Als vor gut zwei Jahren die schöne Mini-LP "Binokular" herauskam, schien Schneider TM alias Dirk Dresselhaus in Gedanken schon beim nächsten regulären Album zu sein, dem Nachfolger seines hochgelobten Solo-Debüts "Moist" von 1998. Doch "lebenstechnische Umstände" - sein Umzug nach Berlin, die Arbeit für die inzwischen leider von uns gegangene VIVA2-Sendung "Wah Wah", seine ausgiebigen Tourneen und eine musikalische Neuausrichtung - verzögerten die Arbeit an der neuen Platte immer wieder. Jetzt ist sie endlich da, heißt "Zoomer" und ist - wie nicht anders zu erwarten - ausgezeichnet. Sich über das elitäre Denken, das mancherorts gerade bei der elektronischen Musik noch vorherrscht, hinwegzusetzen, war eines seiner Ziele, denn das Ausleben von Profilneurosen ist seine Sache nicht.
Gleich zu Beginn der Platte überrascht uns der Wahl-Berliner - der im Oktober/November ausgiebig touren wird - beispielsweise mit richtigen Songs. Auf "Reality Check" klingt er wie Neil Young Anfang der Achtziger - inklusive Vokoder-Vocals und Gitarre. Wenn man bedenkt, dass das Schlussstück von "Binokular" das großartige The-Smiths-Cover "There's A Light That Never Goes Out" war, könnte man meinen, Schneider goes Pop, oder? "Ich habe versucht, alle Elemente, die in den Stücken vorkommen, bis an den Rand des Abgrunds zu pushen", gesteht Schneider beim Gespräch mit der Westzeit in der Kölner Stardust Bar. " Die Platte heißt ja auch deshalb 'Zoomer', weil man sie auf verschiedenen Ebenen hören kann. Das ist ein Spiel mit Wahrnehmungen, das ich da betrieben habe. Das macht mir viel mehr Spaß, als etwas bewusst Eingängiges zu machen."Um das zu verwirklichen, wählte Schneider - der in Zukunft auch wieder mit seinen anderen Bands (Paincake, mit seiner Freundin Hanayo, sowie Locust Fudge, mit seinem langjährigen musikalischen Wegbegleiter Krite Uhe) angreifen will - dieses Mal eine andere Herangehensweise. Hatte er bisher stets mit Vierspur-Equipment und Gitarreneffekten gearbeitet, sollte es dieses Mal ein Sampler sein. "Ja, ich habe mir meinen ersten Sampler gekauft, das war ein völlig neues Medium für mich, das musste ich erst einmal lernen für mich zu missbrauchen", lacht Schneider. "Ich habe mich teilweise so gefühlt, als würde ich das Abi nachmachen, weil der Prozess mit vielen Dingen verbunden war, auf die ich eigentlich keine Lust hatte, ich gleichzeitig aber wusste: Wenn ich da durch bin, kann ich Sachen machen, die sich wirklich lohnen, und kann weiterkommen. " Dass sich mit dieser veränderten Ausgangslage auch sein Publikum verändern könnte, glaubt Schneider indes nicht: "Ich denke nicht darüber nach, für wen ich Musik mache, bzw. ich mache sie eigentlich für alle. Ich möchte keine Musik für eine Nische machen, die Zeit der Abgrenzung ist vorbei, finde ich. Das Tollste ist, dass meine Oma die Platte auch mag - und sei es nur, weil ich sie gemacht habe!"Aktuelles Album: "Zoomer" (City Slang/Labels/Virgin) Foto: Gerald von Foris