Piet Meyer Verlag, 548 S., 44,70 EUR
Wer im Paris des Fin de siècle zwischen Lautréamont, Zola, Gauguin, Toulouse-Lautrec und Wilde als exotischer Irrer, Skandaleur und zugleich hochbegabter Schriftsteller galt, darf auch 100 Jahre später noch Relevanz einfordern. Der Schöpfer des "Per Ubu" und Erfinder der 'Pataphysik (die ich gern als "Wissenschaft von dem, was kommt, wenn schon alles da ist" beschreibe) war darüber hinaus ein begeisterter Radfahrer, Angler und Trinker. Weil er letzteres etwas übertrieb, war ihm nur ein kurzes, gleichwohl sehr intensives Leben beschieden. Dieses fand unter äußerlich prekären Bedingungen statt, aber realweltliche Annehmlichkeiten standen für Jarry nicht im Vordergrund (trotzdem ließ er sich ein seinerzeit exorbitant kostspieliges WC in seine Wohnung einbauen, als es seine "phynances" mal erlaubten). Brotchie, dem ausgewiesenen Fachmann für Dada-, Surreal- und ähnliche -ismen ist eine feingliedrige, hervorragend (mit z.T. bisher unbekanntem Material und Briefen) untersetzte, um zahlreiche Fotos und Grafiken ergänzte, anekdotenreiche und (damit) gut lesbare Biografie eines außergewöhnlichen Menschen gelungen, von dem viel mehr blieb als "merdre"!Weitere Infos: www.pietmeyer.ch