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KERSTIN DECKER

Eine kleine Geschichte des Windes

KERSTIN DECKER

(Berlin Verlag, 254 S., 22,00 Euro)

Kerstin Decker verehre ich schon lange, in ihren literarischen Biografien (u.a. Heine, Lasker-Schüler, Andreas-Salomé, zu Reventlow) kann ich immer wieder versinken. Der lakonische, dabei hochintelligente und durchweg kompetente Stil, die immer wieder durchscheinende politisch-weltanschauliche Positionierung und das umfassende Interesse darf man bei jedem von Deckers Büchern bewundern (ihre tagesaktuellen journalistischen Arbeiten kenne ich als Fast-nie-"Tagesspiegel"-Leser leider kaum). Aber schon bei ihrem letzten Werk, der "Geschichte des Menschen – Von einer Ratte erzählt", fielen einige Schatten auf das Decker-Denkmal. Die werden nun größer, denn jetzt versucht sich Kerstin Decker an einer "Geschichte des Windes". Eine kleine musste es sein, das hatte sie ihrem Verlag versprochen und dass die gründliche Recherche weitaus mehr als das tatsächlich verarbeitete Material zutage förderte, zeigt sich nicht nur an den öfter mal etwas holprigen thematischen Sprüngen in dieser stürmischen Kulturgeschichte (da musste dieses noch untergebracht werden und jenes auch, selbst wenn das erste noch gar nicht auserzählt war). Und schnell musste es anscheinend am Ende auch gehen, denn einige (wenige) FlüchtigkeitsFehler entgingen der Korrektur lesenden Autorin wie auch dem Lektorat. Trotzdem, dass der Wind (mit)verantwortlich für die Entdeckung der WeltWeite (Kolumbus & Co.) ist, scheint augenfällig, wird hier aber fein herausgearbeitet und untersetzt. Dass der Wind (in dem Decker auch den "Urkommunisten" und "großen Gleichmacher" sieht) für soziale Segregation sorgt, ist auch nachvollziehbar (wir summen dazu "East End boys and West End girls"). Andere Tagesordnungspunkte sind Windkraft und Luftschifffahrt, "windige Typen" und "Ruach, der göttliche Hauch" – Vogelflug und Pesthauch nicht zu vergessen. Ein bunter Blumenstrauß aus vielen EinzelThemen, die mehr oder minder gut vom Wind durchweht, diesem manchmal aber auch etwas arg bemüht ausgesetzt werden. Wer bin ich, der großen Kerstin Decker einen Rat zu geben – ich tu’s trotzdem: Bitte vertiefen Sie sich beim nächsten Projekt doch wieder in eine biografische Arbeit! Vorschläge wären Gerhart Hauptmann oder Valeska Gert, Erich Mühsam oder Emmy Hennings, gern auch Rilke oder Gabriele Münter.
Weitere Infos: www.piper.de/buecher/eine-kleine-geschichte-des-windes-isbn-978-3-8270-1492-4

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