(AvivA, 331 S., 24,00 Euro)
Die "Überarbeitete Neuausgabe" dieser Annäherung an die immer ein wenig im Schatten von Andreas Baader und Ulrike Meinhof vermutete ist – soviel ist sicher – eine aufschlussreiche, verständige, einfühlsame und doch im notwendigen Maße kritische. Und schon allein deshalb zweifellos lesenswert. Gleichauf verzichtet in sehr angenehmer Weise auf zu viel banal Faktisches, auf zu viel Daten und Jahreszahlen, Mengen und Massen, sondern versucht, den Weg der vielfach so "gelabelten" schwäbischen Pfarrerstochter zur das eigene TextUniversum manisch durchkreisenden Gewaltbefürworterin auch und vor allem anhand primärer Quellen nachzuzeichnen. Dazu werden Briefe, Texte und Manifeste von Ensslin (bzw. ihr zugeschriebene aus dem Stammheimer RAF-"Info") untersucht, aber auch Interviews und Stellungnahmen von Menschen aus Ensslins direktem Umfeld. Interpretationen, Schlussfolgerungen und Ableitungen trifft Gleichauf mit großer Vorsicht, zu sehr schreckt sie die vermeintliche Gewissheit und behauptete Quellensicherheit der selbsternannten RAF-Experten von Aust bis Peters, die ja zuweilen den Eindruck erwecken, sie wären z.B. in der schlimmen "Nacht von Stammheim" die Mäuschen hinter der Scheuerleiste gewesen. Solcherlei Mackertum ist Gleichaufs Sache nicht, sie seziert – zuweilen vielleicht sogar etwas zu detailliert – vor allem die Sprache Ensslins. Sprache auch im Sinne von Sprech(/Schreib)weise - veränderte AusdrucksForm als Zeichen sich ändernden, sich radikalisierenden Denkens. Vor bzw. mit diesem Hintergrund lassen sich dem (vermeintlich) klaren Bild von der kalten TerrorHysterikerin doch noch neue Facetten entlocken.Weitere Infos: www.aviva-verlag.de/programm/wem-die-fragen-nicht-brennen/