Als 2017 mit ´How Did I Find Myself Here´ nach fast 30 Jahren Pause eine neue LP der Paisley Underground Band The Dream Syndicate erschien, waren so ziemlich alle – inklusive Band-Gründer Steve Wynn – ziemlich überrascht von dem Umstand, dass die alten Recken mit ihrem neuen Material nicht nur die alten, sondern auch neue, interessierte jüngere Bands begeistern konnten und eine der erfolgreichsten Reunion-Unternehmungen der Neuzeit absolvierten.
Tatsächlich dauert die zweite Dream Syndicate Phase mittlerweile sogar länger als die Grunderphase in den 80ern. Nicht ohne Grund heißt das neue Album nun ´These Times´. Denn es ist nun wirklich nicht Steve's Art, in wehmütiger Manier auf die glorreichen alten Tage zurückzublicken. Stattdessen richten er und seine Musiker einen kritischen Blick auf die Gegenwart und durchaus auch einen fragenden Blick in die Zukunft.„Was mir wichtig war, ist der Umstand, dass wir uns als Band nicht am Gestern orientieren, sondern nach vorne blicken“, führt Steve aus, „deswegen haben wir auf den Touren zur letzten LP auch mehrheitlich neue Stücke gespielt. Ich will das mal so ausdrücken: In den 80er Jahren gab es eine Band, die zufällig denselben Namen trug wie wir und ab und zu spielen wir heute mal ein paar Stücke von denen.“
Musikalisch zehrt ´These Times´ deutlich von den psychedelischen Roots von The Dream Syndicate. War das ein bewusster Prozess?
„Ich denke wir haben uns einfach damit abgefunden, dass wir eine psychedelische Band sind“, überlegt Steve, „wir haben 82 als psychedelische Band angefangen – auch wenn wir später mit Americana- oder Rock-Slementen geflirtet haben. Was wir auf der Bühne oder im Studio aber immer am Besten gemacht haben, ist den Geist und den Sound auszudehnen und eben eine psychedelische Band zu sein. Wir wissen, wer wir sind.“
In der aktuellen Bio weist Steve darauf hin, dass er eine musikalische Inspiration in dem als Soundtrack angelegten Album ´Donots´ des Hip-Hop-Künstlers J-Dilla sah, dass dieser 2006 kurz vor seinem krankheitsbedingten Tod einspielte.
„Ja, ich weiß, dass es ein wenig seltsam ist, wenn ich als Rockmusiker mich auf einen Hip-Hop-Act beziehe“, meint Steve, „aber das was J-Dilla machte unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem, was wir als psychedelische Rockband machen. Es geht darum, eine bewusstseinserweiternde, traumähnliche Scheibe in der Art eines Mixtapes zu machen.“
Was ist daran das Reizvolle?
„Das hat mich angesprochen, weil meine Lieblingsmusik - die ich mir als Fan anhöre - die Art von Musik ist, die Dich auf eine Reise außerhalb Deines Bewusstseins mitnimmt. Musik, die die Realität ein wenig verdreht. Musik, zu der man seine Augen schließen und irgendwo anders hinreisen kann.“
Dieses Mal scheint Steve sich selbst als Gitarrist sogar ziemlich zurückgehalten zu haben.
„Habe ich das?“ fragt er, „ich denke, man kann mich schon noch spielen hören. Aber tatsächlich habe ich nur ein Solo gespielt – und zwar ein Bass-Solo auf 'The Whole World Is Watching', was zugegebenermaßen seltsam ist.“
Nun ja – worum es geht, ist der Umstand, dass The Dream Syndicate auf dieser Scheibe ein mal mehr als Band zusammengewachsen sind.
„Ach so – ja das ist komplett richtig“, bestätigt Steve, „wir sind heute tatsächlich eine Einheit und nicht ein Songwriter, der von seinen Musikern begleitet wird. Ich denke, das ist auch interessanter auf diese Weise. Wir sind auf dieser Scheibe zu einer Art Art-Rock-Band zusammen gewachsen. Ich weiß ja, dass das nicht jeder hören will – aber man muss ja auch bedenken, dass wir uns dereinst nach einer Scheibe des Avant-Garde Komponisten Tony Conrad benannt, die dieser mit der Krautrock-Band Faust eingespielt hatte. Wir haben uns mittlerweile mit unserer Herkunft arrangiert.“
The Dream Syndicate im Jahre 2019 sind somit eine Band, die sich der musikalischen Historie zwar bewusst ist, aber in der Gegenwart verankert ist und mit Interesse in die Zukunft schaut.
Aktuelles Album: These Times (Anti / Indigo) VÖ: 03.05.