mikrotext, 131 S., 18 EUR
Letztens trafen sich an einem lauen Septemberabend einige Leute in (bzw. zunächst vor) einer Buchhandlung hinter dem Parochial-Friedhof im Prenzlauer Berg, die meisten erstaunlich (besser erfreulich) jung (jung in Bezug auf das übliche Buchlesungspublikum). Im Laden mit dem schönen Namen "Viel Gluck mit die Bücher" war ein "mikrotext-Abend" angekündigt und um das hier nicht noch länger ausufern zu lassen, beschränken wir uns auf die Feststellung, dass Anton Artibilov der Held des Abends war. Der 27jährige Leipziger las "Das Geheimnis von Joe Camel" aus seiner in Nikola Richters feinem Kleinverlag erschienenen und zweifellos grandios betitelten Geschichtensammlung genau so, wie der Text auch geschrieben ist: scheinbar zwanglos und beinahe "schnodderig", dabei aber genau überlegt und sowohl technisch wie dramaturgisch mit sehr viel FeinGefühl eingerichtet. Tipp- und Rechtschreibfehler gehören da zum künstlerischen Ansatz, ob nun als tatsächlicher Tasten(aus)rutscher (Artibilov veröffentlicht vieles zunächst in online-posts) oder als kalkuliertes Stilelement und Logik und Stringenz sind höchsten sekundär wichtig (in "keanu reeves" treibt er das Prinzip des sich immer wieder neu widersprechenden Texts auf die Spitze; wie nebenbei flektiert er dort auch das Verb "aufwachen" in starker Beugung zu der gewollt falschen und damit perfekt zum Text passenden Wendung "mein Vater wuch jeden Tag um 5 Uhr auf"). Da kann eine Geschichte auch aus einem einzigen Satz bestehen, der zudem nicht viel länger ist als der Titel. "Debussy Forschungszentrum" geht jedenfalls so: "Das erinnert mich an eine Situation, die mir mal im Debussy Forschungszentrum passiert ist." Fertig, bzw. fertich. Da kann man schmunzeln und weiterlesen. Oder überlegen, ob einem "eine Situation" überhaupt "passieren" kann. Und was in einem "Debussy Forschungszentrum" denn geschieht. Wer forscht dort? Woran genau? ...usw. usf. … Oder man liest eben schon wieder – noch immer schmunzelnd – weiter: "symbolistische Kurzgeschichte" – "Ellis Island" – "Hunger und Müdigkeit sind Zustände, gegen die man sich entscheiden kann" und dann ist das kleine, aber wunderschöne Buch zu Ende. Und man kann, ja muss wieder von vorn anfangen. Lang lebe Artibilov!Weitere Infos: www.mikrotext.de
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