04.02.23, Schauspielhaus Leipzig
Einzelne Spots erhellen die in tiefes Dunkel getauchte Theaterbühne des ehrwürdigen Leipziger Schauspielhauses, bis eine Frau mit fulminanter Lockenpracht und Wandergitarre eben jene betritt und im Kegel eines einsamen Scheinwerfers zu zartem Fingerpicking eine CountryBallade vorträgt. Wie die aktuelle Laibach-EP (s. Olymp in WZ 02/23) selbst beginnt auch die zugehörige Show anders als üblich: "Love Is Still Alive". Und als dann Laibach-Sänger Milan Fras die Bühne betritt, tut er das nicht im martialischen Priesterumhang, sondern mit silbern glänzendem Sakko und Cowboyhut. Doch Country wird schnell ausgeschlichen, Space Music übernimmt - Laibach orientieren sich im ersten Teil der Show streng an der Dramaturgie der o.g. EP und das heißt, dass Luka Jamnik seinen antiken KORG MS20 auch mal kosmisch jaulen lassen darf, dass Rok Lopatič an den DigitalSynths scharfe Einwürfe tätigt und Vitja Balžalorsky fingerflinke RockGitarrenSoli spielen darf. Bald wechselt Fras aber die Anzugfarbe, jetzt regiert Schwarz samt ikonischem Kopfputz. Dazu projizieren Dutzende LEDs und Laser eine bunte und klug durchchoreografierte Lichtshow, auch den vom EP-Cover vertraute Ritt des Pixel-Milan auf der Rakete gibt’s auf der Leinwand im Hintergrund zu sehen. Nach etwa 40 Minuten verlässt die Band wortlos die Bühne und es erscheint der Laibach-Kennern vertraute "30 Minuten Pause"-Countdown. Pünktlich startet Showteil 2, mit "Ordnung und Disziplin" und "Ich bin der Engel der Verzweiflung" zunächst mit Stücken aus dem Laibach vs. Heiner Müller-Musical "Wir sind das Volk" (s.a. WZ 04/22), dann mit Neudeutungen lärmverliebter Frühwerke wie "Smrt Za Smrt" oder "Ti, Ki Izzivas". Bei Letzterem ruft die wunderbare Mina Špiler den Slogan in ihr Megaphon, leider nur auf der Leinwand. Ihre legendär doppelbödigen Cover-Künste zeigen Laibach dann mit der grandiosen (und bisher außer via Youtube-Video unveröffentlichten) Version von Cohens "The Future" und der Stones-Adaption "Symphathy For The Devil" (hier sehen wir im BühnenVideo neben den vom Cover der 88er Maxi vertrauten (Nazi)Skulpturen ua. auch mit feiner Ironie einmontierte Bilder der Beatles) und mit "Glück auf!" erklingt schließlich auch noch Material von der brandneuen CD "Sketches Of The Red Districts". Die mir etwas zu "soulige" Performance von Lockenfrau Marina Mårtensson reicht für meinen Geschmack zwar bei weitem nicht an die distanzierte Kühle von Mina Špiler heran, aber so würzt noch ein weiteres Aroma die gefährlich scharfe Laibach-Suppe. Der Sound ist brillant und die Stimmung trotz fester Sitzreihen hervorragend. Nach zwei Zugaben-Blöcken bittet Fras das tobende Publikum um Ruhe "Pssst!" und flüstert "Let’s Make Earth Great Again" – dann prangen nur noch die Worte "We won’t be back!" auf der Leinwand. Für heute ist das OK, aber nächstes Jahr wollen wir Laibachs gelungene Synthese aus Krach und Pop, aus beißender Ironie und sublimer Botschaft (dann sicher in einer wieder neuen Umsetzung) gern erneut live erleben dürfen.Weitere Infos: www.laibach.org