In gewisser Weise haben wir es ja immer schon geahnt – aber Chan Marshall beweist mit ihrem nunmehr bereits dritten Cover-Album, dass sie in gewisser Weise anhängig von der Musik ist. Wie auch schon das die diesbezüglichen Vorgängeralben „The Covers Record“ von 2000 und das „Juekbox“-Album von 2008 ist auch die Songsammlung „Covers“ wieder eine Art emotionaler Momentaufnahme und eine Art Innehalten, bis es dann wieder mit eigenem Material weiter geht. Wie üblich, finden sich hier Tracks, die sich aus dem Cat Power-Live-Repertoire herausgeschält haben – wo sie zum Teil schon seit Jahren zu finden sind. Auch sich selbst covert Chan wieder – indem sie ihren Song „Hate“ vom letzten Album mit leicht veränderten Text zu „Unhate“ macht. Es gibt dann aber auch eine Reihe von Songs, die eigens für dieses Projekt eingespielt wurden.
Wie üblich, haben die Songs musikalisch dabei kaum etwas mit den Originalversionen zu tun. Versucht Chan überhaupt, sich die Cover-Versionen die sie auswählt, Untertan zu machen?„Nein – das passiert einfach, wenn ich sie spiele“, überlegt sie, „das hat damit zu tun, dass ich keine Akkorde kenne. Wenn ich einen Song spiele, dann klingt der nie, wie das Original. Ich könnte das gar nicht – weil ich nicht weiß, wie man Instrumente richtig spielt."
Chan machte ja von Anfang an deutlich, dass sie nicht auf die klassische Weise lernen wollte, wie man Instrumente spielt. Wie funktioniert das denn in Zusammenarbeit mit anderen Musikern – denn „Covers“ wurde mit den Mitgliedern ihrer aktuellen Live-Band eingespielt?
„Ich bin ja nach wie vor eine Autodidaktin“, bestätigt Chan noch ein Mal, „mit meinen Musikern muss ich also viel reden und manchmal die Noten auch vorsingen – nanananana. So kann ich dann mit meinen Stimmbändern auch die Tonhöhe und das Tempo erklären. Manchmal singe ich die Songs auch zunächst in meinem Kopf – aber nicht immer."
Neben einigen Tracks, die Chan schon länger im Programm hatte – wie das aus ihrem eigenen Song „In Your Face“ herausgearbeitete „Bad Religion“ von Frank Ocean oder „White Mustang“ von Lana Del Rey (die Chan gebeten hatte, mit ihr auf Tour zu gehen) oder Kitty Wells' „It Wasn't God Who Made Honky Tonk Angels“, den Chan schon seit Jahren immer wieder spielte - finden sich auch einige unerwartete Nummern auf „Covers“. So zum Beispiel Bob Seeger's „Against The Wind“, das bestenfalls noch am Text zu erkennen ist.
„Das ist ein Lieblingssong von mir“, meint Chan, „wer mag den Song denn nicht, Dude? Wenn Du den Song nicht magst, dann stimmt etwas nicht mit Dir! Der ist einfach wunderschön. Die Sache ist aber die: Ich hatte keine Ahnung, dass ich diesen Song für das Album aufnehmen würde. Ich wollte mich eigentlich nur mit der Band ein wenig warmspielen. Ich habe gesagt: 'Nimm Deine Gitarre, setz Dich ans Klavier' - und dann bin ich von einem zum anderen gegangen und habe sie gebeten, dies und das auszuprobiert. Ich habe dann sozusagen die Musik dirigiert und dabei sind vier Songs entstanden. Dann bin ich in eine Stimmkabine gegangen - hatte aber keine Idee, was ich singen sollte und bin einfach spontan meiner Eingebung gefolgt. Das war das erste, was wir im Studio gemacht haben: Vier Songs erschaffen, zu denen ich mir dann spontan die Texte aussuchte. Die Songs waren – in dieser Reihenfolge - 'Against The Wind', 'I Had A Dream Joe' von Nick Cave, 'These Days' von Iggy Pop und 'You Got The Silver' von den Stones.“ (Letzterer ist dann nur als 7“ auf der Limited Edition LP-Version enthalten).
Nun – Musik hat ja sowieso ein gewisses Eigenleben.
„Korrekt – sehr gut“, pflichtet Chan bei, „das ist ein schöner Spruch. Aber wie meinst Du das genau?“
Nun – indem die Musik einem Künstler manchmal schon sagt, wohin die Reise gehen soll.
„Genau – so war das bei diesen vier Songs. Ich habe sie nicht bewusst ausgewählt, sondern sie mich. Ich habe die Sachen einfach gesungen, weil sie mir zu dem Augenblick in den Sinn gekommen bin. Mein Hirn hat gesagt: 'wie wäre es denn damit?' und ich habe es gemacht und bin dann zum nächsten Song gegangen."
Momentan hat Chan vor, im nächsten Sommer wieder auf Tour zu kommen – auch nach Europa. Falls das dann möglich sein sollte, wird sie dann auch wieder neue Songs schreiben?
„Die letzten Songs, die ich geschrieben habe, waren die Stücke, die ich für den Soundtrack von Sean Penn's Film „Flag Day“ beigesteuert habe“, berichtet Chan, „neue Songs kann ich gerade wegen meines Sohnes Boaz nicht schreiben. Er mag es nicht, wenn ich Musik zu Hause spiele und sagt – und ich zitiere – 'Mom ich hasse schöne Musik, weil sie mich traurig macht'."
Dann sollte Chan besser mal fröhliche Songs oder Kinderlieder schreiben.
„Das geht auch nicht“, ergänzt sie, „denn er mag keine Kinderlieder, sondern Punkrock, Postpunk und Hip Hop.“
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Aktuelles Album: Covers (Domino / Rough Trade) VÖ: 14.01.
Foto: Mario Sorrenti