(Eagle Vision/Edel)
1970: da trug man noch Brillen, die spielend die Größer einer Taucherbrille erreichten. Miles Davis trug auch so ein waffenscheinpflichtiges Gerät. Und nicht nur das. Beim "Isle Of Wight"-Festival am 29. August 1970 führte er seine Trompete mit voller Absicht in den elektrisch geladenen Dschungel des Jazz ein. Damals ein ungeheuerer Frevel. Das Festivalpublikum zeigte sich begeistert. Das legendäre "Bitches Brew"-Album hatte einerseits die jazzfeindliche Hippieseeligkeit aufgemischt, die Person Davis änderte sein Aussehen und passte sich kleidungsmäßíg den Blumenkindern an: bunt und schrill. Man nannte ihn den "brillantesten Verräter der Jazz-Geschichte". Der brutale Schock seines Handelns zeigt sich in vielen Sequenzen der DVD, die auch jazzentwicklungsgeschichtlich einiges zu bieten hat: eine der Hymnen des Cool Jazz, nämlich "So What" in einer Show von 1964, einiges über das Album "Bitches Brew" und seine kontroversen Folgen, Interviews mit Begleitern und Kritikern des Musikers. Und natürlich, im Mittelpunkt, der 38minütige Auftritt des Miles Davis-Septetts mit Chick Corea, Dave Holland, Jack DeJohnette, Gary Bartz, Keith Jarrett und Airto Moreiea. Davis spielte nur einen Titel, und als er gefragt wurde, wie es heißt, antwortete er: "Call it anything". Nun, nennen wir es irgendwie und sehen, wie ein Musiker aus selbstverletzender Energie die Menschen zurückgewinnt und danach auf ihrer Sympathiewelle phantastisches vollbringt.4