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Der bisher ja in jeder Hinsicht eher mittelprächtige Sommer hat auch musiktechnisch noch nicht besonders viel zu bieten, aber einiges konnten wir doch aus der Kiste mit den Neuveröffentlichungen klauben, um es Euch hier ans pochende Herz zu legen.Z.B. das zwischen Grunge, PostPunk und MathRock pendelnde Italo-Duo RAISE. Deren selbstverlegtes Plattendebut "Crepa!" erfindet nichts neu, macht aber mit seiner überlegten Härte durchaus Spaß. 3
Das lässt sich auch von Dr. Monika Demmler sagen, die es auf der gleichfalls selbstverlegten CD "Lioness" unter dem wundervollen Nom de guerre STONY SUGARSKULL mit einer unterhaltsamen Mischung aus DreamPop und GaragePunk versucht. Vor knapp 30 Jahren war ich schwer begeistert von einer Band aus dem Raum Gießen, die schon damals Ähnliches versuchte. Die hießen Clark Kent On Krypton und haben den Durchbruch leider nie geschafft, wir wünschen Frau Dr. mehr Erfolg. 4
Soliden IndieRave im 90s-style liefert das in Manchester beheimatete Duo SCISSORGUN ab. Dave Clarkson war (mit einem anderen Partner) früher als Crispy Ambulance wesentlicher Bestandteil des Factory-Kosmos, was seine Spuren durchaus auch in dem schön beatlastigen, von seltsamen SampleSchleifen durchzogenen ChillOutAmbientRave auf "All You Love Is Need" (Aural Assault) hinterlassen hat. Auch für New-Order-Fans geeignet. 5
Eher anstregend und angesichts der hier anzulegenden Maßstäbe sogar etwas unspektakulär fand ich "Crossfade Estate"(Klanggalerie), die neue Platte des alten This-Heat-Helden CHARLES HAYWARD. Er hat mit einigen Freunden im November 2005 mal 10 Stunden Musik aufgenommen, dann monatelang mit dem Material gearbeitet und so schließlich eine knappe Stunde Destillat gewonnen, das den MinimalArtJazz von This Heat mit dem ExperimentalRock seiner nächsten Band The Camberwell Now und jeder Menge weiterer Einflüsse vermischt. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich zwingend. 3
Der Trompeter und Ambient-Pionier JON HASSELL ist auch schon seit Jahrzehnten aktiv, sein jüngstes Werk trägt den sprechenden Namen "Seeing Through Sound" (Ndeya) und beschreitet den "Fourth World"-Pfad konsequent weiter. Meditativ, aber auch mal groovy, dazu Unterwasser-artige soundscapes, knirschende Samples und einige schön verrückte Collagen. 4
Der Perkussionist EUGENE UGHETTI entstammt der kleinen, aber sehr umtriebigen ImproAvantJazz-Szene Australiens, ist (va. mit dem von ihm geleiteten Ensemble Speak Percussion) aber auch in "klassischen" Avantgarde-Kreisen unterwegs. Und genau diesen Spagat zwischen Hochkultur und KellerExperiment macht er auch auf seiner CD "Agglomeration Of Measurement" voller Kompositionen verschiedener australischer TonSetzer, die Schlaginstrumenten-Klänge mit elektronisch erzeugten vermischen. Besonders schick: das von Alexander Garsden geschriebene "Tremolo", in dem einem Computer (oder doch einem heftig manipulierten Becken?) Töne wie von einer Glasharmonika, sirrendes Pfeifen und stehende Wellen entlockt werden, die bei aller Ruhe und Zurückhaltung eine enorme Wirkung entfalten. 4
Allein auf sein Moog-System verlässt sich ein anderer australischer Minimalist. TODD ANDERSON-KUNERT schichtet auf "Past Walls and Windows" (beide Room40) zarte SynthSchwingungen aufeinander, niemals zuviel, aber auch nie zu wenig. Ohne jeden Beat flirren hier Töne aus allen Frequenzbändern durch die Lautsprechermembranen – ein kraftvolles Werk voller Entspanntheit. 4
CHRIS WATSON und GEORGIA RODGERS teilen sich die LP "Notes from the Forest Floor / Line of Parts" (SN Variations). Watson huldigt mit seiner sirrenden WaldSuite (viele der eingebauten field-recordings stammen von Tieren aus dem Regenwald Costa Ricas) dem großen Giacinto Scelsi, wogegen Rodgers sich auf der von scheppernden RasselSounds zu SynthDrones changierenden B-Seite wieder den oben beschriebenen Room40-KlangWelten nähert. 4
Gäbe es nur die A-Seite, wäre PHILIP CORNERs "Chord/Gong!" (Unseen Worlds) nicht viel mehr als ein nettes Stück Klavier gewordener Impressionismus. Aber die mit Carles Santos gemeinsam eingespielte 2. Hälfte der LP besteht aus einem grandiosen drone, aus einem allseitigen tiefen Rauschen und Schwirren, unter dem (vermutlich) sogar ein Klavierakkord vergraben liegt. Nicht ohne Grund trägt "Gong!" den Untertitel "Transcription For Low Strings". 5
CONRAD SCHNITZLER war einer der großen Freidenker eletronischer Musik, der Beuys-Schüler und Zodiac-Arts-Lab-Gründer war wesentlich am der wilden Tangerine-Dream-Debut beteiligt, hat angeblich Kraftwerk ihren ersten Synthie besorgt, mit Kluster KrautRock (mit) angeschoben und natürlich als Solist Unmengen von Kassetten und Platten veröffentlicht. Bureau B veröffentlicht jetzt seine erste auch international vertriebene Solo-Platte "Con" von 1978 wieder, ein ziemlich verschrobenes Stück Elektronik zwischen ZischelBeat, SynthKlopfen und ElektroNoise, das man nicht mit seiner kommerziellen NDW-Parodie "Con3" verwechseln darf. 4
Mit FRANK BRETSCHNEIDER erhält ein weiterer renommierter Vertreter der nächsten ElektronikGeneration die Gelegenheit, sich im Rahmen der "Con-Struct"-Reihe mit SCHNITZLERs Vermächtnis konstruktiv-kritisch auseinander zu setzten. Der AG Geige-Gründer speiste sein ModularSystem mit Schnitzlers über Jahrzehnte aufgenommenen akustischen Notizen, um dann den Versuch zu starten, daraus eine fließendes GesamtKunstWerk zu formen. Und tatsächlich fügen sich die manchmal spröden Schnipsel unter den Händen des großen AbstractTechnoMinimalisten zu einem bunt flirrenden, aber auch streng durchorganisierten KlangKosmos. 5
GUNTHER WÜSTHOFF war anno 1971 Mitgründer der Kraut-Legende Faust und hat seine musikalischen Ideen über all die Jahre auch immer wieder konserviert. Auf dem satztechnisch fordernden "[to/digi]tal" (alle Bureau B) versammelt Wüsthoff nun einige dieser Skizzen aus den Jahren 1997-2007. Was zuerst wie ein kaputtes Faxgerät klingt, geliert in "Dragon Walking" zu einem schönen SequenzerSpiel mit Xylophon(?)Sounds, in "Alien Crosstalk" zu ebenso netten SprachFetzenSchleifen und "Just Seventeen" ist eine nicht herausragende, aber doch solide, vom nett gebrochenem Rhythmus diktierte SynthKlamotte. 4
Und für die Sommerferien-Autofahrt zum Baggersee mit Kind und seinen Freunden kann ich die beiden natürlich vom Autoren gelesenen Geschichten "Das Neinhorn/Der Tag, an dem Opa den Wasserkocher auf den Herd gestellt hat" (Silberfisch/HörbuchHamburg) empfehlen. Känguru-Geschichten-Ausdenker MARK-UWE KLING schreibt bzw. spricht (und musiziert) auf seine unvergleichliche Weise hier zwar eher für Kinder, das aber mit dem gleichen anarchischen Humor und der Freude an Wort-Spielen und -Verdrehungen. Folgt dem Neinhorn, dem Na(H)und, dem Was-Bär und der KönigsDoch!ter aus ihrer ZuckerWatteWaldWelt! 4
Rock & Pop
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