Im Rahmen der Feierlichkeiten zur nun schon 3 Jahre zurück liegenden „Silberhochzeit“ des britischen Urgesteins erschien kürzlich mit „Live At Brixton Academy“ das CD-Äquivalent zur allseits beliebten „Boneshaker“-DVD. Die bereits vierte offizielle Motörhead-Live-Scheibe bietet altbekanntes und neue Kracher und zeigt erneut, dass die Band vor allem Live eine Macht ist. So verwundert es kaum, dass immer noch genauso viele Zuhörer den Sound des Trios zu schätzen wissen. Schön auch, dass Frontmann und Bassist Lemmy Kilmister kurz vor der anstehenden Europatour noch Zeit für einen kurzen Plausch am Telefon fand.
Das 25-jährige Jubiläum des Bestehens von Motörhead liegt nun schon fast drei Jahre zurück, und immer noch finden damit verbundene Veröffentlichungen ihren Weg in den Handel. Ist das nicht schon fast zu viel des Guten, dies immer noch zu feiern? Lemmy lacht herzhaft. „Nun, so etwas passiert halt nur alle 25 Jahre, also...! Ein toller Geburtstag, ich bin ziemlich stolz darauf.“ So gewissenhaft die Fans auch mit dieser Scheibe bedient werden, fällt ihm auch die Einordnung und Bewertung der bisherigen Live-Mitschnitte nicht schwer. „Das wichtigste Live-Album war ohne Frage „No Sleep ‘Til Hammersmith“, das uns um die ganze Welt gebracht hat, das beste ist wahrscheinlich das aus den Hamburger Docks („Everything Louder Than Everyone Else“) - ein volles Set mit wirklich gutem Sound und ohne Overdubs, und auch das ist ziemlich erstaunlich.“ Hat sich an den Shows mit der Zeit denn viel geändert? „Nun ja, mit jedem neuen Studioalbum streut man natürlich neue Songs ein, muss dafür aber auch andere, die den Fans gefallen, von der Liste streichen. Mein Gott, wir können halt nicht alles von allen 20 Alben spielen. Ich habe das Glück, in einer Band zu sein, die in ihrer ganzen Karriere das getan hat, was sie wirklich wollte. Wir haben einfach niemals jemandem erlaubt, auf uns Druck auszuüben.“ So auch nicht live. Als beim Anniversary-Konzert Lemmy die Menge fragt, ob ihnen gefällt, was sie hören, jubeln sie frenetisch. Als Gitarrist Phil daraufhin fragt, wie viele das neue, letzte Studioalbum besitzen, wurde es merklich leiser. „Das ist das alte Leid - wir sind immer noch im Jahre 1981 gefangen... damals hatten wir unseren großen Moment. Ich denke auch, dass wir heute besseren Stoff machen als in den sogenannten „golden days“. „Hammered“ war gut, „We Are Motörhead“ war riesig, möglicherweise eins der besten Motörhead-Alben überhaupt, „Sacrifice“, „1916“ und „Bastards“ - die waren alle großartig und mindestens so gut wie „Ace Of Spades“, aber die Kids kennen halt nur diesen einen Song und wollen ihn immer wieder hören.“ Heisst das im übertragenen Sinne, dass Motörhead keine Alben verkaufen müssen, um die Hallen zu füllen? „Ja, so ist es. Wir verkaufen nicht übermäßig viele Platten, und die meisten immer noch in Deutschland. Ihr habt unseren Arsch nicht nur einmal gerettet!“ Mit all diesen Erfahrungen im Rücken - würde Lemmy noch einmal genauso eine Band gründen wie damals? „Ich würde auf jeden Fall nicht so viel Zeit in beschissene Auditions für Mitmusiker investieren, sondern mir einfach welche nehmen! Eine Menge Bands aus unserer Zeit haben nie gelernt, miteinander in einem Bus zu wohnen, und das ist verdammt wichtig, glaub mir! Früher oder später musst du touren, die Leute wollen dich spielen sehen und nicht nur deine Platten hören. Und wenn du auf die Straße gehst ist es besser, wenn man sich gegenseitig mag! Bei 3 Monaten im Bus hat man nicht viel Freiraum.“ Lemmy lacht und scheint selbst verwundert über die Routine, die er sich mit der Zeit angeeignet hat. Zeit, in der er mehr unterwegs war und ist. Trotzdem steht in der Zukunft ein Solo-Album an. „Ich mache Songs mit all meinen Lieblingsbands, ich singe und spiele Bass und sie sind meine Backingband. Das wird dann auch mehr in dem Stil der betreffenden Bands sein. Eine wird Skew Siskin sein, mehr verrate ich jetzt nicht.“ Denn das fertige Album kann durchaus noch ein paar Jahre auf sich warten lassen, denn der Meister ist quasi ständig unterwegs. „Musiker sein ist mein Leben. Es ist nicht mehr das, was ich tue, sondern das, was ich bin. Ich weiss, dass ich ein Leben hatte, in dem ich nicht bei Motörhead spielte, aber ich weiss nicht mehr, wie es sich anfühlte. 28 Jahre sind eine verdammt lange Zeit... und bald sind es schon 29!“ Und in 10 Jahren? „Ich werde jetzt 58 Jahre alt, dann wäre ich fast 70, wäre cool, wenn wir immer noch Musik machen würden, auch wenn es ziemlich verrückt für diese Art von Musik in diesem Alter wäre. Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich Chuck Berry live gesehen habe, als er 61 war - und das war schon ziemlich furchtbar...“Aktuelles Album: Live At Brixton Academy (Steamhammer/SPV)
Weitere Infos: www.imotorhead.com