Einfach machte es sich die Kanadierin Basia Bulat mit ihrem neuen Album ´Are You In Love?´ nun wirklich nicht. Für ihr fünftes Studioalbum nahm sie sich ein ganzes Jahr Auszeit und begab sich auf eine Reise – und zwar im räumlichen wie auch im übertragenen Sinne. An dem mystischen Ort Joshua Tree in der Mojave Wüste fand sie die Distanz und die Muße, sich – zusammen mit ihrem musikalischen Partner Jim James – auf die Suche nach Inspiration, Erkenntnis und spiritueller Erleuchtung zu geben. Heraus kam dabei nicht mehr oder weniger als eine Art Konzeptalbum über das Suchen und Finden der Liebe.
Ist ´Are You In Love?´ - besonders in musikalischer Hinsicht – dabei auch gleich Basias ´Torch Song Album´ geworden?„Ich hatte tatsächlich dieses Mal ein Thema im Kopf“, bestätigt Basia diese Vermutung indirekt, „ich hatte gerade einen Song fertig, als ich meinen Freund und Partner Jim James anrief und ihm mitteilte, dass ich mal ein ganzes Album über Empathie und Mitgefühl machen wollte. Zu der Zeit – Anfang 2019 – passierte ja gerade eine ganze Menge Dinge, die ich eigentlich ansprechen wollte – aber da realisierte ich dann auch, wie sehr ich Songs dieser Art auf für mich selbst benötigte.“
War das dann schwieriger, als Songs ohne Agenda zu schreiben? Lieder zu diesem Thema müssen doch besonders ehrlich sein.
„Nun – wenn ich wollte, dass mir selbst das Endergebnis gefallen sollten, dann mussten diese sogar besonders ehrlich sein“, erläutert Basia, „denn meine Theorie ist nun die, dass ich auch die hässlichen Seiten der Liebe zeigen müsste, wenn ich mich dem Thema schon widme.“
Die hässlichen Seiten der Liebe?
„Ja genau“, bestätigt Basia, „ich hatte zu der Zeit auch meinen Vater verloren und musste mich – neben der Dankbarkeit und der Liebe – auch mit Themen wie Trauer und Verlust beschäftigen. Musik hilft, damit umzugehen und diese Gefühle nicht von sich zu schieben – auch wenn sie manchmal hässlich aussehen. Es war mir wichtig, dies dann auch zuzulassen und gar nicht zu beurteilen, was schön oder hässlich ist. Als ich die Scheibe machte, ging es mir darum, etwas Schönes zu machen – obwohl ich mich selbst gerade gar nicht schön fühlte.“
Warum war es denn überhaupt notwendig, sich für dieses Projekt in die kalifornische Wüste zurückzuziehen?
„Ich wollte möglichst weit weg von zu Hause weg“, erklärt Basia, „ein Aspekt der Wüste ist ja auch der, dass das eine der seltenen Gelegenheiten ist, bei denen man heutzutage noch alleine sein, in sich hineinhorchen und seinen eigenen Gedanken zuhören kann.“ Das führte dann wohl auch dazu, dass die neuen Songs musikalisch ein wenig zurückhaltender inszeniert wurden, als von Basia gemeinhin gewohnt. Jedenfalls gibt es weniger Up-Tempo-Nummern und mehr melancholische Balladen. Die Frage, ob dieses ihr Torchsong-Album sei, war nur teilweise scherzhaft gestellt. Was machte Basia denn, wenn sie ein Mal zornig wurde?
„Das ist ganz interessant“, überlegt sie, „ich werde gar nicht mehr so schnell zornig oder ängstlich wie früher. Und wenn ich mal so etwas fühle, dann verarbeite ich das eher, indem ich traurig werde. Vielleicht sollte ich einfach manchmal zorniger werden.“ Ist der Titel des Albums ´Are You In Love?´ vielleicht eine Frage, die Basia sich selbst stellt?
„Definitiv“, bestätigt sie, „und natürlich auch an alle, die gerade zuhören."
Der letzte Track des Albums heißt ´Love Is At The End Of The World´. Heißt das, dass Basia ihre Liebe am Ende der Welt gefunden hat, oder dass sie lediglich herausgefunden hat, wo die Liebe denn zu suchen wäre?
„Beides“, meint sie überraschend, „in verschiedenen Momenten. Eine meiner liebsten Textzeilen stammt aus Leonard Cohen's 'Anthem': 'There's A Crack In Everything And That's How The Light Gets Through'. Ich habe die Zeile immer gemocht aber nicht so richtig verstanden. Als ich aber meinen Song schrieb, empfand ich ihn als Mantra, auch in der Dunkelheit nach Liebe zu suchen. Am Ende kam ich zu der Erkenntnis, dass man immer die Liebe finden wird.“
Aktuelles Album: Are You In Love? (Secret City / Rough Trade)
Foto: Richmond Lam