Das diesjährige Stelldichein der avancierten elektronischen TonKunst verband einmal mehr Auftritte etablierter Genregrößen mit entdeckenswerten Überraschungen. Wenn man einem bürgerlichen Tagwerk nachzugehen hat, beschränken sich die Wahrnehmungsmöglichkeiten zwar etwas, aber bei der Uraufführung von Lucio Capeces "RX-11 Space Drum Machine" am Dienstag im HAU2 musste ich dabei sein. Verglichen mit früheren performances des SoundInstallateurs überzeugte diese Sinfonie für das Sirren an Luftballons schwebender Bluetooth-Lautsprecher und electronics aber nur bedingt, die namengebende drummachine war überpräsent und das penetrante Erdschlußbrummen des linken PA-Kanals störte die microtones doch sehr. Anschließend begleiteten in “Perspection” von Pierce Warnecke & Matthew Biedermann abstrakt-schöne sounds ebensolche visuals. Am Donnerstag beehrte Produzentenlegende Craig Leon das HAU1, um streichquartetgestützt eine anschmiegsame live-Fassung seines 81er-Albums “Nommos” zu inszenieren - die Konserve ist deutlich stringenter. Zuvor hatte jedoch der junge Pole Piotr Kurek vor einer Neonröhreninstallation wundervolle Konstrukte aus Zauberzwitschern, Sprachsampleknoten und einem sehr angenehmen Maß an Pfeifen und Rauschen zu einem kunterbunten Rhythmusspielplatz verdreht. An vielen anderen Orten gab es vieles anderes zu verpassen - im nächsten Jahr werde ich mir deshalb wohl ein paar Tage CTM-Urlaub genehmigen.
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