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BOBO IN WHITE WOODEN HOUSES

Transparent (e) in der Sonne

BOBO IN WHITE WOODEN HOUSES

Berlin erlebt den ersten wirklichen Frühlingstag des Jahres und genau wie ich ist auch Bobo deutlich zu warm angezogen. Zudem ist sie erkältet und deshalb vor der für den Abend anstehenden Record-Release-Party ziemlich nervös. Wir setzen uns aber erstmal in die herrliche Nachmittagsonne, ziehen die Mäntel aus, trinken Kaffee und beginnen das Gespräch doch mit den "alten Zeiten".

Wie war das, als du Anfang der 90er - zumindest im Osten - so schnell zum Star wurdest?

“Es war auf alle Fälle schön, man hat das noch nicht so gespiegelt. Ich hatte zwar schon immer etwas Angst vor Interviews, aber das Musikmachen und Sich-im-Radio-Hören war herrlich.”

Kam mit dem schnellen Erfolg nicht auch der Druck, des Gefühl einer kommerziellen Zange?

“Das ist das Klischee von dem was man denkt, was passiert. Ich hab mich da ziemlich frei davon gehalten. Im Gegenteil, ich habe mich - zu meinem Schaden - überhaupt nicht für das Musikbusiness interessiert. Ich habe mich immer auf's Musikmachen und Singen selbst konzentriert. Auch wenn ich ein gutes Management hatte, muss ich nachhinein sagen, es hätte mir ganz gut getan, wenn ich mich selbst mehr darum gekümmert hätte.”

Nach einer längeren Pause begannen etwa ab 2000 die fast noch interessanteren Projekte: Saal 3 und vor allem "Lieder von Liebe und Tod" - deine Interpretationen von Volksliedern. Ist dieses Thema ausgelotet oder bleibt es die "andere" Seite von dir?

“Das ruht im Moment, weil ich jetzt erstmal meine ganze Kraft und Energie auf die Band und das neue Album konzentriere. Aber ein 2. Album ist auf keinen Fall ausgeschlossen - eher eine Frage der Organisation. Wir drei wohnen ja recht weit auseinander, die Saxophonistin hat gerade ein Kind gekriegt... Aber das kann durchaus wieder auflodern.”

Das alles ist aber nicht der Grund, weshalb wir uns heute treffen. Der heißt "Transparent": Ist diese CD ein Neuanfang?

“Das ist wieder ein Neuanfang, ja. Mein Leben ist gespickt mit Neuanfängen. Das ist wie in der Liebe auch. Manches geht richtig und Jahre lang und manches geht wieder andere Wege, muß aber deswegen nicht schlecht gewesen sein. Du findest neue Musiker und ein Team ist ein Team. Ich habe "Transparent" nicht als remake geplant, im Gegenteil: Davor hatte ich immer Angst, weil man sich dann auch immer dem Vergleich mit der Vergangenheit aussetzt. Wir spielen zwar auch wieder ein paar alte Songs, doch ich bin immer diejenige, die dann rumknauselt. Aber die Jungs haben mich überzeugt, dass das auch 'ne Höflichkeit dem Publikum gegenüber ist. Die Gewichtung liegt natürlich auf dem Neuen., der zweite Teil des Konzerts ist dann eine Reminiszenz an die alten Tage, aber mit einem Augenzwinkern.”

Ihr spielt wieder in Fast-Originalbesetzung, jedoch mit Jan Stolterfoht als neuem Gitarristen. Ich habe mich anfangs etwas schwer getan mit seinem Sound, mir war das fast "zuviel".

(Entrüstet) “Der ist wundervoll! Ich finde mich überhaupt nicht dominiert von der Gitarre, im Gegenteil. Ist doch wunderschön.” (Nach dem abendlichen Konzert sehe ich das übrigens endgültig genau so. Der Mann ist genial!)

Du hattest ja auch mal eine elektronische Phase, etwa mit dem 95er Album "Cosmic Ceiling", nun diese Rück-besinnung auf Rock. Wo kommt das her?

“Wahrscheinlich so eine generelle "back to the roots"-Tendenz. Nachdem man alles mögliche ausprobiert hat, weiß man selbst auch besser, was einem steht. In dieser Besetzung ist der glückliche Fall eingetreten, dass wir total auf Augenhöhe miteinander musizieren. Jan hat genau meinen Nerv gefunden. Ich mag's ganz gerne, wenn's rau ist und kracht und ich mag das Zarte, das Transparente. Lustigerweise hat "Transparent" ja auch zwei Bedeutungen. Es ist das Zarte, Durchsichtige, aber auch ein Schild, das man hochhält und sagt: Hier - das ist meine Meinung.”

Die süßen Melodien fliegen dir einfach so zu...

“Ach, Melodien sind gar kein Thema. Texte sind ist das, was richtig Arbeit macht. Melodien mach' ich dir viele am Tag. Das ist wahrscheinlich mitgegeben.”

Und der Text ist stets in Englisch.

“Dabei bleibe ich. Wenn ich mit meiner Band da stehe und Englisch singen kann, das ist für mich die Verwirklichung meines Lebenstraums. Englisch ist meine Seelensprache. Man ist freier im Kopf: Jeder versteht ja mehr oder weniger Englisch, es ist also auch wichtig, was man sagt, aber es ist nicht so vordergründig.”

Dann setzt Du dich mit den Jungs hin und ihr feilt am Arrangement?

“Wir hatten uns auf Rügen einen alten Kinosaal gemietet, drei Sessions gemacht und sind mit jedem Mal der Sache näher gekommen. Im Studio haben Jan und ich dann zusammen aussortiert und geschmückt.”

Deine Tochter Camille ist bei einem Stück mit an Bord.

“Ja, heute abend auch - sie ist besser bei Stimme als ich.”

Will sie auch mal Sängerin werden?

“Also ich denke, entweder es ist deine Bestimmung oder nicht. Es gibt Leute, die wissen: Dazu bin ich auf der Welt. So war's bei mir und bei meiner Tochter könnte's auch so sein. Warten wir mal ab. Die Selbstverständlichkeit mit der sie das macht, habe ich nie hingekriegt, bis heute nicht.”

Würdest Du es ihr empfehlen?

(überlegt lange) “Ja.”

Aber bis Bobo das Mikro für immer weiterreicht, wird hoffentlich noch einige Zeit vergehen. Für den Augenblick freuen wir uns erstmal mit ihr. Über "Transparent" und den Frühling!

Aktuelles Album: Transparent (Motor / Rough Trade)



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