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TWO DOOR CINEMA CLUB

Die Suche nach dem nächsten Kick

TWO DOOR CINEMA CLUB

Vor knapp einem Jahrzehnt lieferten Two Door Cinema Club mit ihrem elektronisch umspülten Indie-Pop auf den Spuren von Foals und The Maccabees und Single-Hits wie ´What You Know´, ´Something Good Can Work´ oder ´Sun´ den Soundtrack zum Zeitgeist, der in der Indiedisco für genauso viel Euphorie sorgte wie vor den Bühnen der großen Sommer-Festivals. Auf ´False Alarm´, seinem vierten Album, widmet sich das aus Nordirland stammende Trio nun, unbekümmert wie seit seinen frühesten Tagen nicht mehr, seiner ureigenen Vision eines leichtfüßigen Future Pop.

Sänger und Gitarrist Alex Trimble wirkt glücklich und ausgeglichen, als er Westzeit Anfang April beim Pressetag in Berlin Rede und Antwort steht. Der Grund dafür ist ziemlich simpel: Nach rund zehn Jahren des ständigen Auf und Ab, die Two Door Cinema Club trotz vieler unvergesslicher Erfolgsmomente auch gleich mehrfach vor künstlerische wie persönliche Zerreißproben stellten, ist die Band inzwischen an einem Punkt angekommen, an dem sie sorgenfrei nach vorn schauen kann.

„Als wir unser erstes Album [´Tourist History´, 2010] aufgenommen haben, waren wir praktisch noch Kinder“, sagt Trimble rückblickend. „Wir hatten eine tolle Zeit, aber wir waren supernaiv und machten einfach das, wonach uns der Sinn stand. Beim zweiten [´Beacon´, 2012] standen wir unter großem Druck, und wir waren unschlüssig, in welche Richtung wir uns bewegen sollten. Das dritte [´Gameshow´, 2016] war dann das schwierigste von allen, weil wir uns untereinander nicht grün waren und alle Hände voll damit zu tun hatten, uns neu zu erfinden. Jetzt sitzen wir wieder fest im Sattel. Wir wissen, was wir mögen, und sind uns einig, was wir tun wollen.”

Wichtigster Verbündeter für Trimble und seine beiden Mitstreiter Sam Halliday (Leadgitarre) und Kevin Baird (Bass, Synths, Keyboards) war erneut der auch für seine Kollaborationen mit R.E.M., U2 oder Bloc Party bekannte Produzent des Trios.

„Wir hatten das Glück, vor Jahren Jacknife Lee kennenzulernen, der inzwischen gewissermaßen ein weiteres Mitglied unserer Band ist“, erklärt Trimble. „Er ist von außen dazugekommen und wusste sehr genau, was uns ausmacht – ohne dass er uns das je dargelegt hätte. Er hat als Produzent einfach ein sehr gutes Gespür dafür, wenn wir uns an etwas versuchen, dass zu weit von unserem Kerngeschäft entfernt ist, und er schreitet auch ein, wenn wir etwas machen, das zu nah an dem ist, was zuvor kam. Er ist der Kapitän des Schiffes, und er hält es immer auf dem richtigen Kurs.“

Gemeinsam mit Lee erfinden sich Two Door Cinema Club wie schon bei ´Gameshow´ auch mit ´False Alarm´ gewissermaßen neu. Das Album ist vollgestopft mit den Synthpop-, Disco- und Electro-Funk-Elementen, die sich bereits auf ´Gameshow´ eingeschlichen hatten, die nun aber mutig mit Versatzstücken aus Industrierock, Weltraumpop und Psychedelia aufgebrochen und in unerwartete Richtungen gelenkt werden. Doch während die Neuausrichtung bei ´Gameshow´ ob der fragilen persönlichen Beziehungen der Musiker gewissermaßen eine Notwendigkeit war, gründen sich die neuen Ideen dieses Mal auf das neue Selbstbewusstsein der wiedererstarkten Band.

„Genau so ist es“, bestätigt Trimble. „Bei ´Gameshow´ gab es für uns keine Alternative, weil wir so viel zusammen durchgemacht hatten und zudem einige Jahre seit unserer letzten Platte vergangen waren. Damals hieß es für uns: Alles oder nichts! Wenn wir versagt hätten, wären wir zumindest mit wehenden Fahnen untergegangen, denn ich kann mir nichts Niederschmetternderes vorstellen, als auf Nummer sicher zu gehen.“

Die Schwierigkeiten, die ´Gameshow´ begleiteten, erwiesen sich im Rückblick allerdings als Segen für die Band.

„Da kam ein Stein ins Rollen, denn natürlich war es für uns aufregend, uns an etwas zu versuchen, das wir noch nie zuvor gemacht hatten“, erinnert sich Trimble. „Was da in Gang kam, ist das, was Two Door Cinema Club jetzt für mich ausmacht: Es geht ums Entdecken, ums Experimentieren, um die Suche nach dem nächsten Kick.“

Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass ´False Alarm´ das Album des Trios ist, mit dem es endgültig zu seiner eigenen Referenzgröße wird. Die neue Platte klingt wie Two Door Cinema Club – und sonst gar nichts.

„Ich fange an, das genauso zu sehen, wenngleich mir das noch nicht klar war, als wir die Platte aufgenommen haben“, sagt Trimble. „Während wir sie eingespielt haben, habe ich Freunden und Familie bereits einige Lieder daraus vorgespielt, und alle gesagten das Gleiche wie du: ´Das klingt wie Two Door Cinema Club! Das klingt, als hättet ihr eure ersten Platten genommen und dann noch einen draufgesetzt!´ Es scheint, als hätten wir mit dieser Platte endgültig das gefunden, was uns als Band ausmacht. Das ist natürlich ein tolles Gefühl.“

Wie fest die Musiker inzwischen die Zügel in den eigenen Händen halten, zeigen auch die Veränderungen im Umfeld der Band. Mit ´False Alarm´ kehren Two Door Cinema Club der Majorlabel-Welt den Rücken und arbeiten stattdessen wieder mit vielen Leuten aus dem Indie-Sektor zusammen, die das Trio bereits bei seinen allerersten Veröffentlichungen kennengelernt hatte. Der Schritt ergibt eine Menge Sinn für die Band, auch wenn speziell Trimble viele damit verbundene Aufgaben mit zwiespältigen Gefühlen betrachtet.

“Der ganze Geschäftskram ist ein Bereich, der mich nicht sonderlich interessiert, zumal ich mich dort auch nicht wirklich auskenne“, gesteht er. „Teil des Prozesses, zu dem Two Door Cinema Club zu werden, der wir heute sind, war allerdings auch, unsere individuellen Stärken zu erkennen und bestimmte Rollen innerhalb der Band zu definieren.“

Der Posten des Abteilungsleiters der künstlerischen Kreativabteilung fiel dabei auf ganz natürliche Art und Weise an Trimble, der auch zuvor schon für den Löwenanteil des Songwritings verantwortlich gewesen war.

„Mir geht es allein um die Musik“, unterstreicht er. „Kev dagegen hat das Geschäftliche immer brennend interessiert, deshalb ist er derjenige von uns, der sich mit dem Label und unserem Management zusammensetzt und in puncto Budget oder Marketingstrategien Pläne schmiedet. Er hat seine helle Freude daran, ganz abgesehen davon, dass er wirklich weiß, was er tut. Weil ich ihn seit inzwischen 16 Jahren kenne, vertraue ich seinen Entscheidungen vollkommen, genauso wie er auf mein Urteil beim Songwriting vertraut. Dass wir heute nicht mehr alles zusammen machen, sondern uns unsere Spezialgebiete suchen, macht uns als Band stärker.“

Textlich scheinen es Two Door Cinema Club derweil mit R.E.M. zu halten: It´s the end of the world – but I feel fine. Der oft humorvolle Blick auf eine Welt am Abgrund ist dabei nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die alltägliche Realität derzeit oft absurder ist, als sich das selbst ein Songwriter mit einer wirklich blühenden Fantasie je ausmalen könnte.

„Das trifft den Nagel auf den Kopf“, bestätigt Trimble, der für ´False Alarm´ oft nahtlos an die Themen von ´Gameshow´ anschloss. „Es ist absurd, was derzeit passiert, zumal wir alle Menschen sind und Verantwortung tragen. Das Einzige, was du tun kannst, ist, dich der Sache anzunehmen und die Lächerlichkeit der Situation aufs Korn zu nehmen, denn es wird sich nichts ändern, solange wir uns nicht ändern. Dass wir so töricht sind, oft tatenlos zuzusehen, hat für mich fast etwas Witziges. Deshalb sind viele Texte der neuen Platte augenzwinkernd gemeint.“

Ein Lied handelt davon, dass bei vielen Produkten heute das vermeintliche Glück, das mit ihrem Erwerb einhergeht, bisweilen ein wichtigerer Kaufgrund zu sein scheint als die Güter selbst. Ist das nicht aber auch das, was Bands tun? Verkaufen nicht auch Two Door Cinema Club mit ihren Liedern Glück und andere positive Emotionen?

„Ja, natürlich!“, gesteht Trimble lachend. „Für uns als Band war es schon immer wichtig, die leichtere Seite zu betonen. Deshalb hat uns ´Gameshow´ mit seiner düsteren Perspektive auch selbst überrascht. Ich bin noch nie ein Texter gewesen, der sich seinen Themen auf direktem Wege nähert. Wir sind nie explizit politisch gewesen oder haben den Finger auf die Wunde gelegt. Es ging uns immer auch um Eskapismus, denn uns gefällt die Vorstellung, dass jemand unsere Platte auflegen und für einen Moment all das vergessen kann, was um ihn herum passiert.“

Er hält kurz inne und fügt dann abschließend hinzu: „Man könnte auch sagen, wir verkaufen mit unserer Musik Atempausen!“

Aktuelles Album: False Alarm (Prolifica / PIAS / Rough Trade)


Weitere Infos: twodoorcinemaclub.com Foto: Katy Cummings

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