Der schwierige Start liegt längst hinter ihnen. Vor zehn Jahren als Klon der Kollegen von Interpol durch die Gazetten geisternd, feiern Editors anno 2015 ein vollkommen eigenständiges Jubiläum. Die für solche Anlässe obligatorisch gewordene Best Of-Compilation kommt allerdings für die Mannen um Frontmann Tom Smith nicht in Frage. Vielmehr präsentieren die Briten auf ihrem neuen Studioalbum namens ´In Dream´ alle Qualitäten, für die sie im vergangenen Jahrzehnt gefeiert wurden.
„Darauf haben wir es aber nicht abgesehen“, bekräftigt Bassist Russell Leetch und freut sich über die erfolgreiche Karriere seiner Band. Die manchmal harte Zeiten durchlebt hätte, fügt er hinzu, wunderschöne aber mindestens genau so viel. Es folgt: Ein Resümee, dass nichts beschönigen will.Die goldene Zeit der Plattenfirmen ist laut weitläufiger Meinung vorbei. Mit dem Modell des Musikstreamings konnten zwar illegale Downloads in die Schranken verwiesen werden, ein Grund zum Jubeln sei dies für Bands jedoch nicht. Wie Editors-Bassist Russel Leetch gleich zu Beginn des Gesprächs klarstellt:
„Das steckt alles noch in den Kinderschuhen, sollten hier aber keine entscheidenden Entwicklungen stattfinden, wird es für Musiker immer schwerer die Kosten für ein Album zu deckeln – allein nur auf Tour zu gehen, bringt die Kohle nicht wieder rein. So viel sei verraten.“
Dabei sind Editors auf den Brettern, die die Welt bedeuten unschlagbar und sehen im Tourbus seit der eigenen Gründung ihr zweites Zuhause. Immer größer wurden in den letzten Jahren die Locations und die Zeit, als Editors kleine Clubs bespielen mussten, gehören längst der Vergangenheit an.
Was zugleich eine Druckkulisse mit sich bringt, wie Leetch auf Nachfrage zugibt:
„Zuallererst sollte man machen worauf man Bock hat. Allerdings dürfen die Freiheiten nicht zu groß werden. Immerhin erwartet dein Publikum etwas und dies vor Augen zu haben, ist ebenso wichtig.“
Dienstleister sind sie deswegen trotzdem nicht und bitten mit dem nunmehr fünften Album zum ganz großen Bahnhof: Vergleiche mit Echo & The Bunnymen drängen sich auf und ein Schelm ist, wer glaubt, dass Leetch durch den häufig erwähnten U2-Vergleich irgendwelchen Groll hegt.
Warum denn, kontert er sofort. „Ich finde das überhaupt nicht schlimm“, schüttelt der Gefragte den Kopf und weist auf die vielen Momente hin, in denen ´In Dream´ genauso an das zehn Jahre zurückliegende Debüt ´The Back Room´ erinnert. Wer das auch doof findet, „möge Editors wohl generell nicht.“
Ein Wunder sowieso, dass die Band nach dem Rauswurf ihres Gründungsmitglied Chris Urbanowicz 2012 wieder so schnell in die Spur fand: „Zwei Alben im Abstand von nur zwei Jahren – das dürfte wohl zeigen, dass wir die Situation gemeistert haben.“
Genau genommen liegen zwischen der neuen Platte und dem 2013 veröffentlichten Vorgänger ´The Weight Of Your Love´ kaum 24 Monate und deswegen haben es Editors sehr eilig ´In Dream´ auch auf die Bühne zu bringen. „Wir feilen schon an der Setlist und freuen uns auf jedes einzelne Konzert.“
Ist dem wirklich so und gibt es nichts, was sie daran auch nur im Geringsten stört? Leetch überlegt – lange – und gesteht überraschend: „Okay, ‚An End As A Start’ mögen wir als Song nicht mehr so gerne und würden stattdessen lieber einen anderen spielen.“
„Aber bei Konzerten geht es nicht um uns. Die Leute erwarten etwas und viele von ihnen lieben diesen Track, verbinden eine Geschichte damit und genau das wollen wir auch: Diese Erinnerungen mit ihnen teilen.“
Was Dank zehnjähriger Bandhistorie ein Leichtes sein dürfte.
Ganz andere sind währenddessen gekommen um wieder schnell zu gehen - Editors hielten durch und angesichts der abermals unbestrittenen Qualität ihres neuen Albums ´In Dream´ werden wir wohl auch 2025 auf die nächsten Zehn anstoßen.
Den schwierigen Start überlebt, wäre dies Russell Leetch & Co. nur zu wünschen.
Aktuelles Album: In Dream (Play It Again Sam / PIAS / Rough Trade)
Foto: Rahi Rezvani