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QUICKSILVER

V.A.

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"mondchateau" heißt das 4. Album des Hamburger 3ers UNHAPPYBIRTHDAY. Ich kann mit diesem bei den Hanseaten gerade schwer angesagten semi-ironischen BefindlichkeitsPop wenig anfangen, die Verweise, die das Info listig in Richtung Sade, Heaven17 oder gar Postcard streut, gehen für mich am (hier hohlen) Kern vorbei. Ja, Gregor Lehner veredelt "Burgund" mit einer schönen, tatsächlich leicht Pale Fountains-haften Trompete, mir ist diese Musik aber trotzdem zu inhaltsarm und prätentiös. 2
Da liegt der Waschzettel-Autor von "Love Your Work" (beide Tapete) mit seinen Vergleichen schon richtiger. Dr Feelgood, Wire, Gang Of Four, PIL, John Cooper Clarke und Mark E. Smith lassen sich bei EIGHT ROUNDS RAPID aus Southend-on-Sea klar heraushören, man darf gerade wegen des, äh, Gesangs auch gern noch die Sleaford Mods hinzufügen. Ein simpler, aber schwer groovender und von tiefhängenden Gitarren getriebener Beat, dazu der mit für Menschen ohne britischen Pass unerreichbarer cool- und dirtyness hingerotzte, äh, Gesang – so geht klassischer PunkyPubRock aus Essex. 4
Aus London kommt das IndieNoiseElektroPop-Unternehmen FUSE BOX CITY, das bei mir allein schon mit der handgemachten Verpackung seiner Promo-CD punktet. In der Siebdruck-Tuschkasten-Unikat-Hülle stecken 5 verschliffene Songs, die sich zwischen klickerndem Experiment, verstrahlter DownBeatBar und dröhnender RockBühne weder entscheiden müssen noch wollen. Mit "Bendy One" haben die Damen und Herren sogar eine seltsam hypnotische AvantBallade locker aus dem Arm geschüttelt. "Shine On"! 4
Die BLKLSTRS aus Leeds machen dann gar keine Gefangenen mehr, ihr "Fantastic Man" (A Tant Rêver Du Roi) vibriert vor lauter NoiseRockPower. Brachial scheppernd und voller Energie. 4
Der mit schlichtem SequenzerPunk unterlegte hypnotische Sprechgesang von Lisa Jayne könnte eine "working class"-Fassung der TonKunst einer Danielle de Picciotto sein. Ältere Semester wird das Ganze auch an die große Anne Clarke erinnern, so daß man den Titel der jüngsten CD des von Jayne gemeinsam mit drummer/soundartist Andy Pyne betriebenen Projekts MAP71 auch als Verneigung vor jener dunklen ElektroChanteuse verstehen kann. Manche Zeile frisst sich ins Hirn (z.B. das Mantra "the harem / is a liquid / embracing a powder" aus dem opener "Cyanide White"), aber auf Dauer ist "Turn Back Metropolis" (Foolproof Projects/Fourth Dimension) etwas zu eintönig geraten. 3
Viel spannender ist der reduzierte NoiseDub, den TVII SON, ein Trio aus Berlin und Kiew, auf seiner "s/t"-CD (M.I.C.) produziert. Flo Zimmer (Saroos, Driftmachine, Ellicist, ISO68 uvm.) und Mika Shkurat bauten die rauen ElektroSounds, über die Lucy Zoria ihre oft mehr gesprochenen denn gesungenen Worte gießt. Aus tiefen SynthBässen und harten Samples, knappen Sequenzen und auch einer guten Prise Pop-Appeal basteln die drei kratzig-freundliche underground-tunes, die eure Aufmerksamkeit unbedingt wert sind. 5
Auf höchst angenehme Weise verwirrend ist "To Feel Embraced" (Temporary Residence) von SPARKLE DIVISION, einem StudioProjekt, hinter dem zumindest ich niemals den ExperimentalElektroniker William Basinski vermutet hätte. Sein junger StudioTechniker Preston Wendel brachte mit seinen Ideen den Meister tatsächlich dazu, selbst zum Saxophon zu greifen und über zarte LoungeFetzen und hektische DrumBeats z.T. herrlich schmierige SaxLinien zu legen. Manches klingt nach karibischer Bar-Exotik, anderes nach dekonstruiertem BluesStomp. Einige Stücke erinnern an die grandiosen Orb-Scheiben der frühen 90er und an manchen Stellen scheint auch der anarchische KlangKryptiker, als den wir Basinski eigentlich einsortiert haben, durch das löchrige Kleid aus CrazyDiscoStuff. Demnächst bestimmt der background in Ihrer Lieblings-Bar in Berlin-Mitte. 5
Die Kolumbianerin LUCRECIA DALT kennen wir als begabte KlangForscherin und auch aus der Monika-Werkstatt. "No era sólida" (RVNG Intl.) bewegt sich weiter auf dem Pfad der experimentellen Verschmelzung von Wort und Sample, von Vers und Klang – etwas, das besondere Konzentration erfordert, aber auch besonderen Genuß garantiert. 4
Zum Schluß noch ein Abstecher ins – dieses mal überschaubar große - Welt(Musik)Reich: OUMOU SANGARÉ ist nicht nur eine erfolgreiche Geschäftsfrau aus Mali (wenn uns das Infoblättchen nicht beschwindelt, hat die Dame von Autohandel bis Fischzucht schon alles mögliche gemacht), sondern seit vielen Jahren auch eine anerkannte Sängerin (obwohl sie keinem der klassischen Griot-Clans entstammt, sondern eher in der Wassoulou-Tradition steht), sogar Beyoncé hat wohl mal Samples aus ihren Songs verwendet. Ihr jüngstes Album heißt nicht umsonst "Acoustic" (No Format!), denn die packende Stimme steht genauso klar und nackt im KlangRaum wie die Gitarre, die Ngoni-Laute oder die Celesta, die Sangaré neben zwei Backing-Sängerinnen begleiten. In zwei Studionächten entstanden, merkt man den perfekt gespielten Stücken nicht an, dass sie ohne TechnikTricks als "one takes" konserviert wurden. Inhaltlich geht es der sanften Rebellin weiterhin um feministische Befreiung. Von Polygamie und Zwangsehe, Genitalverstümmelung und Ausbeutung generell. 4

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