Ein erfrischendes „Was geht ab, Alder?“ eröffnet mein Telefonat mit Daniel a.k.a. Cosmic DJ und ich fühle mich direkt wohl. Genauso wohl, wie beim Anhören des wunderbaren „We Love Music“, der ersten Kollaboration der Herren DJ Koze, Cosmic DJ und Erobique. Der Name ist Programm, die Emotion präsent, und der Bauch als Ticket zu einer wunderbaren Reise...
So klingt doch die Entstehungsgeschichte der Band wirklich märchenhaft: „Für uns drei ist Pony etwas ganz Besonderes, was hoffentlich viele Leute auch spüren werden. Eigentlich ist die Initialzündung dazu fast zufällig passiert, als wir für Fischmob einen Support für eine komplette Tour gesucht haben. Ursprünglich waren Les Rhythmes Digitales eingeplant, was aber nicht für alle Dates geklappt hätte, und dann haben wir die Sache mit Erobique gemacht. Und das sollte wohl so sein und war ein echter Glücksgriff. Dann gab es die legendären Off-Days in Berlin, wo wir uns gelangweilt und mit ein paar Kisten ins Hotelzimmer eingeschlossen haben. Nach den ersten zwei Takten schwebte bereits irgendwie eine ganz komische, eigene Stimmung über uns, etwas, das wir so gar nicht kannten, ein guter Geist oder so etwas. Das war 98. Dann ruhte das Dingen wegen anderen Projekten und 2000 ist Erobique dann nach Hamburg gezogen, wir haben uns zusammen ein Studio aufgebaut und einfach Musik gemacht und Sachen wachsen lassen. Wenig Kopf - viel Gefühl.“ Wie macht man eigentlich in einem Hotelzimmer Musik? „Wir haben uns einfach das nötigste Equipment aus dem Tourbus geschnappt: Ein Rhodes, ein MPC, ein paar kleine Kisten, ein kleines Schrottmischpult und einen tragbaren DAT-Recorder. Und dann haben wir einfach losgelegt, eine rote Plastiktüte auf den Overhead-Projektor gelegt, damit das Licht angenehmer ist, und schon ging es los. Wie das genau passiert ist, wissen wir auch nicht. Nach drei Tagen hatten wir dann unsere erste Platte fertig, in einer Auflage von drei Stück.“ Erstaunlich, dass nun eine ganz Menge der alten, rohen Tracks auf dem Album enthalten sind. „Das International Pony-Theme stammt wirklich aus den 98er Sessions. Andere sind nur einfach hinterher noch mal geschnitten und umstrukturiert worden. Es gibt aber auch Stücke, deren Basis wirklich zwei Spuren aus dem Studio sind und die aus einer spontanen Situation gewachsen sind. „My Mouth“ zum Beispiel, dieses punkige Stück: An jenem Abend waren wir in einer ganz komischen Stimmung, wir haben angefangen, der Beat war schon da, aber das war es alles irgendwie noch nicht. Dann sind wir noch mal schnell zur Tanke und haben Jägermeister geholt. Im Studio hat dann einer angefangen, sich auszuziehen, plötzlich standen wir dann alle nur noch in Unterhosen da, mit schwarzen Gaffa-Klebestreifen auf den Brustwarzen und haben den Song fertig gemacht. Später wurde nur noch ein wenig gekürzt, damit das nicht so ausuferte, aber eigentlich musste man nichts mehr hinzufügen.“ Jedoch sind nicht alle Songs reine Session-Aufnahmen. „Auf der anderen Seite sind wir natürlich auch feinstoffliche Typen, die nach Nuancen suchen, die darüber nachdenken, wieviel man weglassen kann, wieviel Musik wirklich braucht, um in uns dieses Gefühl zu wecken.“ Insgesamt sind in den zwei Jahren, wo sich die drei Jungs intensiv miteinander und der Musik beschäftigt haben, fast 50 Tracks oder Skizzen entstanden. Gegen Ende kam dann natürlich die spannende Phase, daraus auszuwählen. Wir drei sind, jeder für sich genommen anstrengende, egomanische Künstlertypen, aber zusammen sind wir einfach mehr als 1+1+1. Pony ist ein Sinnbild für das, was nur durch uns drei zusammen entsteht. Diese Gefühlsebene und dieses gegenseitige Vertrauen ermöglichte es uns, aus dieser Masse an Stücken dem Ziel, ein Album zu schaffen, das wir immer lieben werden, durch bestimmte Kriterien, die dem Soul ähneln, näher zu kommen.“ Somit ist die Pony-Philosophie ein Meisterwerk der durchdachten Kunst. „Wir definieren uns nicht über Unterschiede oder Abgrenzungen. Was uns ausmacht ist eher ein gewisser Mut zur Schönheit und Sachen so hinzustellen, ohne sich hinter schützender Ironie verstecken zu müssen. Für uns stimmen diese drei profanen Worte „We Love Music“ einfach. Das ist so, das steht so, so lautet der Titel. Musik für den Bauch.“ Und demenstprechend fällt die Bedienungsanleitung auch recht universal aus. „Die Platte ist in mehreren Aggregatzuständen konsumierbar: Bei niedriger Lautstärke nebenbei lauschen, bei mittlerer Lautstärke zum Zuhören und Folgen, und bei hoher Lautstärke zum Tanzen und Feiern oder Mobiliar zertrümmern!“ Die Beschreibung der Besonderheiten seiner Band zieht dem Künstler selbst die Schuhe aus. Innovation oder liebevoller Dillettantismus? „Wir haben uns über die Live-Umsetzung auch noch gar keine Gedanken gemacht. Die Magie, der komische Film, der da abgeht, wenn wir drei Musik machen, muss irgendwie adäquat umgesetzt werden. Wir sind eigentlich das totale Gegenteil von professionellen Produzenten, obwohl wir alles selbst produziert und gemischt haben. Wir erfinden uns mit einer gewissen Grundidee von Klangästhetik jedesmal neu, die gleichzeitig totale Unprofessionalität was strukturiertes Arbeiten angeht beinhaltet. Bei uns ist das Rhodes voll mit Zigarettenkippen, überall liegt ein Aschefilm, überall sind Gläserränder - aber genau diesen Schmutz mögen wir, auch im Klang. Aber trotzdem ist es das Gegenteil von Trash - aber eben auch nicht glatt konturscharf produzierte Popmusik, sondern etwas ganz Eigenes.“ Und genau dies gehört entdeckt! Wahrscheinlich braucht es ein paar Durchläufe, aber dann wirkt es fesselnd. „Nach dem ersten Anhören des gemasterten Werks dachte ich: Was war das denn jetzt? Das hat sich aber mit jedem weiteren Mal geändert und verbessert. Man achtet immer mehr auf andere Dinge.“ Von vorneherein war halt nichts klar, ausser der Tatsache, dass man in dieser Chemie weiter arbeiten musste. Genauso offen sollte der Hörer sein, sonst läuft er Gefahr, eine ganze Menge zu verpassen. Was es ist? Entscheiden Sie selbst!P.S.: Fischmob haben sich übrigens nie aufgelöst, lediglich Sven ist ausgestiegen...
Aktuelles Album: We Love Music (Columbia/Sony)
Foto: Dorle Bahlburg