interviews kunst cartoon konserven liesmich.txt filmriss dvd cruiser live reviews stripshow lottofoon

A CAMP

Sanft, aber gewaltig

A CAMP

Acht Jahre ist es her, dass uns Nina Persson, Niclas Frisk und Nathan Larson alias A Camp mit ihrem bisher einzigen Album beglückt haben. „Colonia“ heißt der nun erscheinende, ganz ausgezeichnete Nachfolger, auf dem das schwedisch-amerikanische Trio, das auf illustre Karrieren mit The Cardigans, Atomic Swing bzw. Shudder To Think zurückblicken kann, den Americana-Twang des selbstbetitelten Debüts gegen einen urbaneren, aber gleichzeitig auch ausschweifenderen Sound eingetauscht hat. Auch emotional sollte das Album mutiger und offener sein, nachdem das erste eher wehmütig und introvertiert war.

„Ich hatte keine Ahnung, wie man eine Platte wie diese aufnimmt“, gesteht Niclas, als wir die gut gelaunte Band in Hamburg treffen „aber genau das war der Ansporn, es zu versuchen.“

War das erste Album von einer klar abgesteckten musikalischen Ära und damit von einem recht kurzen Kapitel der Musikgeschichte inspiriert, sind die Einflüsse dieses Mal stilistisch wie zeitlich breiter gefächert.

Nicht zuletzt, um nicht von den unendlichen Möglichkeiten erschlagen zu werden, griff das Trio auf die gleichen Mitstreiter wie beim Erstling aus dem Jahre 2001 zurück.

„Wir haben in den letzten Jahren einfach nicht viele neue Freunde hinzugewonnen!“, versucht sich Nina augenzwinkernd an einer Erklärung, doch der wahre Grund ist ein anderer. Weil Drummer Kevin Marsh (früher bei Shudder To Think und Guided By Voices), Joan Wasser und Jane Scarpantoni an Violine und Cello und Mark Linkous von Sparklehorse an der Gitarre dem Debüt hörbar ihren Stempel aufgedrückt hatten, konnten sie nun gemeinsam mit den „Neuzugängen“ – unter anderem Nicolai Dunger, Anna Ternheim und James Iha – dafür sorgen, dass „Colonia“ trotz der langjährigen Veröffentlichungspause ein echtes Nachfolgealbum wurde. Eines, mit dem A Camp die schwer zu beschreibende besondere Note des Erstlings nicht völlig außer Acht lassen, aber dennoch Neuland betreten. Eine gesteigerte Theatralik rückte dabei dieses Mal ebenso in den Fokus wie das Interesse an großen Gesten. Dandyismus trifft auf Popmusik, weshalb die Band den Sound ihres neuen Werkes selbst gerne als Powder Pop bezeichnet. „Colonia“ ist sanft, aber gewaltig.

Soulig angehauchte Bläser, einschmeichelnde Streicher und geradezu gospelig anmutende Chorstimmen haben A Camp deshalb über ihre neuen Songs gestreut, und die sanfte Puderschicht lässt manchmal fast vergessen, dass die Texte oft vom Pech in der Liebe handeln. Dabei sind Nina und Nathan seit Jahren verheiratet und augenscheinlich auch ziemlich glücklich.

„Ja, das sind wir!“, bestätigt Nina. „Ich denke, das kommt daher, dass wir durch die Songs ein Ventil für all die dunklen Gedanken haben. In diese versetzen uns beim Schreiben der Songs so sehr hinein, dass wir sie später nicht mehr selbst ausleben müssen. Weil wir uns so oft diese düsteren Szenarien ausdenken und so viel darüber sprechen, spielen sie sich ständig in unseren Köpfen ab, und wir laufen gar nicht erst Gefahr, sie zu durchleben.“

Dennoch schauen die drei auf den Promofotos zum neuen Album ziemlich angespannt drein. Doch was ist das eigentlich für eine Pressekonferenz, bei der A Camp dort zu sehen sind? Nina hat eine ausführliche Erklärung parat:

„Gemeinsam mit den Leuten, die das Cover gestaltet haben und die auch für das Foto verantwortlich sind, haben wir die Idee eines virtuellen Staates namens Colonia entwickelt. Wir sind die drei Oberhäupter, aber auch die drei einzigen Bürger des Staates. Mit der Presskonferenz stellen wir uns unserer Verantwortung, denn wir sind unglaublich korrupt. Deshalb schauen wir so schuldbewusst aus der Wäsche. Während des Fotoshootings wurden uns übrigens tatsächlich Fragen gestellt, wir haben das Ganze also wirklich durchgespielt.“ –

„Leider ist es uns nicht erlaubt zu sagen, wo Colonia genau liegt“, ergänzt Nathan. „Es ist nämlich noch ein großes Gerichtsverfahren in Den Haag anhängig, und bevor kein Urteil gesprochen ist, dürfen wir nichts weiter dazu sagen.“

Müssen sie auch gar nicht, schließlich können A Camp mit ihrem neuen Album und den nach Ostern folgenden Konzerten einfach ihre wunderbare Musik sprechen lassen!

Aktuelles Album: Colonia (PIAS)


Weitere Infos: www.acamp.net Foto: PIAS

Auch von Interesse
› Tonträger › Fear No Jazz › JAZZJANZKURZ - V.A. (2024-05-01) ‹‹
› Tonträger › Fear No Jazz › JAZZJANZKURZ - V.A. (2023-10-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › JAMES YORKSTON, NINA PERSSON AND THE SECOND HAND ORCHESTRA - The Great White Sea Eagle (2022-12-01) ‹‹
› Tonträger › Singer/Songwriter › AGLAJA CAMPHAUSEN & THOMAS FALKE - Underwater Calling (2022-02-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › QUICKSILVER - QUICKSILVER (2019-10-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › QUICKSILVER - QUICKSILVER (2014-02-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › A CAMP - Colonia (2009-03-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › A CAMP - Colonia (2009-03-01) ‹‹
› Tonträger › Rock & Pop › LYGIA CAMPOS - Meu Nome è Brasil (2008-08-01) ‹‹
› Tonträger › Fear No Jazz › BORIS KOVAČ & LA CAMPANELLA - World After History (2005-06-01) ‹‹


April 2009
A CAMP
BILL CALLAHAN
DOVES
KILIANS
PETER, BJORN AND JOHN
SELIG
THE THERMALS
TOWER BLOCKS
TRASHMONKEYS
YUCCA
‹‹März Mai››