Sind das wirklich Rilo Kiley? Das dürfte sich so mancher beim ersten Hören des neuen Albums der Kalifornier fragen. Ist das wirklich die Band, die einst im Death-Cab-For-Cutie-Umfeld bei Barsuk Records ihr Debüt veröffentlichte, dann bei Conor Obersts Saddle Creek für den Nachfolger anheuerte und auf ihrem großartigen letzten Album im Spannungsfeld von Indiepop, 70s-Songwriter-Pop und Country für Glanzlichter sorgte? Ja, sie ist es, auch wenn sich das neue Werk „Under The Blacklight“ auf einem komplett anderen Terrain bewegt.
Jenny Lewis, Blake Sennett, Pierre de Reeder und Jason Boesel vollziehen mit diesem Album den Sprung vom (Alt-)Rock hin zum Pop: Des Öfteren fühlt man sich an Fleetwood Mac erinnert, ein Song kommt auf Spanisch mit Latin-Flair daher, selbst die hier und da auftauchende Horn Section und die souligen Backing Vocals sind dem hörbar auf 80er getrimmten Sound angepasst. Bei unserem Treffen in Köln wollten wir von Frontfrau Jenny zunächst einmal wissen, ob sie selbst denn „Under The Blacklight“ für ein Album hält, das den Fans der ersten drei Platten des Quartetts gefallen kann? „Darum geht es uns nicht. Wir machen einfach die Musik, die wir machen wollen“, entgegnet sie ausweichend. „Einige Leute werden uns auf dieser Reise begleiten, andere nicht. Das galt allerdings auch schon für unsere bisherigen Platten: Wir haben stets ein paar Fans eingebüßt, aber mehr neue hinzugewonnen.“Der Weg hin zum glattpolierten, beatlastigen Popsound des neuen Albums wurde nicht zuletzt durch die Produzenten des Albums vorgezeichnet. Jason Lader und Mike Elizondo arbeiteten schließlich zuvor mit charttauglichen Künstlern wie Fiona Apple oder Jay-Z. „Beiden Produzenten lag die Rhythmusgruppe sehr am Herzen, und wir waren begeistert davon, die Erfahrungen, die sie auf diesem Gebiet mitbrachten, nutzen zu können“, bestätigt Jenny. „ In der Vergangenheit habe ich unglaublich viele wortlastige Songs geschrieben, bei denen das Fundament oft etwas zu kurz kam. Dieses Mal waren die Worte nicht so wichtig, es ging eher darum, simple Strukturen zu erschaffen, die dann ausstaffiert werden konnten.“
Ein Plan, den die Band auf „Under The Blacklight“ auch in die Tat umsetzte, zur Freude vieler Kritiker vor allem in den USA, wohingegen viele Fans Rilo Kileys ob des neuen Sounds doch etwas irritiert waren. Schließlich hatte es für musikalische Veränderung bei der Band bisher stets „Vorwarnungen“ auf der Konzertbühne gegeben, dieses Mal wurde dagegen kein einziger neuer Song vorab auf seine Livetauglichkeit getestet. Was zur Folge hatte, dass sich die neuen Kreationen schon nach wenigen Shows im Livekontext teils drastisch veränderten – und nicht zu ihrem Nachteil! „Da stimme ich voll zu“, gesteht Jenny etwas überraschend. „Mir gefallen die Songs, wie sie live klingen, auch besser. Als wir das Programm für die Konzerte zusammengestellt haben, wurde mir erst wieder bewusst, wie sehr ich diese Songs mag, nachdem wir so lange an der Platte herumgetüfelt hatten und am Ende ein wenig das ‚Jetzt sollten wir sie einfach endlich veröffentlichen’-Gefühl überhandnahm.“
Das klingt fast so, als würden Rilo Kiley bereuen, ihr Album in der jetzigen Fassung veröffentlicht zu haben! „Nein, die Platte ist jetzt da draußen, und wir werden sicher keine neue Fassung davon veröffentlichen. Sie ist, was sie ist – und wir werden ja noch weitere Alben machen!“ Und dass die ganz anders klingen werden als alles, was Rilo Kiley bisher gemacht haben, steht praktisch jetzt schon fest.
Weitere Infos: www.rilokiley.com Foto: WEA