„Ich mag es nicht, meiner Musik ein Etikett aufzudrücken. Überhaupt mag ich diese Marketing-Sachen nicht. Das ist alles so kommerziell. Der eine macht dies, der andere das.“ Scott Henderson ist ein Ausnahme-Gitarrist und beackert ein in seiner Heimat nicht viel beachtetes Genre. Wandelt er mit seinem Projekt Tribal Tech auf Jazz-/Fusion-Pfaden, so widmet er sich mit seiner neuen Soloscheibe dem Blues. Nur dem Blues?
„Es ist eigentlich kein Blues-Album. Ich würde es als eine Platte für aufgeschlossene Gitarrenliebhaber, bezeichnen.“ Damit stellt er zu aller erst die Labelankündigungen auf den Kopf. Also keine Blues-Platte. Dazu sind seine Ausdrucksformen einfach zu vielfältig. Das bestätigt Henderson auch in einer endlosen Aufzählung seiner Einflüsse. Wie sich das wohl zusammen verträgt? „Das ist eine unterbewusste Sache. Wie eine Sprache zu sprechen. Da denkt man ja nicht über die Wörter nach, die man benutzt, sondern man überlegt, was man sagen will.“ Genauso spontan möchte er sich für die Mittel seiner musikalischen Aussage entscheiden und nicht im Voraus planen. „Man hört Musik innerhalb einer bestimmten Zeitspanne, also macht es Sinn, Musik ebenfalls in Echtzeit zu komponieren. Das ist zum einen eine sehr kreative und zum anderen die natürlichste Methode der Komposition.“ Somit wäre die Momentaufnahme eines Live-Konzertes sicher die optimale Ausgangssituation für seine Philosophie von Musik. „Leider sind Live-Aufnahmen sehr teuer. Ich bin in dieser Hinsicht etwas pingelig. Ich möchte nur meinen besten Auftritt mitschneiden. Aber ich habe das Gefühl, dass acht Shows höchstens durchschnittlich sind, eine ist total schrecklich und eine ist wirklich gut. Also muß man sehr viele Shows aufzeichnen.“ Aber nicht nur die Ausgaben für die Technik verhindern eine gebührende Dokumentation seines Schaffens. „Es ist sehr hart, in den USA zu touren. Ehrlich gesagt mag ich es nicht wirklich. Es gibt zwar Fans, aber die Clubs zahlen den Musikern absolut lächerliche Gagen. Es gibt kaum jemanden, der davon leben kann.“ Man kann sich in Europa kaum vorstellen, dass alternative Jazz- und Blues-Gitarristen in den Staaten eine ausgesprochene Undergroundstellung einnehmen. „Die amerikanischen Medien schränken einen Künstler sehr stark ein. Im Radio werden zum Beispiel keine progressiven Künstler gespielt, sondern nur Altbackenes oder Mainstream-Pop. Es ist sehr schwer für Künstler wie mich, die etwas Anderes machen. Im Gegenatz zu Europa sind die Medien dort also eher ein Feind.“ Doch Kritik daran zu üben, sei noch erlaubt. „Ich glaube nicht, dass die Leute die Songs genau so hören wollen wie sie auf dem Album sind. Sie wollen sehen, wie die Band aus sich herausgeht, sich selbst übertrifft. Wenn man die Songs einfach so spielt, wie sie auf der Platte sind, ist es nicht so aufregend.“ Womit Henderson natürlich recht hat. Das kommt einer Großinszenierung der Mini-Playback-Show nahe. „Man legt zwar jeden Abend eine gute Show hin, aber für die Musiker kann das ein bißchen langweilig werden. Jeden Abend dasselbe! Besser, man versucht so viel wie möglich zu ändern, ohne den Song vollends zu verlieren.“ Den gibt es ja schließlich schon auf Platte.Aktuelles Album: Well To The Bone (ESC/EFA)