unüberlegt. "Ich denke, das war genau das Richtige für uns", sagt Patrick zu der Entscheidung, das neue Album direkt im Anschluss an die letzte Welttournee und größtenteils live im Studio aufzunehmen. "Für eine Band wie uns ist es nicht verkehrt, einfach zu sagen: 'Let's do something! Lass uns ins Studio gehen.' Ich finde, diese Herangehensweise hat den Songs gut getan. Dafür, dass wir die Platte so gut wie live aufgenommen haben, klingt sie doch recht üppig."Am Mischpult saß - wie bei "Highly Evolved" - auch dieses Mal der durch seine Tätigkeit für Beck, Elliott Smith und Guided By Voices einschlägig bekannte Rob Schnapf. Nachdem The Vines sich während der Aufnahmen zur ersten Platte in Los Angeles fast aufgelöst hätten, sprach die Band dieses Mal ein striktes Kalifornien-Verbot aus und nahm das Album im renommierten Bearsville Studio in einer entlegenen Ecke des Staates New York auf. Trotz der ländlichen Umgebung konnte die Band auch dort ihre neuen Songs auf ihre Stadion- und Open-Air-Tauglichkeit testen, wie Hamish grinsend verrät: " Wir haben in einer umgebauten Scheue aufgenommen, und manchmal haben wir das Scheuentor geöffnet und mit Blick auf ein riesiges Feld gespielt, um den typischen Festival-Vibe zu erzeugen. Es gab allerdings kein Publikum, sondern nur ein paar Kühe und Schafe!" Aber nicht nur bei den Aufnahmen haben The Vines aus den Fehlern rund um das - aller Probleme zum Trotz bekanntlich ungemein erfolgreiche - erste Album gelernt: "Unser Manager Andy ist immer bei uns, und er passt ganz genau auf, was funktioniert und was nicht, um es in Zukunft besser zu machen. Wir halten uns da weitestgehend raus. Andy führt sämtliche Diskussionen in unser aller Namen", erklärt Hamish. "Er ist vermutlich gerade jetzt am Telefon und sagt: 'Nein, The Vines spielen keine Radioshows in den USA mehr. Sie haben's schon mal gemacht, und es war SCHEISSE!"
Weitere Infos: www.thevines.com Foto: EMI