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THE FALL

Auf der Höhe der Zeit

THE FALL

Es gibt eine Konstante in der 34jährigen Bandgeschichte von The Fall. Eine einzige. Der grandios verrückte Mark E. Smith ist von Beginn an dort Sänger und Bestimmer. In dieser Zeit hat er mal locker über 50 Musiker verschlissen. Und seit der Gründung von The Fall 1976 wurden Generationen von Künstlern beeinflusst.

Ungewöhnliche Kontinuität

So ist sein Statement zur aktuellen Produktion „Your Future Our Clutter“ geradezu sensationell: „Ich habe die neue Platte mit den gleichen Musikern aufgenommen, wie die letzte.“

Das waren bei „Imperial Wax Solvent“ seine Frau Elena Poulou an den Tasten, Dave “The Eagle” Spurr am Bass, Peter “P.P.” Greenway an der Gitarre und Keiron Melding am Schlagzeug. Rücksicht auf Formate haben The Fall nie genommen. Auch diesmal nicht. Bis zu knapp acht Minuten sind die Stücke lang. Woher nimmt Mark E. Smith bloß die permanente Inspiration?

„Ich habe und hatte noch nie Probleme Texte zu finden und Musik zu komponieren. Ich liebe es geradezu, Stücke zu schreiben“, stellt er unmissverständlich klar, „doch vor den Aufnahmen zur aktuellen Platte hatte ich mir mal wieder die Hüfte gebrochen, da habe ich im Krankenhaus Bücher gelesen. Über Wellingtons Feldzug in Spanien beispielsweise. Das hat mich inspiriert oder auch Tageszeitungen aus Manchester. Allerdings nur die aus Nordmanchester. Die anderen taugen nichts.“



Auf Pillen und Altbier

Deutsche, hoch dosierte Schmerzmittel halfen mit, die Aufnahmen an der CD „Your Future Our Clutter“ überhaupt erst zu ermöglichen und schließlich fertigzustellen. Und doch dauerte es für Mark E. Smith viel zu lange:

„Mensch, wir haben fast acht Monate an der Produktion gearbeitet. Sonst haben wir die Dinger in knapp drei Monaten rausgehauen. Und ohne die deutschen Pillen wäre gar nichts gegangen.“

Die für Mark E. Smith schmerzhafte Seite, hat für die Hörer eine sehr sympathische. Oft wird gleich die erste Aufnahme eines Stücks genommen. So bleiben den Liedern die aufregende Rohheit und Ungehobeltheit und ihre volle Schönheit erhalten. Was er bei den Aufnahmen nicht gebraucht hat, ist andere Musik gewesen.

„Ich habe meine Konsequenzen daraus gezogen, dass ich vor einer ganzen Weil bereits feststellen musste, dass die von mir gehörte Musik schlechter und schlechter wurde“, echauffiert sich Mark E. Smith, „würde ich darüber auch noch darüber nachdenken, würde es mich ganz vom eigenen Musikmachen wegbringen.“

Was er noch weniger mag, als andere Musik, sind Musikmagazine. „Bitte, warum soll ich die lesen, die sind doch genauso inhaltsleer, wie die Musik, die ich nicht mehr höre“, bekennt er ganz freimütig, „sollte wirklich mal etwas wirklich Wichtiges drinstehen, dann wissen das meine Frau und die restliche Band. Und die erzählen es mir dann.“

Aber an einen frühes musikalisches Schlüsselerlebnis, daran kann sich Mark E. Smith noch deutlich erinnern:

„Das ist ewig her, so Ende der 60er, oder war es schon zu Beginn der 70er? Da hatte ich eine Kassette, die ich ständig nebenher gehört habe“, erinnert er sich, „dann ist sie irgendwann zerbrochen, da wusste ich, was ich an The Groundhogs hatte. Deren Stücke waren nämlich da drauf.“



Wild und zügellos

Die Spur vom Blues-Rock von The Groundhogs lässt sich durchaus bis zu den neuen Stücken von The Fall verfolgen. Mal knarzig klingend, mal knurrend und wuchtig vorwärts drängend. Mal mit Surfgitarre, dann wieder messerscharf geschliffen. Mal mit Anleihen vom Rockabilly. Doch egal, ob es noch zusätzlich brummt oder fiept, ein Anrufbeantworter lärmt, ob die Töne verschleppt werden oder ob sie drauflos galoppieren, alle Musik ist Leinwand, welche von der unverkennbar charismatischen Schnodder-Stimme von Mark E. Smith bemalt wird. Wild. Zügellos. Überraschend. Wiederholend. Manchmal springt der ihm ureigene bittere Zynismus fast physisch spürbar aus den Liedfarben. Dann wieder mutet die stimmliche Pinselführung fast zärtlich umarmend an. „Your Future Our Clutter“ ist die intensivste Platte von The Fall seit langem. Es ist nahezu unmöglich, sich ihrer Berührung zu entziehen.

Aktuelles Album: Your Future Our Clutter (Domino / Indigo)

Foto: Jesse Jenkins

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