Eigentlich ist es ja ein Trauerspiel… Zum wiederholten Male wurde das Schaffen von Monster Magnet durch eine Eskapade des Teamcaptains unterbrochen. Eine Eskapade, die wieder einmal mehr schwächte, als sie stärken könnte. Erstaunlicherweise klingt das neue Album nicht sonderlich von diesen Vorkommnissen gezeichnet, sondern recht rund und ausgewogen, was nach dem Tourabbruch 2006 und der endlosen Stille danach nicht unbedingt zu erwarten war. Hören wir nach, wie Dave Wyndorf es diesmal erklären kann, dass die Band so gut arbeiten konnte.
Denn - wir erinnern uns - vor dem letzten Album „Monolithic, Baby!“ war die Situation nicht minder schwierig. Damals hatte Dave gerade seine Rhythmus-Sektion gefeuert, weil ihr der Idealismus abging. Das darauffolgende Album brachte die Band in alter Stärke zurück. Jetzt war es eine weitaus schwerwiegendere Schwächung: diesmal hatte der Chef selbst einmal wieder voll in die Scheisse gegriffen: Schlafmittel, Overdose, Tourabbruch, Totenstille, No Future! Eine Tatsache, die der gut gelaunte Chef beim Telefontermin fast schon verdrängt zu haben schien...„Ich hatte auf der Monolithic-Tour furchtbare Schlafstörungen und war viel zu sehr damit beschäftigt, mich um andere Dinge zu kümmern, die nichts mit der Tour an sich zu tun hatten. Anstatt mich auszuruhen und auf die Shows vorzubereiten habe ich mir lieber schöne Mädchen Europa angesehen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich nicht genug vom Leben hatte, weil ich halt Touren sollte und sonst nichts. Also war ich immer sehr lange wach und konnte irgendwann nicht mehr schlafen. Also ging ich zum Arzt und habe wirklich gute Pillen bekommen. Nun, ich hatte schon zuvor Erfahrungen mit Schlaftabletten gemacht, aber diesmal waren es wirklich gute! Ich konnte wieder erholsam schlafen, gute Shows spielen und nebenbei noch etwas vom Leben haben!“
Dave wirkt etwas verkrampft, aber sehr überzeugt. Ein bisschen wie diese Leute, die im amerikanischen Sell-A-Vision alles aufsaugende Super-Schrubber und bahnbrechende Messer-Sets verkaufen. Doch wie sich eine Pille im Körper auflöst, lösen sich im Gespräch plötzlich alle positiven Dinge zugunsten der Wahrheit auf:
„Letztendlich war ich süchtig nach den Dingern und war total davon gesteuert. Um davon wieder runterzukommen, braucht man schon einige Zeit. Ich habe leider niemandem davon erzählt und die Leute um mich herum einfach vergessen. Wir waren zu der Zeit schon wieder dabei, die neue Platte zu machen, die Jungs hatten schon alle Basic Tracks eingezimmert, als ich den Stöpsel ziehen musste: Ich konnte einfach nicht mehr und wusste, dass ich die Platte nicht ordentlich zu Ende bringen würde.“
Und schon ist die Brücke da zum Albumtitel, einer Eigenkreation Wyndorfs, wenn der Teufel scheinbar alle Kraft zusammennimmt, um einem übel mitzuspielen.
„Das ist meine Bezeichnung für Momente, in denen einfach alles auf einmal schief geht - und das in der schlimmstmöglichen Art und Weise.“
So stand Dave des morgens auf, um Songs zu schreiben. Doch außer dem Verlangen nach einer neuen Pille kam ihm nichts wirklich in den Sinn... So wurde letztendlich doch das alte Material fertig gestellt und wirkt heute frisch und stark wie eh und je - als wäre nichts geschehen. Womit wir wieder bei der Passion Dave Wyndorfs für ausgeklügelte Platten wären, denn hieran hat sich in all der Zeit nichts geändert. Wieder beschenkt der Meister seine Fans mit einer A- und einer B-Seite, mit purem Rock auf der einen und wunderbar abgedrehtem Stoff, der guten alten „Dopes To Infinity“-Zeiten gereicht, auf der zweiten Seite.
„Schön, dass dir das aufgefallen ist. Ich bin immer noch ein Riesenfan dieses Formats. Ein Album sollte immer mehr sein als eine reine Ansammlung von Songs. Erst die Reihenfolge macht es doch zu dem, was es hinterher ist! Es soll eine musikalisches Abenteuer sein, eine Reise, die von Punkt A zu Punkt B führt und den Hörer die ganze Zeit begleitet. In meiner Jugend, in den 70ern, haben das alle so gemacht und das hat mich schwer beeindruckt. Da ging es scheinbar nicht anders, aber für mich machte das immer Sinn.“
Also war es eine bewusste Entscheidung, die verschieden artigen Songs zu trennen?
„Zuerst sollten alle Songs kommen, gegen die niemand etwas haben kann!“, lacht Dave. „Alle, die dann ihren Rock-Hunger gestillt haben, können auf der zweiten Seite auch noch etwas mehr erfahren: The Monster Magnet Psyche-stuff!“
Das Bandgefüge erscheint gerade hier unendlich stark, obwohl in der Zwischenzeit viel gelitten wurde.
„Ich habe den Jungs mehr als einmal gesagt, dass sie mich rausschmeissen sollen! Die armen Kerle wussten ja von nichts und waren ziemlich sauer, aber haben letztendlich zu mir gehalten.“
Und tun es auch jetzt noch, obwohl Dave beschlossen hat, vorerst nicht mehr zu touren, weil er dann für nichts mehr garantieren kann.
„Die Jungs halten ihr Live-Bedürfnis mit anderen Projekten über Wasser, ich kümmere mich um andere Dinge.“
Und solange die so gut sind, wie das, was Dave und auch dieser Tage kredenzt, darf man gespannt sein, welche Formen das annimmt.
Aktuelles Album: 4 Way Diablo (Steamhammer / SPV)