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AUGN

30.05.2023 Monarch Berlin

Karl und Graucho Marx als Kraftwerk-remake, nur besser. Weil ich durch die Konserve sehr (vor)gespannt war, habe ich länger darüber nachgedacht, wie AUGN ihr unfassbar geniales Konzept von Unterhaltungsmusik live darstellen werden. Meine erste Vermutung, nämlich dass die beiden als Jazz-Big-Band anreisen und was klangtechnisch völlig anderes spielen (für Kunsthistoriker: Ja! In memoriam Die tödliche Doris), fiel durch die Wahl der location aus: auf der Bühne des Monarch hat schon eine 4köpfige Kapelle kaum genug Platz. Lösung B bestand für mich darin, einfach gar nicht zu spielen, sondern nur ein Band laufen zu lassen (für Kunsthistoriker: Ja! So ähnlich die wie die AG. Geige mal im Schaufenster der K-M-Städter Galerie Oben). Und - glaubt’s oder nicht - genauso kam’s! Aber der Reihe nach: Weil ich ausschließen wollte, dass AUGN Berlin austricksen und mich mit, indem sie Punkt 8 beginnen und nach 15 Minuten aufhören (es gab Gerüchte), stand ich 19:58 Uhr im verranzten Treppenhaus am Kotti. Ich der erste Gast, ist mir auch lange nicht passiert. Im Monarch war’s (fast) komplett dunkel, schwarze Stoffe verhüllten die schmutzigen Schrägfenster zur U1. An einer Wand prangte in Klebebandschrift "CDU" und auf der Bühne standen vor einer Leinwand, von der Tom Cruise (glaube ich jedenfalls) grinste, zwei Schaufensterpuppen mit Strumpfhosen über den Köpfen. AUGN waren schon da. Ziemlich genau eine Stunde lang lief eine Bandschleife mit der verhallten Ankündigung: "Du wirst nicht viel bekommen für dein Geld." Gelegentlich wurde ein freundlich schnurrendes "Berlin ist Scheiße!" eingestreut und exakt 21:00 erschallten zu Strobolicht dramatisch-entrückte Synthakkorde - es geht los! AUGN sind zwei Schaufensterpuppen, die ihre 2LP "Du wirst sehen / Grauer Star" abspielen. Von "Vatertag" bis "Brandenburger Wolf", track by track. Der frenetische Applaus nach jedem Stück klingt irgendwie ge- oder verstört. Liegt an der FrequenzZerrung des Magnetbands, oder? Eine MaschinenStimme macht launige Ansagen: "Lecker Kinderblut. Es tut mir leid, ich war auf der falschen Fährte." / "Jetzt wird aufgeräumt. Eure Regierung hat sich für Opel Corsa Streifenwagen entschieden." / "Der Monarch stinkt und ist ein Ort für gescheiterte Kommunisten." / "Jetzt seid ihr hier und zerstört diese Stadt. Darauf erst mal einen Zwetschgenkuchen." / "Genau deswegen haben wir mit Musik angefangen. 1 Euro pro Ansage. Ihr habt euer Geld gut investiert." Das Konzert war seit langem ausverkauft, Berlin liebt AUGN sehr. Deshalb störte die etwas statische Bühnenpräsenz kein Schwein, alles groovte und grölte und fand sich sehr cool. Waren wir alle auch, sonst – ja was denn sonst?! Als der Brandenburger Wolf den armen kleinen Balu (allergikerfreundlicher Zwergpudel, 4.000 Euro) verspeist hatte, ging "Peng!" das Putzlicht an - Konzert zu Ende. "Quatscht doch noch mit uns!" hatte die Maschine eben noch freundlich (mit sehr gut verhohlenem Hohn) empfohlen. Nee, muss weg. An der Jannowitzbrücke ein einsamer Aston Martin SUV im Halteverbot, ich habe mein Fahrradlicht vergessen – alle hoffen, dass die Polizeistreife gerade DönerPause macht. 22:12 Uhr wieder zuhause, 22:52 ist dieser Text fertig. Besser geht’s doch nicht, ein selfcare-Abend mit regionalen Amateurpornos (ohne Händewaschen) wäre kaum schöner gewesen. Nochmal: Proletarier aller Länder, hört AUGN! Insbesondere live, im Klub Eurer Wahl!




Juni 2023
AUGN
BROCKHOFF
DOWNPILOT
ETEPETETE FESTIVAL
L.A. EDWARDS
RACHEL ECKROTH WITH ANNA BUTTERSS & JOHN HADFIELD
SOPHIE CHASSEE
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