Die Frankfurter Band Chandeen startete im Hyperium-Stall (remember den "heavenly voices"-Hype?), veröffentlichte beim SPV-Sub Synthetic Symphony wirklich schönen Wavepop und verschwand dann irgendwie aus dem Blickfeld. Nun kommt auf dem bandeigenen "Kalinkaland"-Label mit "Bikes And Pyramids" ein Lebenszeichen, das für WESTZEIT Grund genug für ein Telefonat mit Sängerin Antje Schulz und einige Ergänzungs-Emails von Multiinstrumentalist Harald Löwy war.
Was ist denn in den letzten vier Jahren so passiert bei euch?Antje: Die letzte Platte hat leider nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Die Tour war ziemlich frustrierend, die Konzerte schlecht besucht. Danach war die Zusammenarbeit mit SPV beendet. Die Band hat eine Auszeit gebraucht, obwohl wir schon vor über zwei Jahren angefangen haben, Stücke für die neue Platte zu schreiben.
Harald: Erfolg ist immer eine zwiespältige Sache. Heute betrachte ich die damalige Zeit als Stagnation. Dennoch muss ich Antje in einem Punkt widersprechen. Die Tournee war für mich als Musiker und auch für Chandeen ein grosses Ereignis, wir haben uns besonnen, es war wie ein Erwachen aus dem Tiefschlaf.
Mit "Kalinkaland" versucht Chandeen es nun in kompletter Eigenregie. Das hat auch ein bisschen was von Verzweiflung.
A: Man kann die Karten auf den Tisch legen: ein Majorlabel wollte uns nicht signen.
H: Es sei denn, wir hätten uns verraten und verkauft. Major A&R’s haben soviel Musikempfinden wie George W. Bush. Nun können wir endlich das tun, was wir wollen, vom ersten Ton bis zur letzten Produktion... alles ist einzig Chandeen!
Was hat denn das Artwork der Single und des Albums für 'nen Hintergrund. Diese Collage aus einem römischen Soldaten, Pyramiden, einem Laufrad...
H: Die Idee kam von mir. Ich fand den Kontrast der menschlichen Errungenschaften reizvoll. Michael, unser unsichtbares Bandmitglied, hat dann mit verschiedensten Collagen gearbeitet, bis er zu dieser, wie ich finde, äusserst interessanten Zusammenstellung kam. Der Plattentitel charakterisiert die Musik dieser Platte. Die Fahrräder sind ein Symbol für Leichtigkeit, Pyramiden für eine epische Epoche.
Die Musik ist im besten Sinne massenkompatibel, geeignet für's Nebenbeihören in den unterschiedlichsten Lebenssituationen, aber auch gut in der Dämmerung unter Kopfhörern zu konsumieren. Auf der Suche nach den versteckten Facetten. Trotzdem meine ich, ihr seid tanzbarer geworden.
H: Facettenreichtum ist und war für uns immer am wichtigsten. Wir haben eigentlich noch nie ein Album mit dem Vorsatz "jetzt bedienen wir mal diesen oder jenen Markt” geschrieben. Neue Fans erschlossen sich uns in unserer 10-jährigen Bandentwicklung trotzdem immer wieder, andere hat man sicher verloren... so ist das nun mal.
Dann ist da noch Antje Buchheiser, die sonst bei Stoa spielt und mit "In The Nursery" auch "richtige" Prominenz dabei. Woher stammt denn dieser Kontakt?
A: Ich weiss gar nicht, wer wen zuerst angefragt hat. ITN haben ja auch ein Remix-Album, könnte sein, dass die zuerst gefragt haben.
H: Es war natürlich eine besondere Zusammenarbeit mit ITN und ich muss sagen, dass ich mich geehrt fühlte, von Nigel Humberstone als Remixer ausgesucht worden zu sein.
Allerdings suchte ich für ITN den Titel aus, nämlich Lucky Life. Ich fand es reizvoll, einen neuen Song in zwei Versionen auf der LP zu haben. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden.
Ihr singt zum ersten mal auch Deutsch.
A: Ja, aber warum wir es erst jetzt versucht haben, weiss ich ehrlich gesagt nicht mehr. Jedenfalls ist es für mich gar nicht so einfach gewesen, "Heute Nacht” zum ersten mal vorzutragen, man ziert sich doch etwas, wenn man sich plötzlich nicht mehr hinter der englischen Sprache "verstecken” kann. Aber alles in allem hat Chandeen mit diesem "Sprung” eine neue, interessante Facette dazu gewonnen.
Ohne Zweifel. Und "Bikes And Pyramids" ist eine Platte, die Erfolg und Aufmerksamkeit wirklich verdient hat.
Aktuelles Album: Bikes And Pyramids (Kalinkaland/EFA)