Ihre patentierte Melange aus Synth-Pop, Soft-Rock, New Wave und allem anderen Guten der 80er-Jahre setzen Phoenix seit jeher ein. Vier Jahre nach dem Offenbarungseid mit ´Bankrupt!´ blendet das französische Quartett die Krisenstimmung in seinem Heimatland völlig aus und kredenzt uns mit ´Ti Amo´ ein unbeschwert sommerliches Pop-Album mit ungeniertem Italo-Flair.
Seit 20 Jahren sind Phoenix nun schon unzertrennlich in unveränderter Besetzung unterwegs, doch die Wurzeln der Band reichen sogar bis in die Schulzeit von Thomas Mars, Deck D´Arcy, Laurent Brancowitz und Christian Mazzalai zurück.„Als wir Kinder waren, konnte niemand verstehen, warum wir ständig zusammen rumhingen“, erzählt Gitarrist Christian, als er in einer Tourneepause aus New York anruft. „Wir waren damals so etwas wie die schwarzen Schafe von Versailles. Wir sind in einer sehr konservativen Umgebung aufgewachsen, und das hat uns zusammengeschweißt. Unser Manager und der Typ, der sich bis heute um all unser Equipment kümmert, waren damals auch schon dabei. Wir sechs sind gewissermaßen voneinander abhängig – wie die Musketiere.“
Dass in ihrem Heimatland eine düstere Stimmung herrschte, während Phoenix in monatelanger Kleinarbeit an ihrem sechsten Album feilten, merkt man der neuen LP nun wirklich nicht an. ´Ti Amo´ ist passend zum Titel die wohl bislang romantischste Platte der Franzosen, auf der sie in geschmeidigem Midtempo und inspiriert von unbekümmerten Sommer-Reminiszenzen und Italo-Disco-Klängen herrlich weichgezeichnete Tanzmusik zelebrieren, die bisweilen ein wenig an ihre Landsleute M83 erinnert und weit abseits von Flüchtungsproblematik, Terroranschlägen in Paris und dem Aufstieg der Front National Sorgenfreiheit suggeriert. Als Realitätsflucht möchte die Band die Platte allerdings explizit nicht verstanden wissen.
„Wir sind das Album ohne Plan angegangen“, erklärt Christian. „Die Idee war, so frei wie möglich zu agieren. Ein Jahr lang haben wir unseren Emotionen einfach freien Lauf gelassen, bis sich diese betont farbenfrohe Musik herausschälte. Das hatten wir auch nicht erwartet!“
Ebenso überraschend ist, dass sich Phoenix als Setting für ihr unbeschwertes Sommeralbum Italien ausgesucht haben und nicht etwa einen Ort vor der eigenen Haustür.
„Es hätte genauso gut auch Südfrankreich oder Spanien sein können – jeder Ort, an dem der Sommer endlos zu sein scheint“, glaubt Christian. Das Gefühl, um das es Phoenix ging, war die leichte Melancholie, die sich einstellt, wenn der Sommer unwiderruflich zu Ende geht und man als Teenager nicht so recht weiß, ob man nun glücklich oder traurig sein soll.
Bis es der Band gelang, diese bittersüße Stimmung einzufangen, gingen viele Monate ins Land, denn einfach ein bekanntes Erfolgsrezept zu wiederholen, hat für Phoenix noch nie funktioniert.
„Ich weiß auch nicht, woran das liegt, aber wir müssen bei jeder Platte wieder bei null anfangen und eine ganz neue Herangehensweise finden“, gesteht Christian. Deshalb richtete sich die Band auch dieses Mal wieder ein ganz neues Studio ein: Unter dem Dach eines alten Opernhauses in Paris kamen uralte Synthesizer genauso zum Einsatz wie State-of-the-Art-Technologie. Eine ganz besondere Rolle spielte aber auch eine 12-saitige Fender-Vintage-Gitarre, die sich Christian am Ende der letzten Tour in Los Angeles gekauft hatte und die auf ´Ti Amo´ bei jedem Song zu hören ist.
Beinahe wäre es dazu allerdings gar nicht gekommen, denn kaum hatte Christian das gute Stück erstanden, ließ er es in einem Taxi liegen!
„Der Fahrer fuhr davon und ich hatte keine Nummer, keinen Kontakt!“, erinnert er sich. Zerknirscht rief er im Hotel an, denn der dortige Portier war glücklicherweise Phoenix-Fan. Der setzte sofort alle Hebel in Bewegung, um das Instrument aufzuspüren. Mithilfe einer der in L.A. allgegenwärtigen Straßenkameras gelang es schließlich, das Taxi zu ermitteln.
„Einen Monat später traf die Gitarre dann bei mir ein“, erzählt Christian glück lich.
„Das war ein Zeichen. Ich musste sie auf dem neuen Album spielen – nur für den Hotel-Portier!“
Aktuelles Album: Ti Amo (Atlantic Records / Warner)
Weitere Infos: wearephoenix.com