Man könnte meinen, dass sich die Wild Beasts jedes Mal ins Fäustchen lachen, wenn sie neue Songs aufnehmen. An linearer Entwicklung ist die Band um Sänger Hayden Thrope überhaupt nicht interessiert und so klingt das zweite Album der Briten gewohnt ungewohnt. „Wir sind zufrieden damit“, sagen sie selbst über „Two Dancers“ und ahnen freilich, dass die Sache auch nach hinten losgehen kann.
Newcomer wissen meist erst mit dem zweiten Longplayer, wo die Reise hinführt. Beim Debüt wird experimentiert, gefeilt und ausgelotet – die Wild Beasts sind da keine Ausnahme, wie ihr Frontmann Hayden Thrope erklärt: „Als ‚Limbo, Panto’ vor einem Jahr erschien, waren wir froh, die erste Hürde genommen zu haben und gute Kritiken einzuheimsen.“Allen voran lobte das britische Zentralorgan NME die Band über den grünen Klee, zählte das Quartett aus dem englischen Städtchen Kendal zu den Newcomern des Jahres 2008. Jetzt gilt es für die Jungs den Status zu festigen und weil das am besten funktioniert, wenn alles beim Alten bleibt, experimentieren die Wild Beasts auf ihrem neuen Album „Two Dancers“, was das Zeug hält.
„Die zweite Scheibe ist immer ein Wagnis. Machst du ein Remake vom Erstling, meckern die Leute, probierst du Neues, kann es ebenso schief gehen. Also entschieden wir uns, nur die Songs auszuwählen, auf die wir aktuell Bock hatten“, erklärt Thrope und hofft damit eine Antwort auf die Frage zu geben, weswegen „Two Dancers“ ausgefeilter, mutiger und weniger eine Uptempo-Platte geworden ist.
Ihren zackigen Indierock haben die Wild Beasts mit allerhand Kanten veredelt: Immer dann, wenn man glaubt den Sound definieren zu können, ändert er sein Klangbild komplett.
„Die Genreeinteilung ist euch Journalisten immer sehr wichtig und deshalb geben wir dem Ganzen jetzt einen Namen: Erotic Downbeat Music. Ich hoffe, das erklärt es.“ Zumindest passt dieser seltsame Begriff zu den Wild Beasts.
Ihr zweites Studiowerk „Two Dancers“ erzählt Geschichten von niemals endenden Exzessen und wilden Ausschweifungen – treibt ständig zwischen diesen Extremen hin und her und gönnt sich kaum eine Pause. Verwunderlich ist nur, dass der Hedonismus in absoluter Einöde entstand. Genauer: Im englischen Landstrich Yorkeshire, dort, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen.
„Mit dem Debüt waren wir sehr lange auf Tour und wenn du jeden Tag eine neue Stadt kennen lernst, dann sehnst du dich nach einem festen Ort. In Yorkshire fanden wir ihn und fingen auch wirklich erst dort an, Songs zu schreiben. Was uns jedoch viel mehr beeinflusste, war die Energie der vorangegangenen Konzertreise.“
Die Erfahrungen auf der Bühne zeigten ihnen, was alles noch möglich sei. In welche Richtungen man den Sound, die Arrangements und den Gesang manövrieren könne. Zwischen Bierdunst und schweißtreibenden Sets entstanden die Ideen für „Two Danders“: „Unser Bassist Tom kam nach einem Auftritt zu mir und meinte, er werde das Gefühl nicht los, wir bräuchten keinerlei Wiedererkennungswert und sollten auch gar nicht danach suchen.“
„Es sei viel hilfreicher, von dieser Vorstellung Abschied zu nehmen“, ergänzt Thrope seine Ausführung. Generell scheint er ein großes Mitteilungsbedürfnis zu haben. Im positiven Sinne: Er will, dass man sich mit seiner Musik auseinandersetzt, die Tiefe sucht, die er täglich bei den Proben, Studioaufenthalten oder auf Tour spürt. Darum ginge es den Wild Beasts, sie wolle ge- und erhört werden.
„Ich bin ein großer Fan von Kate Bush, weil sie den Menschen immer Rätsel aufgab und niemals mit dem Gewöhnlichen zufrieden war. Was das Gewöhnliche ist, weiß ich nicht, aber wenn sich nur einer meiner Entwürfe so anfühlt, verwerfe ich ihn sofort. Bislang funktioniert diese Qualitätsprüfung sehr gut – selbst wenn ich das Prinzip dahinter nicht verstehe.“
Das anschließende Lachen des Querkopfs verbirgt nicht den philosophischen Aspekt seiner Arbeit. Nach gerade einmal zwei Alben hat Hayden Thrope ganz zu sich selbst gefunden. Zwar ahnt er nicht, was das bedeutet, legt aber auch keinen Wert auf eine endgültige Erkenntnis. Am Ende ginge es nur um die Musik:
„Zuviel nachdenken ist sinnlos“, fasst er zusammen und wenn den Wild Beasts eines zu wünschen ist, dann, dass das so bleibt.
Aktuelles Album: Two Dancers (Domino / Indigo) VÖ: 04.09.
Foto: Tom Beard