Mit ihrem Debüt ´The Age Of Anxiety´ goss Hannah Rodgers alias Pixx vor zwei Jahren Teenage Angst in bisweilen etwas unterkühlte Electro-Pop-Songs, jetzt schwimmt sich die 23-jährige Britin frei und findet sich mit dem feinen Nachfolger ´Small Mercies´ verspielt zwischen allen Stilen wieder.
Als widerborstiger Soundtrack zum Erwachsenwerden ist ´Small Mercies´ bereits treffend beschrieben worden, die Fragen von Westzeit beantwortet Pixx-Mastermind Hannah Rodgers aber dennoch paradoxerweise in der Küche des Hauses, in dem sie aufgewachsen ist.„Ich bin für eine Weile zu meinen Eltern zurückgezogen, während ich darauf warte, mit meinen Freunden in London eine neue Bleibe zu finden“, erklärt sie. „Es ist schön, wieder hier zu sein. Ich kann die zwölfsaitige Akustikgitarre meines Vaters spielen, außerdem haben meine Eltern gerade zwei Kätzchen bekommen, was bedeutet, dass der Wohlfühlfaktor hoch ist.“
Trotz des Schlenkers in die eigene Vergangenheit richtet Rodgers den Blick mit ihrem neuen Album selbstbewusst nach vorn.
„Ich habe nun viel mehr Gewissheit darüber, wer ich bin“, sagt sie. „Ich habe auf persönlicher Ebene einen großen Satz gemacht, seit ich ´The Age Of Anxiety´ geschrieben habe. Das hat es mir ermöglicht, mich auch als Künstlerin zu öffnen und zu wachsen.“
Damit einhergehend hat sich auch die Perspektive ein Stück weit verändert. Schien Rodgers auf dem ersten Album noch nach innen zu blicken und damit beschäftigt zu sein, Musik zu machen, die in erster Linie ihr gefällt, wird es ihr nun wichtiger, eine Beziehung zum Hörer aufzubauen und ihrem Publikum zumindest klanglich, wenn auch nicht immer textlich, eine gute Zeit zu bescheren.
„Ich habe mich zum ersten Mal mit dem lyrischen Ich beschäftigt, als ich die Songs für ´Small Mercies´ schrieb, was für mich eine überraschend emotionale Erfahrung war“, verrät sie. „Es erlaubte mir, aus Teilen von mir zu sprechen, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren. So wurden einige der Lieder von der Erziehung in der katholischen Schule inspiriert und wie die strengen religiösen Auflagen die Mentalität der Menschen beeinflussen können.“
Rodgers´ Texte reflektieren eine Welt, die langsam, aber sicher vor die Hunde geht. Positiv ausgedrückt lauert die Inspiration deshalb an allen Ecken. Leben wir in einem goldenen Zeitalter für Songwriter mit einem ausgeprägten sozialen Gewissen?
„Ich finde es äußerst positiv, wenn Leute über aktuelle Themen schreiben, auch wenn sie schwer in Angriff zu nehmen sind“, sagt Rodgers. „Kunst und Musik sind wirklich wichtige Hilfsmittel für die Menschen, diese Dinge auszudrücken und sie zu verarbeiten, und es ist mutig, mit Liedern über sie zu sprechen!“
Auch die Musik spiegelt Rodgers´ neues Selbstverständnis wider: An die Stelle der entrückten Elektronikklänge von ´The Age Of Anxiety´ tritt dieses Mal des Öfteren ein organischerer Sound mit betont menschlicher Note.
„´Small Mercies´ fühlt sich mit Sicherheit rauer an“, stimmt sie zu. „Dieses Album ist definitiv optimistischer, die Produktion ist fokussierter und das Songwriting ist die meiste Zeit unverblümter. ´Bitch´, ´Mary Magdalene´, ´Hysterical´ und ´Blowfish´ habe ich mit den Musikern meiner Touringband eingespielt. Aufgenommen haben wir diese Tracks live in einem richtigen Studio, was eine neue Erfahrung für mich war, da ich normalerweise im Heimstudio arbeite.“
Obwohl Rodgers die renommierte BRIT School, eine weiterführende Schule für darstellende Künste und Technologie im Süden Londons, besuchte, basiert ihre Musik eher auf Bauchgefühl als auf erlernten Skills.
„Ich war wahrscheinlich die Einzige in meinem Jahrgang an der BRIT School, die überhaupt keine Ahnung hatte, was dort die meiste Zeit vor sich ging“, gesteht sie. „Ich habe keinerlei klassische Ausbildung genossen, kann keine Noten lesen und weiß nicht viel über Akkorde. Wenn ich schreibe, folge ich vollkommen meinen Instinkten. Manchmal fühle ich mich wirklich unwohl, aber sobald ich dann anfange, Gitarre zu spielen und etwas Neues zu schreiben, habe ich das Gefühl, dass eine große Last von mir genommen wird.“
Aktuelles Album: Small Mercies (4AD / Beggars Group / Indigo)
Weitere Infos: pixxmusic.com Foto: Steve Gullick