Mit irgendwelchen Anekdötchen ihren Bandnamen betreffend braucht man Nick Wood und Kat Day gar nicht erst zu kommen. Natürlich weiß das inzwischen auch verheiratete Paar, dass es in Köln die unter dem Kürzel „KVB“ agierenden „Kölner Verkehrs Betriebe“ gibt, denn das weltweite Herumreisen ist Teil der Agenda des audiovisuell orientierten Cold- & Darkwave-Projektes. Nicht nur was die Wahl ihrer Heimatbasis betrifft – denn hier ging es vom heimatlichen Southhampton nach Berlin und von dort über Spanien nach Manchester ins heimatliche UK – auch, was ihre Tourpläne angeht, sind The KVB äußerst ambitioniert.
Für das nächste Jahr ist zum Beispiel – wenn die Pandemie es zulässt – eine Tour durch Europa, die USA und China geplant, inklusive eines Trips zu einem Festival in Ulan Bator in der Mongolei. Die Visuals zu ihrem Single-Track „Unité“ hingegen wurden von der Architektur japanischer Großstädte inspiriert (wo sich The KVB bei ihrer letzten Ostasien-Tour aufhielten), während der Titel „Unité / Unity“ mit dem von Le Corbusier in Marseille entwickelten Wohnhaustyp „Unité de habitation“ abgeleitet ist. Wissen oder verstehen muss man das alles aber nicht, um das von dem Indie-Spezialisten Andy Savours produzierte, siebte Studioalbum des inzwischen auch verheirateten Paares goutieren zu können.Gab es dann ein bestimmtes Ziel, als The KVB und Andy Savours ins Studio gegangen sind?
„Nun, eine Menge der Songs klingen, wie wir sie als Demo angelegt hatten“, meint Kat, „es war nur so, dass Andy ihnen eine Art Punk-College-Erdung verliehen hat."
In den Credits der aktuellen Videoclips wird ja gelistet, dass Andy Savours für das Programmieren der Drum-Patterns zuständig war.
"Ja, wir haben natürlich zusammen an dem Sound gearbeitet“, ergänzt Nick, „wir haben die Sachen diskutiert, uns Ideen zugeworfen und die Stücke zusammen aufgebaut, aber ich denke, es war dann Andy Savours Einfluss, der uns Perkussion und Drum-Elemente vorgeschlagen hat und das Klangbild deutlich ausgeweitet hat – denn wir verwenden ja normalerweise nur eine sehr minimale Drum-Machine."
"Na ja, wir hatten ja auch genügend Zeit für so etwas“, wirft Kat ein, „denn normalerweise arbeiten wir sehr schnell – aber in der Pandemie gab es ja sehr viel mehr Zeit für so etwas."
Gab es denn eine Lockdown-Situation für The KVB?
"Ja, wir haben sogar ein Live-Album veröffentlicht und einen Live-Stream gemacht. Wir waren ziemlich gut beschäftigt“, berichtet Nick. Dabei kam zupass, dass The KVB sich als audiovisuelles Unternehmen betrachten. Kat Day ist dabei für die Visuals zuständig.
"Den Live-Stream haben wir mit Computertechnik visuelle erweitert“, berichtet Kat, „wir sind dabei als Hologramme durch verschiedene artifizielle Landschaften gewandert und die Szenerie hat sich bei jedem Song geändert. Das war ganz interessant, denn die Kameras hatten eine Entfernungsmessung, mit der unsere Bewegungen im Raum auf die Hologramme übertragen werden konnten. Wir haben dafür Unterstützung vom Arts-Council bekommen. Die Sache ist dabei die, dass wir uns natürlich für all diese Clubs und Venues interessiert haben, die ja Mühe hatten, über die Runden zu kommen. Also habe ich angefangen, für den Arts-Council zu arbeiten und mich um Beihilfen für Clubs gekümmert."
Der Arts-Council – oder Kulturrat – ist dabei eine öffentliche Einrichtung des Ministeriums für Digitales, Medien, Kultur und Sport. (Was recht charmant ist, wenn man sich die Reihenfolge der Gewichtung der verschiedenen Bereiche anschaut – denn die ist bei uns in Deutschland ja im Grunde genommen genau umgekehrt – mit der Digitalisierung als Schlusslicht).
Inwieweit haben The KVB ihren Ansatz für dieses Album auf der musikalischen Seite geändert – denn im Vergleich zu der noch in Berlin entstandenen 2018er LP „Only Now Forever“ klingt das neue Werk doch deutlich lebensbejahender – und eben poppiger.
"Nun wir wollen ja grundsätzlich nicht stehen bleiben“, erklärt Nick, „wir wollen ja sowieso jedes Mal etwas anderes machen. Wir mögen es, Dinge zu verändern. Vielleicht machen wir das nächste Mal auch wieder alles ganz anders.“ „Wir wollten ja schon ewig mal ein Pop-Album machen und dieses ist es dann halt geworden“, ergänzt Kat – fügt aber gleich hinzu, „Pop-Stars sind wir aber deswegen noch lange nicht.“
Gibt es denn irgendwelche Ziele und Träume für The KVB die Zukunft betreffend?
"Nein eigentlich nicht“, meint Kat zögerlich – nachdem beide längere Zeit nachgedacht haben: „Ich fühle mich so glücklich, das machen zu können, was ich tue – mit meinem Mann durch die Welt zu reisen und Musik zu spielen."
"Wir haben jetzt 7 Alben zusammen gemacht“, ergänzt Nick, „alles, was jetzt noch kommt, ist einfach noch ein Bonus.“
Aktuelles Album: Unity (Invada/PIAS)
Foto: George Katsankis