Sie führen eine Beziehung auf Distanz. Lange Fahrten von Wiesbaden nach Berlin und gemietete Proberäume sind die Hindernisse, die sie überwinden müssen, um das zu machen, was ihnen wichtig ist: herzergreifend schöne Musik. Und die Ergüsse auf ihrem neuen Album "Secret Everything" zeigen, dass dies hervorragend funktioniert. Im Frage-Antwort-Spiel mit Sänger Derick und Gitarrist Max kam dann auch zu Tage, dass die 4 Jungs ohne einander nicht können.
Als Derick 1997 nach Bamberg kam, um im Rahmen eines Austausches Englisch an der dortigen Uni zu lehren, tat er sich zunächst mit 3 Jungs aus Hof zusammen, mit denen er einige Shows spielte. Im Laufe der Zeit wechselte das Line-Up, Derick und Martin (Drums) blieben übrig und Max und Olli kamen hinzu. Und so, wie Derick von ihrer Beziehung spricht, kann man es sich kaum anders vorstellen. "Ich denke, dass wir mit der Entfernung auf Grund dieser besonderen Freundschaft so gut klar kommen. Es ist gar nicht so unähnlich einem Paar, das durch eine große Entfernung getrennt ist. Wir sehen uns zum Teil einige Wochen nicht, und dadurch wird die gemeinsame Zeit kostbarer, es gibt auch nicht diese typischen Spannungen zwischen Rhythm-Section und Noise/Vocals-Section. Wir lieben uns und machen gern Musik miteinander. Wir mögen es, all diese bescheuerten Spielzeuge an Autobahntankstellen anzuschauen und nebeneinander im Tourbus zu sitzen." Dass die Jungs sich nicht nur menschlich, sondern auch musikalisch so gut verstehen, ist insofern besonders, als dass sie sehr unterschiedliche Vergangenheiten haben. Hierzu erzählt Max: "Für Olli und mich ist diese Platte sicherlich die ruhigste, an der wir je mitgearbeitet haben, da unser Background am ehesten Punk und Hardcore zuzuordnen ist. Aber das bezieht sich auf unsere Vergangenheit. Heute höre ich jede Art von Musik mit Ausnahme von Punk und Hardcore. Derick und Martin kommen eher aus der Indie-Ecke, aber auch für sie dürfte es ihre langsamste Platte sein. Diese Einflüsse spielten aber für die Aufnahmen auch keine Rolle. Wir wollten einfach die Wärme und Einfachheit der Songs beibehalten, die Derick auf der Akustikgitarre komponiert hat." Auf Rewika-Records, einem Label, dessen Co-Inhaber Max ist, und das durch ein stilistisch breit gefächertes Spektrum auffällt, sind Solarscape hervorragend aufgehoben. Mit Labelmates wie North Of America oder The Plan können sich Max und die anderen gut identifizieren. "Wir teilen ganz einfach eine Menge an Ideologie. Auch wenn wir völlig unterschiedliche Musik machen, schätzen wir uns als Menschen. Und ich glaube, dass jemand, der NOA mag, unsere Platte genauso mögen kann und umgekehrt." Der Aspekt des Menschlichen kommt auch in den Lyrics der Band stark zum Tragen. Die meisten Bands beantworten die Frage nach Inhalten damit, dass der Hörer seine eigene Interpretation finden soll. Derick meint dazu: "Auf der einen Seite ist das sehr ausweichend, aber man sollte einen Song in seiner Bedeutung auch nie zu stark eingrenzen. Das wichtigste ist für mich an den Texten, dass die Leute etwas bekommen, das sie auf sich beziehen können und das dazu dient, ihren Sinn für Menschlichkeit zu überprüfen. Ich weiß nicht, ob und wann das passiert, aber ich glaube daran. Meine Intention ist es, zu unterhalten, aber auch zu ermutigen." Solarscape glauben noch an den Geist des Indie-Rock bzw. das, wofür er einmal stand. Auch hier erkennt man, dass die Band sehr gemeinschaftsliebend ist. "Für mich bedeutet dieses Indie-Rock-Ding nicht, ein Superstar zu werden. Das interessante daran, Platten zu veröffentlichen und Konzerte zu spielen, ist der Kontakt zu so vielen unterschiedlichen Personen, seien es Veranstalter oder die Leute, die uns hören wollen. Es geht nicht darum, etwas perfekt zu tun, sondern darum, es menschlich zu tun. Gerade die Szene in Hamburg macht meiner Meinung nach einen sehr guten Job, indem sie diese Idee am Leben hält." Man könnte glauben, Solarscape seien nur im Auftrag der guten Sache unterwegs. Natürlich hat man aber, wie andere Bands auch, ganz gewöhnliche musikalische Ziele. "Unsere Pläne wechseln ständig. Vielleicht kommt das nächste Album schneller als wir selber glauben. Aber erst mal werden wir noch einige Shows spielen, z.B. im Juni auf dem Immergut Festival. Im Herbst folgt dann eine große Deutschland Tour. Unser langfristiges Ziel aber ist es, noch mehr Zeit für die Musik aufbringen zu können und uns aus den Fängen des Alltags zu befreien."Dafür kann ich nur viel Glück wünschen, denn je mehr sich die Band mit der Musik beschäftigt, desto öfter können wir als Musikfreunde davon profitieren.
Aktuelles Album: Secret Everything (Rewika)
Foto: Rewika